Bochum. Es sieht aus wie ein Lieferwagen, ist aber ein Cargo-Bike: Wie eine Bochumer Firma mit ihrem Mega-Lastenfahrrad den Weltmarkt erobern will.

„I’m a Bike!“, steht dick auf dem kleinen Lieferwagen. Zu deutsch: Ich bin ein Fahrrad. Nanu, soll das ein Scherz sein?, könnte man im ersten Moment denken. Dann aber sieht man vorne einen Fahrradlenker, kein Lenkrad. Es ist doch ein Fahrrad mit Pedalen! Ein „Cargo-Bike“ mit wetterfestem Rundumschutz, das sich jetzt anschickt, von Bochum aus auf den Weltmarkt zu drängen. Der Name: Antric EVO_1. Wobei Antric der Name des Herstellers in Gerthe ist.

Antric-Geschäftsführer Gregory Hancke, Chefentwickler Moritz Heibrock und Marketingleiter Gordon Krug (v.l.) mit dem neuen Cargo-Bike.
Antric-Geschäftsführer Gregory Hancke, Chefentwickler Moritz Heibrock und Marketingleiter Gordon Krug (v.l.) mit dem neuen Cargo-Bike. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Hochwertige Rennräder aus Vollcarbon wiegen rund acht Kilo, das EVO_1-Fahrrad 282 Kilo. Weitere 390 Kilo dürfen transportiert werden, inklusive Fahrerin oder Fahrer. Das schafft der Kettenantrieb mit zwei Akkus locker. Eine Euro-Palette passt ebenso problemlos in den 2,2, Kubikmeter großen Laderaum wie zum Beispiel ein handelsüblicher Gitterrollwagen. „Wir haben das Cargo-Bike von Anfang an für den Logistik-Bereich konzipiert“, sagt der Chefkonstrukteur und Firmen-Mitgründer Moritz Heibrock.

„Die allerersten Kunden kommen aus Mexiko“

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Das Vorgängermodell, das Antric ONE, wurde bereits rund 90 Mal verkauft. „Schon heute werden mit Antric Pakete für Hermes, GLS und viele weitere Logistik-Unternehmen ausgeliefert“, sagt Heibrock. Das jetzige Nachfolge-Modell soll nun weit ins internationale Geschäft vorstoßen. Es gibt schon erste Vorbestellungen. Antric-Geschäftsführer Gregory Hancke: „Die allerersten Kunden kommen aus Mexiko.“ Es sind Hotelbetreiber.

Der Preis beginnt bei 20.274 Euro netto. Dafür ist das knapp drei Meter lange Lasten-Pedelec auch robust und eine richtige Arbeitsmaschine. „Es muss 24/7 funktionieren“, sagt Heibrock. Scheibenwischer, Rückfahrkamera, Fahrer-Informationsdisplay, vollgefedertes Chassis, höhenverstellbare Tretkurbel, schlüsselfreies Verschlusssystem, zwei LED-Frontscheinwerfer, Bremslicht, Blinker und ein bequemer Sitz sind ebenfalls in der Ausstattung. Ein schmerzendes Gesäß, wie man es von vielen Stunden im Fahrradsattel kennt, will man dem Fahrer nicht zumuten.

Gordon Krug, Marketing-Leiter bei Antric, zeigt die Lademöglichkeiten des EVO_1.
Gordon Krug, Marketing-Leiter bei Antric, zeigt die Lademöglichkeiten des EVO_1. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Heibrock, ein gebürtiger Bochumer, hatte Mechatronik an der Fachhochschule Bochum studiert. Dort war „projektorientiertes Lernen“ angesagt. Daraus entstand die Firma Antric. Auch privat ist der Konstrukteur ein leidenschaftlicher Biker, er schwärmt gerade zu vom Fahrrad. „Aus meiner Sicht ist das Genialste am Fahrrad die Ressourcen-Effizienz, sowohl in der Herstellung wie der Nutzung. Das Verhältnis von Nutzlast zu Fahrzeugeigengewicht ist absolut unschlagbar.“ Obwohl das Cargo-Bike recht leicht ist, kann sehr viel Gewicht transportiert werden. Als tierisches Vorbild diente die Ameise: klein, robust und mit hoher Tragfähigkeit.

Das Fahrzeug darf auch auf Radwegen gefahren werden und ohne Führerschein

In Bochum entwickelt, in Herne produziert

Die Antric GmbH ist Teil der Cenntro Group und sieht sich selbst als einer der fortschrittlichsten Lastenradhersteller.

Produziert wird das EVO_1 in Herne, entwickelt wurde es am Firmensitz an der Lothringer Allee in Bochum, am Energie-Effizienz-Zentrum (EEZ). Früher stand dort das Bogestra-Straßenbahndepot.

Rund 40 Menschen sind am Projekt Antric EVO_1 beteiligt.

„Wir haben das Fahrzeug für die letzte Meile gebaut“, sagt der Chefkonstrukteur und meint den Abschluss einer langen Lieferkette. Deshalb sind die Akkus auch relativ klein und leicht, reichen aber trotzdem für 50 Kilometer. Mit knapp unter einem Meter Breite kommt EVO_1 auch durch schmale Gassen und Flure, durch Gebäude oder Unterführungen und ist auch auf öffentlichen Radwegen und Straßen erlaubt. Weil es ein Fahrrad ist, darf es auch ohne Führerschein gesteuert werden.

Dass der Fahrer bei der Arbeit auch regelmäßig gesunde Bewegung durch das Treten hat, wird Heibrock als Biker ebenfalls freuen.