Bochum. Erstmals treten die Medizinischen Fachangestellten in den Bochumer Praxen in den Streik. Patienten müssen sich auf Einschränkungen einstellen.

Dieser Streik ist historisch – und die Fäden laufen in Bochum zusammen: Am Donnerstag, 8. Februar, sind bundesweit 330.000 Medizinische Fachangestellte (MFA) aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Organisiert wird der Ausstand vom Verband Medizinischer Fachberufe (VMF) mit Sitz in Querenburg. Solidarität bekundet ein Bochumer Ärzte-Netzwerk.

Seit 2013 ist die Geschäftsstelle des VMF auf dem Gesundheitscampus beheimatet. Mit 25 Beschäftigten werden rund 20.000 Mitglieder betreut, die u.a. Anspruch auf kostenfreie Rechtsvertretung haben.

Verband mit Sitz in Bochum betreut 20.000 Mitglieder

Der Berufsverband ist als Gewerkschaft zugleich Tarifpartner für alle Medizinischen Fachangestellten, die in Deutschland in Arztpraxen und Kliniken arbeiten. Seit Oktober 2023 laufen die aktuellen Tarifverhandlungen. Dabei kommt es nun zu einem Novum: Erstmals in seiner 60-jährigen Geschichte ruft der Verband zum Warnstreik auf.

„Die Arbeitgeberseite hat ein Gesamtpaket von 5,5 Prozent Erhöhung angeboten, das hauptsächlich in die unteren Gehaltsgruppen fließen und zulasten der höher qualifizierten MFA gehen soll. Damit können wir uns nicht zufriedengeben“, erklärt VMF-Präsidentin Hannelore König.

Praxis-Teams sollen am Donnerstag bundesweit auf die Straße gehen

Mit dem Angebot erhielten Berufsanfängerinnen nach ihrer dreijährigen Ausbildung immer noch weniger als Pflegekräfte nach einjähriger Ausbildung. „Und den Kolleginnen und Kollegen mit 17 Jahren Berufserfahrung und hohen Zusatzausbildungen werden ganze 0,1 Prozent Plus vorgeschlagen.“ Von einem durchschnittlichen Vollzeit-Bruttogehalt von 2778 Euro sei „ein eigenständiges Leben nicht möglich“, so der VMF.

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Bundesweit sollen die Praxis-Teams am Donnerstag auf die Straße gehen, „um den Druck auf die Arbeitgeberseite zu verstärken“. Die zentrale Kundgebung findet vor der Bundesärztekammer in Berlin statt. Weitere Protestaktionen sind u.a. in Dortmund geplant, hier vor der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Präsidentin: Auswirkungen des Streiks werden unmittelbar zu spüren sein

Im WAZ-Gespräch erwartet Hannelore König eine hohe Beteiligung. Zwar sei der Organisationsgrad bei den MFA (früher „Arzthelferin“) vergleichsweise niedrig. Aber auch viele nicht organisierte Beschäftigte hätten sich für den Warnstreik angemeldet. Die Arbeitsbereiche beinhalteten nicht nur die Anmeldung und Terminvergabe, sondern auch die Assistenz bei Untersuchungen und Behandlungen, Hygienemaßnahmen und Laborarbeiten, Praxismanagement und Materialbeschaffung. Hannelore König: „Wenn MFA streiken, werden die Auswirkungen also unmittelbar zu spüren sein.“

Dr. Christian Möcklinghoff (hier ein Archivfoto) zeigt sich als kommissarischer Vorsitzender des Medizinischen Qualitätsnetzes in Bochum solidarisch mit den streikenden Fachangestellten.
Dr. Christian Möcklinghoff (hier ein Archivfoto) zeigt sich als kommissarischer Vorsitzender des Medizinischen Qualitätsnetzes in Bochum solidarisch mit den streikenden Fachangestellten. © FUNKE Foto Services | Kerstin Buchwieser

Ärzte-Netzwerk bekundet Solidarität mit den Medizinischen Fachangestellten

In Bochum wird die Zahl der Medizinischen Fachangestellten auf mehr als 2000 geschätzt. Wie viele von ihnen am 8. Februar den Praxen fernbleiben, sei schwer vorherzusagen, meint Dr. Christian Möcklinghoff, als Nachfolger von Dr. Michael Tenholt seit zwei Wochen kommissarischer Vorsitzender des Medizinischen Qualitätsnetzes (MedQN) Bochum mit 150 angeschlossenen Haus- und Fachärzten. Weil etliche Praxen grundsätzlich unter Personalmangel litten, könne es zu erheblichen Engpässen kommen, so Möcklinghoff. „Wir bitten um Geduld, wenn es heute länger dauert, und um Verständnis, wenn Behandlungen und Untersuchungen gar nicht stattfinden können“, heißt es auf den Streik-Aushängen.

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Für den Arbeitskampf bekundet das MedQN in Bochum „volle Solidarität“. „Die Medizinischen Fachangestellten werden zu schlecht bezahlt. In Corona-Zeiten gab es für sie keine staatlichen Prämien“, bekräftigt Möcklinghoff. Es sei Zeit für eine deutliche Tariferhöhung, „auch wenn die eins zu eins von den Praxen bezahlt werden muss. Eine Kompensation dafür gibt es für uns nicht“.