Am Tag „danach” sind die Bochumer Parteien schon wieder eifrig mitten im dürren Alltagsgeschäft. Die SPD-Ratsfraktion, deren Vorstand sich am Montag tief in die Augen schaute, ist gerade dabei, ihr Koalitionsbündel mit den Grünen zu schnüren.
Eine Rahmenvereinbarung sei schon weit gediehen, schilderte Fraktionschef Heinz-Dieter Fleskes der WAZ. „Anschließend werden wir gemeinsam die Haushaltssicherung diskutieren. Unser Business ist es, erstmal an der Haushaltskonsolidierung weiterzuarbeiten.”
Dass die SPD in Bochum wie fast quer durchs Ruhrgebiet 13 Prozentpunkte bei der Bundestagswahl eingebüßt hatte, wertete schon SPD-Parteivorsitzender Thomas Eiskirch am späten Wahlabend als „desaströses Ergebnis”. Fleskes sah das am Montag nicht anders: „Es ist ein Desaster für die SPD, bundesweit.” Er warnte: „Was wir erlebt haben, ist aber auch ein Signal für die anderen Parteien.” Nämlich, was eine Verbindung mit einer anderen Partei (wie mit der CDU in Berlin) für fatale Folgen haben könnte für den kleineren Partner, der „im Kohlenbunker des Frachters” geackert habe und dafür nicht honoriert worden sei.
"Quittung nach vier Jahren Hartz IV"
Für Fleskes war es eine Überraschung, dass die SPD „vier Jahre nach Hartz IV dafür noch die Quittung” bekomme. „Das haben wir mit der sozialen Wächterrolle und dem Mindestlohn nicht kompensieren können.”
„Durchschnaufen” sei zur Stunde angesagt, war aus Kreisen der CDU zu hören: „Das Tagesgeschäft läuft normal weiter,” hieß es aus der Ratsfraktion. Allerdings herrsche eine „schwammige Phase”, weil der alte Rat noch zuständig sei, aber nicht mehr zusammentrete. Die nächste Ratssitzung ist erst am 6. Nobember, es ist die konstituierende Sitzung für den neuen Rat.
Einige Sozialdemokraten reden von Runderneuerung
Dass nach einer solchen Schlappe in einer Partei von „Runderneuerung” gesprochen werde, sei normal, findet Fleskes. Aber das müsse nicht zwingend Personen betreffen. Dass Gerd Bollmann den Kombi-Wahlkreis Bochum Herne mit 51,4 Prozent gewonnen habe, während Axel Schäfer im Bochumer Wahlkreis 141 nur auf 43,3 Prozent kam, relativierte Fleskes mit dem Hinweis, Schäfer habe als Gegenkandidaten schließlich keinen Geringeren als Bundestagspräsident Norbert Lammert gehabt.
Eiskirch hatte am Wahlabend u.a. davon gesprochen, nun gelte es für die SPD, „Vertrauen zurückzugewinnen”. Dies sicher auch im Hinblick auf die Landtagswahl im Mai 2010, die den Bochumer Landtagsabgeordneten Thomas Eiskirch schon jetzt beschäftigen mag. Fleskes meint, die Chancen für die SPD seien für diesen Wahlkampf jetzt sogar gestiegen, da man dann von Schwarz-Gelben Fehlern in Berlin und Düsseldorf profitieren könne.
Lammert will wieder Bundestagspräsident werden
Auch Jens Lücking, der erfolgreiche Fraktionschef der FDP im Bochumer Rat, hat die Landtagswahl schon im Hinterkopf, weil er dabei als Kandidat antritt. Bei 13 Prozent für die FDP wäre er auf jeden Fall „drin”. Doch dazwischen liegen noch beschauliche Tage, wehrt er lächelnd ab, etwa Weihnachten. Davor muss sich seine Fraktion noch zusammenraufen: Neues Mitglied ist Dirk Caemmerer, der ausgerechnet vor der Wahl davor gewarnt hatte, die FDP zu wählen. Aber das sieht Lücking gelassen: Man werde mit Caemmerer reden, aber im übrigen sei die FDP eben liberal.
In Berlin hält sich Bochums ranghöchster Politiker Norbert Lammert (CDU) abermals für das Amt des Bundestagspräsidenten bereit. Er werde sich einer erneuten Berufung nicht verweigern, erklärte er in einem Beitrag des Lokalsenders 98.5 Radio Bochum.