Bochum. Die katholische Kirche trennt sich von einem Kindergarten in Bochum. Die Eltern sind entsetzt, finden das „skandalös und unverantwortlich“.
Mitte 2023 wurde die Awo-Kita am Waldring in Bochum-Wiemelhausen geschlossen, spätestens im Sommer 2025 wird der evangelische Kindergarten Unterm Regenbogen in Leithe folgen. Und nun droht einer weiteren Kindertagesstätte das Aus: Die katholische Kirche wird sich zum 31. Juli 2026 von der Einrichtung Christ König an der Düppelstraße in der Innenstadt trennen. Ein Nachfolger wurde bislang nicht gefunden. Die Eltern halten die Entscheidung für „unlogisch, skandalös und unverantwortlich“, hoffen aber weiter.
„Total unlogisch“: Nächste Kita in Bochum vor dem Aus
Während ihre Kinder in den Gruppen spielen, stehen einige Mamas und Papas vor der Kita und verschaffen ihrem Ärger Luft. Insbesondere ihrem Unverständnis: „Wie kann man einen Kindergarten schließen, wenn überall Betreuungsplätze fehlen?“, fragt sich nicht nur Claudia Popp vom Elternrat. „Außerdem hat die Kirche doch auch moralische Werte zu vertreten.“
Zum Jahresende sei man vom Träger, dem katholischen Kita-Zweckverband im Bistum Essen, über die Pläne informiert worden, berichtet Popp. Wirtschaftliche Gründe hätten zu dieser Entscheidung geführt. „Aber muss sich der Kindergarten einer Kita rechnen müssen? Es gibt doch auch einen Bildungsauftrag. Ich finde das unfassbar“, sagt Popp.
Kita-Aus in Bochum? Eltern loben Erzieherinnen und das tolle Angebot
Andere Eltern pflichten ihr bei. Thomas Reckzeh sagt, dass seine Frau und er sich bewusst für diesen Kindergarten entschieden hätten, „weil uns die kirchliche Prägung mit der entsprechenden Wertevermittlung hier sehr gefällt“. Klar, die Kita sei „schon klein“, heißt es in der Eltern-Runde. „Aber das macht die Einrichtung auch aus, sie ist familiär und für die Kinder schön übersichtlich.“ Die Kleinen gingen nicht unter, wie etwa in Großeinrichtungen. Doch der Trend gehe leider genau dorthin.
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Das Erzieherinnen-Team habe unter neuer Leitung die ganze Kita umgekrempelt „und etwas Tolles auf die Beine gestellt“, sagt Mama Jorid Fischer. Es gebe regelmäßig besondere Ausflüge, Bastelstunden mit den Vätern, Großeltern-Nachmittage. Gelobt wird auch das offene Konzept. „Die Kinder können frei wählen, in welche Gruppe sie gehen“, erklärt Claudia Popp. Alle sind sich einig: „Ohne die Kita Christ König wird im Viertel etwas fehlen. Hier wohnen so viele junge Familien. Die Wege zu den anderen Kindergärten sind weit.“
Der Kita-Zweckverband hält den Standort der Kita Christ König für nicht zukunftsfähig, „sodass die Einrichtung zum 31. Juli 2026 geschlossen wird“, teilt Sprecherin Lina Strafer auf WAZ-Anfrage mit. Damit stelle der Kita-Zweckverband „die Versorgung ein Jahr länger sicher als ursprünglich geplant“. Die Trägersuche seitens der Stadt Bochum dauert laut Zweckverband bereits seit Dezember 2020 an. Diese Suche gestalte sich aber „aufgrund der Größe der Kita – zwei Gruppen – schwierig“, so Stadtsprecherin Charlotte Meitler.
Stadt Bochum: Südinnenstadt hat zu wenig Kindergartenplätze
Die Stadt unterstreicht die Dringlichkeit einer Kindertageseinrichtung im Bereich Düppelstraße. „Der Standort ist für die Südinnenstadt sehr wichtig, da die Versorgungsquote in der Kindertagesbetreuung in diesem Stadtteil noch nicht den Zielvorgaben – 50 Prozent in der U3-Betreuung und 100 Prozent in der Ü3-Betreuung – entsprechen“, so Meitler. Von daher verfolge die Stadt auch das Ziel, den Fortbestand der Kita zu sichern. Eine Übernahme durch das Jugendamt sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszuschließen. Allerdings sei gesetzlich „der Übernahme durch einen freien Träger der Jugendhilfe Vorrang zu geben“.
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Es gibt also Hoffnung. Dennoch drängt die Zeit, denn sollte die angestrebte Betriebsübergabe nicht bald zustande kommen, „werden ab dem kommenden Kita-Jahr keine neuen Kinder mehr in der Einrichtung aufgenommen“, stellt der Kita-Zweckverband klar. „Aktuell besuchen 47 Kinder die Einrichtung, wobei sich diese Zahl entsprechend sukzessive verringern wird“, sagt Lina Strafer, beruhigt aber zugleich: Auch mit reduzierter Kinderzahl werde der Betrieb regulär weiterlaufen.
Kita-Zweckverband verspricht Bochumer Eltern Platz-Garantie in anderem Kindergarten
Der Großteil der aktuell betreuten Kinder werde bis zur Schließung in die Grundschule wechseln und nicht von der Veränderung betroffen sein. Kinder, die nach dem 31. Juli 2026 noch in der Kita betreut werden, „erhalten eine Platz-Garantie in einer anderen Einrichtung des Kita-Zweckverbandes“, so Strafer. Auch die Mitarbeitenden hätten einen gesicherten Arbeitsplatz und erhielten ein Angebot in einer anderen Einrichtung im Verband.
Modernisierungsstrategie Kita 4.0
Bei der Entscheidung, sich als Träger der Kita Christ König zurückzuziehen, beruft sich der Katholische Kita-Zweckverband auf seine „Modernisierungsstrategie Kita 4.0“. Mit dieser verfolge man das Ziel, „über ein Kita-Portfolio zu verfügen, das unter baulichen und wirtschaftlichen Aspekten ein in die Zukunft gerichtetes, Kind-zentriertes pädagogisches Konzept ermöglicht“, erklärt Sprecherin Lina Strafer.
Für den Zweckverband sei es bedeutsam, seine Kindertageseinrichtungen zukunftsfähig aufzustellen und den Kindern eine bestmögliche Lernumgebung zur Verfügung zu stellen. „Zur Erreichung dieses Ziels spielen viele Faktoren, die einander bedingen, eine Rolle: Pädagogik, Immobilien, Digitalisierung, Personal etc.“, so Strafer. „Bei unseren Modernisierungsvorhaben stehen wir stets im engen Austausch mit der jeweiligen Pfarrei und der Stadt.“
Die Kita Christ König ist laut Zweckverband die einzige Bochumer Einrichtung, bei der im Jahr 2024 die Kita-Plätze reduziert und keine neuen Kinder mehr aufgenommen werden.