Bochum. Die Finanzierung der Kliniken wird neu geordnet. Das hat auch in Bochum Auswirkungen. Was steht Patienten bevor? Änderungen zeichnen sich ab.
Die Krankenhausreform wird die medizinische Versorgung in Bochum nicht schwächen. Das betonten Vertreter der vier Kliniken in einem gemeinsamen WAZ-Gespräch. Allerdings zeichnen sich Änderungen in einzelnen Fachbereichen ab.
Monatelang wurde verhandelt, gestritten, gerungen. Im Juli verständigten sich Bund und Länder darauf, die Finanzierung der Kliniken in Deutschland neu zu ordnen. Kernpunkte: Die bisher üblichen Fallpauschalen für einzelne Behandlungen und Eingriffe werden auf 40 Prozent zurückgefahren. 60 Prozent der Gelder sollen die Kliniken allein für das Vorhalten von Personal, Technik oder Notaufnahmen erhalten. So sollen die Krankenhäuser von rein wirtschaftlichen Zwängen entlastet werden – und sich im Gegenzug verpflichten, zu kooperieren und sich stärker zu spezialisieren: weg vom Prinzip, dass jede Klinik alles macht.
Krankenhäuser: Bochum hat wegweisende Vorarbeit geleistet
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Bochum hat wegweisende Vorarbeit geleistet. Das „Bochumer Modell“ vereint seit den 1970er Jahren das Katholische Klinikum (u.a. mit dem St.-Josef- und St.-Elisabeth-Hospital, dem Marien-Hospital und dem Martin-Luther-Krankenhaus), das Bergmannsheil und das Knappschaftskrankenhaus Langendreer als Universitätsklinikum der Ruhr-Uni. Ebenso wie das Augusta-Krankenhaus hat jede der Uni-Kliniken ihr eigenes Profil, ihre eigenen Stärken und medizinischen Expertisen entwickelt. „Hier in Bochum ist schon vieles sortiert“, sagt der Geschäftsführer des Knappschaftskrankenhauses, Marco Kempka.
Strukturelle Einschnitte seien durch die Reform nicht zu erwarten, hieß es in der WAZ-Runde; Schließungen oder Personalabbau erst recht nicht. Alle Krankenhäuser scheinen in ihren Verbünden sicher aufgehoben: Das Katholische Klinikum mit jährlich 50.000 stationären Patienten als auch bundesweites Schwergewicht. Die Augusta-Stiftung mit der angestrebten Kooperation mit der Diakonie Ruhr, der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel und dem Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid. Das Bergmannsheil als Teil der Familie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken (BG). Das Krankenhaus in Langendreer im Zusammenschluss der Knappschaftskliniken.
Krankenkassen wollen, dass Kliniken abspecken
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Änderungen könnte es im Zuge der Reform gleichwohl geben. Auslöser ist das „Kassen-Votum“. Die Krankenkassen haben für jede Klinik, für jede Abteilung bewertet, welche Leistungen künftig vorhalten werden sollten. Im WAZ-Gespräch wurde bekannt, wo die Bochumer Krankenhäuser (die sich zuvor intern abgestimmt hatten) nach Ansicht der Kostenträger abspecken sollen:
Das Katholische Klinikum soll Beschränkungen in der Kardiologie vornehmen. Dagegen rührt sich Widerstand. „Die Kardiologie ist für uns von elementarer Bedeutung. Wir haben höchstes Interesse, sie so zu behalten wir bisher“, sagt Sprecher Jürgen Frech.
Knappschaftskrankenhaus will mehr Organe verpflanzen
„Wir kämpfen um Teile der Gefäßchirurgie“, sagt Mario Kleist, Mitglied der Augusta-Geschäftsführung. Obwohl die Klinik alle Voraussetzungen erfülle, seien spezielle Leistungsgruppen der Gefäßchirurgie beim jüngsten Kassen-Votum nicht berücksichtigt worden. Kleist: „Das erschließt sich uns nicht.“
Das Bergmannsheil bietet seit vielen Jahren die neurologische Frührehabilitation (Phase B) für Schwerschädelhirnverletzte an, meist nach Arbeitsunfällen als Leistung der Berufsgenossenschaft (BG). „Wir haben beantragt, die neurologische Frührehabilitation (Phase B) von Patienten der gesetzlichen bzw. privaten Krankenversicherung als Leistungsgruppe aufzunehmen. Das wurde nicht gewährt“, bedauert Sprecher Robin Jopp. Dabei gebe es landesweiten Bedarf.
Das Knappschaftskrankenhaus will mit seinem Transplantationszentrum neben Nieren und Bauchspeicheldrüsen in Zukunft auch Lebern verpflanzen. Dazu sagen die Kassen bislang nein.
Beide Bochumer Geburtskliniken sollen Bestand haben
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Noch sei das letzte Wort nicht gesprochen, betonen die Klinik-Vertreter. Bei 36 Prozent aller Vorhaben gebe es Dissens mit den Kassen. Nach Beratungen bei der Bezirksregierung im Herbst wird es NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sein, der die Entscheidungen trifft.
Am Fortbestand der beiden Bochumer Geburtskliniken im St.-Elisabeth-Hospital und in der Augusta-Klinik soll es nach übereinstimmenden Angaben keine Zweifel geben. Beide Abteilungen verzeichnen jährlich mehr als 1500 Geburten und sind weit über die Stadtgrenzen hinaus gefragt.
Bochum muss sich keine Sorgen machen
Grundsätzlich müsse man sich in Bochum keine Sorgen machen, bekräftigten die Klinik-Vertreter im WAZ-Gespräch. Die Krankenhausreform biete vielmehr die Chance, die schon jetzt ausgezeichnete medizinische Versorgung weiter zu professionalisieren: „Die Grundidee ist gut.“
Das LWL-Universitätsklinikum an der Alexandrinenstraße mit seinen 167 Behandlungsplätzen und 412 Mitarbeitern ist als psychiatrische Fachklinik von der Reform nicht betroffen. Die Weichen für das ehemalige St.-Josefs-Hospital in Linden sind bereits gestellt: Nach dem Abschied der Helios-Gruppe wird das Gebäude umfassend saniert und von der Valeara-Gruppe (Bottrop) genutzt. 2025 soll hier die Kinder- und Jugendpsychiatrie mit mehr als 40 Behandlungsplätzen einziehen.
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Die Bochumer Kliniken im Überblick
Katholisches Klinikum: 5500 Mitarbeiter, 1500 Betten (davon 645 im St. Josef-Hospital), 50.000 Patienten stationär und 180.000 ambulant; Leistungsbereiche in Bochum: Kardiologie, Neurologie, Orthopädie, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Onkologie, Innere Medizin, Dermatologie, Kinderheilkunde, Diabetologie, Gefäßchirurgie, Anästhesiologie, HNO, Gynäkologie/Geburtshilfe, Geriatrie, Venenzentrum, Endoprothetik, Psychiatrie.
Bergmannsheil: 2174 Mitarbeiter, 657 Betten, 17.690 Patienten stationär und 65.472 ambulant (Zahlen 2022); Leistungsbereiche: Chirurgie und Poliklinik u.a. mit Abteilung für Rückenmarkverletzte, Neurochirurgie, Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletztenzentrum, Herz- und Thoraxchirurgie, Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerzmedizin, Endokrinologie, Diabetologie, Gastroenetrologie, Kardiologie, Pneumologie, Neurologische Traumatologie und Neurorehabilitation, Radiologie und Nuklearmedizin.
Augusta-Kliniken: 2040 Mitarbeiter, 499 Betten, jährlich 20.070 Patienten stationär und 27.500 ambulant; Leistungsbereiche in Bochum: Gastroenterologie, Diabetologie, Kardiologie, Nephrologie, Onkologie und Palliativmedizin, Pneumologie, Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie, Anästhesiologie, Urologie, Frauenheilkunde/Geburtshilfe, Geriatrie.
Knappschaftskrankenhaus: 1900 Mitarbeiter, 479 Betten, jährlich 22.000 Patienten stationär und 50.000 ambulant; Leistungsbereiche: Anästhesiologie, Intensivmedizin, Schmerztherapie, Augenklinik, Chirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Neurochirurgie, Neurologie, Radiologie, Transplantationszentrum, Medizinische Klinik mit Innerer Medizin, Hämato-Onkologie, Gastroenterologie und Kardiologie.