Bochum. Eine Bochumerin erkrankt während der Schwangerschaft an Brustkrebs. Fortan kämpfen die Ärzte um zwei Leben. So geht es Mutter und Tochter heute.
Katharina Abeler freut sich auf Weihnachten. Das Jahr begann furchtbar und endet glücklich für die 38-jährige Bochumerin. Hinter ihr liegt eine Berg- und Talfahrt, die sie oft hat verzweifeln lassen. „Aber jetzt“, sagt die zweifache Mutter, „jetzt ist erst einmal alles gut.“
Januar 2023. Daheim in Stahlhausen ertastet Katharina Abeler einen Knoten in ihrer rechten Brust. Die Sozialarbeiterin, die für die Stiftung Overdyck arbeitet, ist in tiefer Sorge. Nicht nur um sich. In ihrem Bauch wächst ihre zweite Tochter heran. Es ist die 22. Schwangerschaftswoche. „Für mich brach eine Welt zusammen.“
Brustkrebs während einer Schwangerschaft ist extrem selten
Eine Biopsie bringt Gewissheit: Katharina Abeler ist an hormonaktivem Brustkrebs erkrankt. „Das kommt während einer Schwangerschaft extrem selten vor“, weiß Dr. Stefan Lukic, Leitender Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin im Bochumer Augusta-Krankenhaus.
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Das Augusta-Team habe fortan vor der Herausforderung gestanden, zwei Leben zu retten, sagt Stefan Lukic. Es ist eine medizinische Gratwanderung. Klar ist: Bei Katharina Abeler muss schnellstmöglich eine Chemotherapie eingeleitet werden. Die jedoch muss so schonend bemessen werden, dass der Fötus keinen Schaden nimmt. „Es ging vor allem darum, für das Baby Zeit zu kaufen“, erklärt Dr. Lukic.
Oberarzt ist dankbar: „Unsere Strategie ist aufgegangen“
Jeder Tag zählt. Doch Katharina Abeler ist bald am Ende ihrer Kräfte. Nach drei Chemo-Perioden im Drei-Wochen-Rhythmus zeigt sich, dass der Tumor nicht geschrumpft ist. Sie entscheidet: „Die Geburt soll eingeleitet werden.“
Am 6. Mai, in der 37. Schwangerschaftswoche, kommt Amani auf die Welt, 2880 Gramm schwer, 48 Zentimeter groß, kerngesund. Die kleine Kämpferin hat Mamas schwere Erkrankung samt Chemo gut überstanden. „Das wurde mir immer versprochen. Die Klinik hat Wort gehalten.“ Dr. Lukic ergänzt dankbar: „Unsere Strategie ist aufgegangen.“
Vier Tage nach der Geburt folgt die Amputation der Brust
Katharina Abeler kann ihr Mutterglück in der Augusta-Klinik nur kurz genießen. Während ihr Baby in der Geburtshilflichen Abteilung bestens betreut wird, kommt sie vier Tage nach der Niederkunft unters Messer. Ihre rechte Brust mit einem inzwischen sieben Zentimeter großen Tumor wird amputiert: in Vollnarkose. „Das wäre während der Schwangerschaft nicht zu verantworten gewesen“, sagt Oberarzt Lukic – ebenso wenig wie eine Hormontherapie, die sich an die OP anschließt.
Durch die Hormongabe sei sie „von einem Tag auf den anderen in die Wechseljahre gerutscht“, schildert Katharina Abeler. Ihr gehe es dennoch gut, sagt sie beim WAZ-Gespräch in der Augusta-Onkologie, wo Stefan Lukic eindringlich appelliert, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Ein jährlicher Check wird ab dem 30. Lebensjahr von den Kassen bezahlt. Auch Selbstuntersuchungen durch Abtasten können lebenswichtig sein, betont der Oberarzt. Denn: Die Brustkrebs-Patientinnen werden immer jünger.
Der größte Weihnachtswunsch: „Gesundheit für uns alle“
Katharina Abeler hatte Glück im Glück. Und das gleich doppelt. Der Tumor wurde rechtzeitig entdeckt und entfernt, ihr kleines Mädchen dadurch gerettet. Mit Amani, die inzwischen sieben Monate alt ist, und der vierjährigen Tochter Leoni ist alles für ein harmonisches Weihnachtsfest bereitet. „Der Kampf hat sich gelohnt“, sagt die zweifache Mama. Ihr größter Wunsch für 2024 ist wenig überraschend: „Gesundheit für uns alle.“