Bochum. Fotos aus der Sofortbild-Kamera waren lange aus der Mode. Jetzt erleben sie eine Renaissance. Warum? Eine Künstlerin aus Bochum weiß die Antwort.
Die Kamera macht klick. Surrend schält sich ein Pappkarton aus dem Schlitz, auf dem eine seltsam gräuliche Oberfläche zu sehen ist. Nur wenige Minuten später folgt ein Wunder der Technik: Wie von Zauberhand wird die kleine Karte zu einem Foto – ein „Polaroid“ ist geboren!
„Das ist jedes Mal zauberhaft“, strahlt die Hobby-Fotografin Sabine Skodda aus Bochum, die im Kunstbunker eine Ausstellung mit Sofortbild-Kunst organisiert. 42 Fotografen aus ganz Deutschland zeigen hier an drei Tagen ihre kleinformatigen Arbeiten, die nicht selten staunen lassen. Denn der legendäre Fotoapparat bietet viel mehr als nur eine Einladung zum launigen Schnappschuss.
Ausstellung in Bochum zeigt Kunst aus der Sofortbild-Kamera
Vor allem in den 70er und 80er Jahren, also lang vor der Digitalfotografie, erlebte die revolutionäre Technik in vielen Haushalten ihre Blütezeit. Auf Partys, Hochzeiten und im Urlaub war die Polaroid ein treuer Begleiter. Statt die Filme umständlich im Fotostudio abzugeben und einige Tage auf die Entwicklung warten zu müssen, war das Foto in Windeseile sichtbar. „Etwa zehn Minuten dauert es bis zum fertigen Bild“, sagt Skodda. Ob man es bis dahin in der Luft herumfächern sollte oder nicht, da gehen die Meinungen bis heute auseinander.
Sabine Skodda kam recht spät zum Sofortbild. Die Ärztin, die 30 Jahre lang im Knappschaftskrankenhaus in der Neurologie arbeitete, war auf der Suche nach einem Hobby, das sie kreativ ausfüllt. „Meine erste Kamera habe ich mir 2019 gekauft, vorher hatte ich höchstens mal im Urlaub fotografiert“, erzählt sie. Doch der Zauber habe sie schnell gefangen genommen: „Ich war total fasziniert.“
Gerade in den beschränkten Möglichkeiten, die die Kamera bietet, liege der Reiz: „Es gibt keinen Zoom und keinen Weitwinkel. Man muss sich vorher schon ganz genau überlegen, was man fotografieren möchte.“ Während das Smartphone mit seinem riesigen Speicherplatz nahezu endlosen Platz für Fotos bietet, sei die Sofortbildkamera weitaus schwerer zu handhaben: „Man kann nicht 20-mal drauf drücken und darauf hoffen, dass ein Bild schon gut sein wird“, sagt sie. „Es braucht beim Fotografieren einen genauen Plan.“
Handyfotos saugen nur den Akku leer, Sofortbilder kosten Geld
Hinzu kommt: Handyfotos saugen höchstens den Akku leer, Fotos aus der Sofortbildkamera hingegen kosten richtig Geld. Mit etwa ein bis zwei Euro pro Bild müsse man rechnen, so Sabine Skodda. Nur acht Bilder kommen aus einer Filmdose. „In den 70ern war das zudem eine totale Umweltsauerei, weil jede Dose von einer eigenen kleinen Batterie betrieben wurde, die man danach wegschmeißen musste. Bei modernen Apparaten ist das aber längst nicht mehr so.“
Experte gibt Tipps Sofortbildkameras
Dass „anfassbare Fotos“ eine Renaissance erleben, beobachtet Peter Hamer vom gleichnamigen Fachgeschäft schon länger. „Gerade in diesen digitalen Zeiten wünschen sich viele neben Fotos auf dem Bildschirm auch etwas, das bleibt“, sagt er. „Sofortbilder sind immer ein Original, spontan und nicht perfekt. Das lieben heute vor allem junge Menschen.“
Im Sofortbildbereich sei bei Foto Hamer die Fuji mini 12 (etwa 130 Euro) mit einer Bildgröße von 86x54 mm besonders beliebt. „Ein größeres Foto erhält man mit der Fuj Square mit 86x72 mm. Die Filme selbst gibt es in unzähligen Ausführungen, sogar in schwarz-weiß.“
Doch warum greifen gerade jüngere Menschen plötzlich wieder zur Sofortbildkamera, die über Jahre vom Markt fast verschwunden war? Sabine Skodda hat da eine Vermutung: „Das liegt zum einen an der Vintage-Welle, die gerade viele Bereiche erfasst“, sagt sie. So sei der Drang nach Retro-Technik überall zu spüren, auch Kassettenrekorder und Plattenspieler erleben eine Renaissance. „Daneben haben Sofortbilder aber auch den Reiz des Unperfekten“, sagt sie. „Der Apparat ist recht langsam, die Handhabung schwierig. Man gibt sich einfach mehr Mühe beim Fotografieren.“
Die Ausstellung zur Sofortbild-Kunst wird am Freitag, 13. Oktober, um 17 Uhr im Kunstbunker, Baarestraße 68, eröffnet. Geöffnet: Samstag, 14. Oktober, 12 bis 18 Uhr, und Sonntag, 15. Oktober, 10 bis 15 Uhr. Eintritt frei.