Bochum. Mit einer Beitragserstattung will die IHK Mittleres Ruhrgebiet Unternehmen der Region helfen. Es geht immerhin um einen siebenstelligen Betrag.
Die IHK Mittleres Ruhrgebiet entlastet ihre 35.000 Mitgliedsunternehmen in den Städten Bochum, Herne, Witten und Hattingen. Sie wird für das laufende Beitragsjahr 2023 insgesamt 5,5 Millionen Euro erstatten.
IHK erstattet ihren Mitgliedern 5,5 Millionen Euro
„Uns war es wichtig, die Unternehmen in diesem wirtschaftlich schwierigen Jahr wo immer möglich zu unterstützen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann. Er hatte die Entlastung vorgeschlagen, die 70 Unternehmen umfassende Vollversammlung – das IHK-Parlament – hat sie nun beschlossen. Bergmann: „Wir sind überzeugt, mit dem neuen Beitragsmodell mehr Planungssicherheit auf beiden Seiten zu schaffen und die Unternehmen so wenig wie möglich mit Vorauszahlungen zu belasten.“
Kammer ist von positiver Beitragsentwicklung überrascht
Die überschüssigen Einnahmen werden allerdings nicht ausbezahlt, sondern mit den nun anstehenden Beiträgen verrechnet. Möglich wird die Erstattung auch, weil die Kammer offenbar besonders hohe Einnahmen verzeichnet hat. „Wir waren von der durchaus positiven wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Jahr überrascht“, so IHK-Sprecher Sven Frohwein. Vor dem Hintergrund diverser Krisen hatte sein Haus mit geringeren Einnahmen aus Beiträgen kalkuliert.
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Konkrete Zahlen das Jahr 2023 nennt er noch nicht. Aber bereits im vergangenen Jahr hat es eine äußerst positive Entwicklung bei den Beiträgen gegeben. So lag der Durchschnittsbeitrag der zahlenden Mitglieder 2022 bei 917 Euro, ein Jahr zuvor waren es nur 659 Euro. Zum Vergleich: Der durchschnittliche IHK-Beitrag lag im Vorjahr nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) – bezogen auf die zahlenden Mitgliedsfirmen – bei 448 Euro pro Jahr.
IHK-Kritiker bezeichnet die Rückzahlung als „überfällig“
Aus Sicht von Kritikern hätte die Rückzahlung von Beiträgen längst erfolgen müssen. „Die Rückerstattung ist richtig und wichtig und überfällig“, sagt Kai Böddinghaus, Geschäftsführer des Bundesverband für freie Kammern (BffK). „Man hätte sich gewünscht, dass man für so etwas nicht jahrelang vor Gericht ziehen muss.“
Vollversammlung ist das IHK-Parlament
Die Industrie- und Handelskammern vertreten die Interessen der Gewerbetreibenden ihres Bezirks und setzen sich für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ihrer Region ein.
IHK-Beiträge sind öffentliche Abgaben. Ihre Höhe richtet sich u.a. nach der Leistungskraft eines Gewerbebetriebs. Einnahmen erzielt die Kammer außerdem über Gebühren für Leistungen wie etwas Weiterbildungsangebote.
Die Vollversammlung der IHK Mittleres Ruhrgebiet ist das Parlament der Wirtschaft im Kammerbezirk und besteht aus 70 Unternehmer:innen aus Bochum, Herne, Witten und Hattingen. Sie wurden von den 35.000 Mitgliedsunternehmen im Kammerbezirk in das Ehrenamt gewählt.
Das Gremium hatte einen Arbeitskreis eingesetzt, um das flexible Beitragsmodell zu erarbeiten.
In mehreren Fällen haben Unternehmen aus der Region, so Böddinghaus, Klagen gegen die IHK wegen der Beitragshöhe und vermeintlicher Vermögensbildung gewonnen. Einige Prozesse laufen noch. Tenor der Kritik: Schon 2015 habe das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen festgestellt, dass die IHK Mittleres Ruhrgebiet eine rechtswidrige Rücklagenbildung für die Jahre 2013 und 2016 vorgenommen habe. Das habe sich in den Jahren danach fortgesetzt.
Firmen zahlen künftig nur 70 Prozent im voraus
Bisher hatte die IHK Mittleres Ruhrgebiet einmalig im Jahr eine Vorauszahlung auf den Mitgliedsbeitrag erhoben – basierend auf dem jüngsten Gewerbeertrag. Zum Jahresende wurden Guthaben erstattet bzw. Nachzahlungsbeiträge eingefordert. „Durch diese langfristigere Vorauszahlung entstanden immer wieder größere Schwankungen zwischen Prognose und Ist-Wert“, so die IHK.
Von 2024 an gilt ein neues Modell: Für die Vorauszahlung werden nicht mehr 100 Prozent, sondern nur noch 70 Prozent des Gewerbeertrags zugrunde gelegt. Entwickelt sich das Betriebsergebnis wie geplant, werden im vierten Quartal die ausstehenden 30 Prozent der Beiträge nachveranlagt. Anderenfalls muss ein Nachtragshaushalt erstellt werden. Das Ziel ist es, am Jahresende eine schwarze Null als Bilanzergebnis zu schreiben.
Grundbetrag wird 2023 einmalig um 70 Prozent gesenkt
Bereits im laufenden Beitragsjahr 2023 wird der Grundbeitrag einmalig um 70 Prozent gesenkt. Für Kleingewerbetreibende bedeutet das zum Beispiel: Sie zahlen nicht mehr 60 Euro, sondern nur noch 18 Euro IHK-Grundbeitrag. Auch die Umlage auf den Gewinn bzw. Gewerbeertrag wird einmalig gesenkt: um gut die Hälfte von 0,25 Prozent auf 0,12 Prozent.
Die Entlastung, so heißt es, sei das Ergebnis vieler Faktoren. So hätten sich die IHK-Beiträge besser entwickelt als vorausgesagt. Die Einnahmen bei einzelnen IHK-Angeboten wie der Weiterbildung waren höher als geplant.