Bochum. 100 Jahre ist Aral alt – nicht das Unternehmen mit Sitz in Bochum, aber das Produkt. Dessen Markenwert hat auch mit einem Farbwechsel zu tun.
Dieses Blau: strahlend, leuchtend. Aral. Es war die vielleicht beste Unternehmensentscheidung, 1927 – nur drei Jahre nach der Markeneinführung 1924 – das gelb-schwarze Logo gegen die Farben des Stadtwappens von Bochum zu tauschen: Blau und Weiß, die Farben einer Jahrhundertmarke.
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Exakt 100 Jahre alt ist Aral mittlerweile. Nicht das Unternehmen. Das wurde bereits 1898 von 13 Bergbau-Firmen als „Westdeutsche Benzol-Verkaufs-Vereinigung“ gegründet. Sie haben sich auf Bochum als Sitz geeinigt – und dabei ist es bis heute geblieben. 1924 bringen sie einen eigenen neuen Kraftstoff für motorgetriebene Fahrzeuge auf den Markt und legen den Grundstein für ein so dichtes Tankstellennetz, dass Aral und Benzin bald beinahe wie ein Synonym verwendet werden. „Aral ist 1930 das einzige große deutsche Unternehmen am Markt. Das spielt schon vorher eine Rolle, und ab da erst besonders“, sagt Dietmar Bleidick, Historiker und seit 18 Jahren zuständig dafür, die Firmengeschichte zu erforschen und zu bewahren.
Aral betreibt schon in den 1920er Jahren 5000 Tankstellen
Aral baut zwischen 1925 und 30 insgesamt 5000 Standorte aus. „Aber eine Tankstelle ist keine Anlage, wie sie heute aussieht. Es ist vielfach die klassische Säule vor dem Kaufmannsladen oder vor der Kneipe, ein Zusatzgeschäft eines anderen Gewerbes“, so der Historiker. Viele sind sogenannte Gemeinschaftstankstellen. „Da haben sie an einer Anlage Aral, BP, Esso, Shell und andere“, so Bleidick. „Das stirbt erst Ende der 50er Jahre aus.“ 1930 sehen nur ein Prozent der Tankstellen in etwa so aus, wie wir sie uns heute vorstellen: überdachte Säulen, ein festes Gebäude.
An seine Geschichte und an die Keimzelle des modernen Tankstellennetzes erinnert Aral mit einem Banner, auf dem eine „100“ prangt, vor der Hauptverwaltung an der Wittener Straße und an etlichen Tankstellen im Land. In den 1950ern Jahren ging es beim Wiederaufbau darum, wieder möglichst viele Tankstellen in Betrieb zu nehmen. Bald sind es wieder 4000 Stationen, wenn auch zum Teil nur eine einzelne Säule dasteht. So eine, wie sie heute noch im zentralen Gebäude der Aral-Forschung an der Querenburger Straße steht: eine sogenannte Panoramasäule. Die wurde bereits elektrisch betrieben; ganz im Gegensatz zu der ebenfalls ausgestellten mächtigen, mehr als mannhohen Tanksäule gegenüber. Die musste vom Tankwart noch per Hand betrieben werden. Hinten Scheiben waren zwei jeweils fünf Liter große Behälter zu sehen, in die das Gemisch gepumpt und dann über einen Schlauch ins Fahrzeug abgelassen wurde.
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Bochumer sind immer noch größter Tankstellenbetreiber in Deutschland
Es ist die Präsenz an und auf der Straße, die damals wie heute mit entscheidend für den Erfolg ist. Ende der 1960er Jahre gab es 11.000 Aral-Tankstellen in Deutschland; inklusive der Zweitmarke Gasolin. Heute sind es zwar nur noch 2400. Aber damit sind die Bochumer, die seit 2002 zum britischen Mineralölkonzern BP gehören, immer noch der größte Tankstellenbetreiber in Deutschland.
Passen muss Historiker Dietmar Bleidick bei der Frage, wo denn die erste Aral-Tankstelle gestanden hat. Beim großen britischen Bombenangriff 1944 wurde die alte Aral-Hauptverwaltung, auch sie stand an der Wittener Straße, zerstört – und mit ihr auch beinahe alles, was Auskunft über das damalige Tankstellennetz geben konnte. „Die älteste Tankstelle, die wir ausmachen können, ist mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit die an der Alleestraße Ecke Bessemer Straße. Da kann ich nachweisen, dass es diesen Standort bereits 1932 gegeben hat. Wann die tatsächlich gebaut wurde, kann ich aber schon nicht mehr sagen.“
100 Jahre Aral
Historiker veröffentlicht zwei Bücher zur Aral-Geschichte
Seltene Schätzchen aus der Aral-Geschichte gibt es aber trotzdem in Bochum noch. Im Innenhof der Forschungsabteilung, die nach dem Krieg an der Wiemelhauser Straße aufgebaut wurde und deren postalische Adresse heute die Querenburger Straße ist, steht eine typische Tankstelle der 1950er-Jahre. Und im Stadtteil Hofstede finden Industrie- und Architektur-Enthusiasten gar etwas, was Historiker Bleidick als „absolutes Unikat“ bezeichnet. An der Ecke Dorstener Straße/Riemker Straße steht eine Original-Aral-Tankstelle aus den 1950er Jahren; ein Rundpavillon mit auskragenem Dach. „Die ist meines Erachtens nach deutschlandweit einzigartig“, sagt der Aral-Historiker. Allerdings erinnert das stylische Gebäude nur noch ansatzweise an die Tanke von damals. Heute ist dort nämlich die Filiale einer US-amerikanischen Burger-Kette untergebracht.
Das und vieles mehr hat Dietmar Bleidick nicht nur erforscht und zusammengetragen. Im Jubiläumsjahr veröffentlicht er dazu auch zwei Bücher: ein Bildband und eine wissenschaftliche geprägte Darstellung. In der widmet sich der Hattinger auch kritischen Thema wie der Rolle des Unternehmens im Nationalsozialismus.
Blau-Weiß statt Gelb-Schwarz, um Verwechslungsgefahr zu mindern
Bleibt die Frage, warum sich Aral 1927 dafür entschieden hat, auf eine neue Außendarstellung zu setzen: von Gelb-Schwarz zu Blau-Weiß. „Ganz einfach“, sagt Dietmar Bleidick. „Man geht auf die Bochumer Stadtfarben über, weil die gelb-schwarzen Verkehrsschilder aufkommen und man die Verwechslungsgefahr reduzieren will.“ Wie wir heute wissen, eine kluge Entscheidung.