Bochum-Dahlhausen. Das Festival am Bahnhof Bochum-Dahlhausen zieht Besucher an. Es zeigt, wie es gelingt, mit „Dahl’sen total“ Jugendliche für Musik zu begeistern.

Die Messlatte haben sie hoch gelegt: Gut 1000 Besucher haben nach der Corona-Zwangspause im vergangenen Jahr beim dreitägigen Musikfestival „Dahl’sen total“ an der Ruhrmühle vorbeigeschaut, und auch in diesem Jahr schaltete der Himmel rechtzeitig auf Spätsommer um. Das rot-weiße Spektakel am idyllisch gelegenen Vereinsheim der Ruhrlandbühne konnte mit gehöriger Lautstärke und viel Rhythmus steigen.

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Eine kleine Verzögerung haben sie sich noch gegönnt, um ja ganz sicher die letzten grauen Wolken abziehen zu lassen. Aber dann marschierte die Tanzgarde mit Wuschel-Pompons vorweg ein und gaben Fanfaren und Trommeln des Fanfarenzugs Vollgas zur Eröffnung. Das Drei-Tage-Programm zu stemmen, die Besucher rundum zu unterhalten und zu verpflegen, dazu braucht es viele Helfer und vor allem junge Mitstreiter.

Im Bochumer Südwesten ziehen die Nachbarn mit

„Wir können da ganz schön stolz sein“, sagt Dirk Schmieder, Geschäftsführer und mit der Fanfare im Zug dabei, „es müssten aktuell 31 Jugendliche sein. Okay, einige werden in der nächsten Zeit 18, aber sie bleiben.“ Verstärkung ist beim „Modernen Fanfarenzug“ wie in der Tanzgarde trotzdem jederzeit willkommen.

Die meisten kommen über die Familie, Freunde und Bekannte in den Verein. Die Ruhrlandbühne ist als letzter der ursprünglich fünf Vereine heute noch für das Spektakel „Dahl’sen total“ federführend, das es seit immerhin 1999 gibt. Hervorgegangen ist es aus der Bürgerwoche im Stadtbezirk. Die Gemeinschaft der Vereine im Südwesten und vor allem hier zwischen Bahnhof Dahlhausen und Ruhr, die pflegen die Clubs an der Ruhrmühle besonders.

So stellte etwa der Linden-Dahlhauser Kanu-Club für die Besucher beim Musikfestival seinen Parkplatz zur Verfügung, und die Camper von der Wiese gleich nebenan besuchten gern die musikalische Feier. „Die Nachbarn stört es nicht, dass es hier drei Tage natürlich lauter wird“, weiß Schmieder, „die sind sowieso alle dabei“.

Insgesamt neun Gruppen und Musikzüge konnten für das dreitägige Freiluft-Spektakel „Dahl’sen total“ gewonnen werden, hier der Spielmannszug Sassendorf.
Insgesamt neun Gruppen und Musikzüge konnten für das dreitägige Freiluft-Spektakel „Dahl’sen total“ gewonnen werden, hier der Spielmannszug Sassendorf. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Immerhin neun Gruppen haben sie in diesem Jahr für Gastauftritte gewonnen, beim Auftakt am Freitag setzte man auf die Cover-Rockband Deafnuts, also „taube Nüsse“ aus Witten. „Die sind hier im letzten Jahr so was von Bombe angekommen und haben den Platz gerockt, da mussten wir nicht lange überlegen“, erzählt Schmieder schmunzelnd. Tatsächlich brachte der Auftaktabend denn auch schon 200 Besucher bis weit nach Sonnenuntergang.

Er ist inzwischen das älteste Vorstandsmitglied in dem Dreierverbund aus Ruhrlandbühne e.V., Modernem Fanfarenzug und Tanzgarde, die „Dahl’sen total“ gemeinsam durchführen. „Und das mit gerade 60 Jahren“, unterstreicht er, „denn wenn sich die Älteren aus den Aktivitäten im Verein und im Vorstand zurückziehen, sind sie zwar immer gern weiter mit Erfahrung dabei. Aber genau so sagen unsere Jüngeren: Wir brauchen und schätzen das hier im Fanfarenzug und in der Tanzgarde einfach auch, so wie wir gern am Wochenende in Clubs gehen oder mit Freunden abhängen.“

Die Jugend stellt eine große Abteilung mit eigenem Programm

Für die Vereinsjugend wird seit Jahren erfolgreich eine dreitägige Fahrt über Pfingsten organisiert, „ein Highlight, genau wie die Übernachtungsparty im Vereinsheim mit vielen Spielereien“, meint Schmieder.

„Alles hier ist aus den Ursprüngen der Ruhrlandbühne hervorgegangen, aber heute will und soll die Jugend mitentscheiden, was wir bieten, und Spaß daran haben“, ist er sicher, „also haben wir für den Fanfarenzug eben auch Ballermann-Hits zum Mitsingen. Und als Cheerleader bei den Auftritten zu Stadtteilfesten und Vereinsjubiläen trainiert die Tanzgarde ihre eigenen Moves und Acts.“

„Dahl’sen total“ auf dem Vereinsgelände an der Ruhrmühle gehört zum Veranstaltungskalender im Bochumer Südwesten.
„Dahl’sen total“ auf dem Vereinsgelände an der Ruhrmühle gehört zum Veranstaltungskalender im Bochumer Südwesten. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Ganz wichtig sei es für alle, „dass das Hobby keinen Stress, sondern Spaß macht“, fasst Dirk Schmieder nach einem Rundumblick über den Platz zusammen. „Wir erfinden uns jedes Jahr neu, denn das Publikum ändert sich auch. Das gilt auch für den Karneval, wir müssen mit der Zeit gehen. Und ich glaube, diese ständige Erneuerung haben wir ganz gut geschafft.“ So ist etwa auch Ramona Manuel nun die erste Vorsitzende - ein gelerntes Tanzmariechen aus der Garde.

Noch immer merken sie diesmal bei „Dahl’sen total“, wie es die Aktiven und die Besucher über die Corona-Zeit vermisst haben, einfach ‘raus zu kommen, unter Leute, draußen zu sein bei Musik, guten Gesprächen, Essen und Getränken. „Bei uns wird vor allem die spezielle Pilzpfanne besonders geschätzt“, verrät Schmieder noch. Immerhin weist das Team hinter der Küchentheke auch ganz eigene Funktionsträger aus: „Pommesgriller“, „Wurstwender“ und „Pilzmeister“ haben gut zu tun.

Von der „Kulturlinie“ gleich abgeworben

„Im vergangenen Jahr war hier alles ratzekahl weg“, meint Schmieder dann noch mit großen Augen, „die haben uns leergekauft: Keine Wurst mehr, keine Pommes, kein Bier.“https://www.waz.de/staedte/bochum/fanfarenzug-feiert-grosse-sause-id9409616.html

Nun arbeitet der Verein noch an baulichen Details. „Wir wollen eine rollstuhlgerechte Toilette bauen und eine Rampe zum Saal.“ Denn Inklusion ist ein großes, selbstverständliches Thema hier. „Kürzlich haben wir eine eigene Veranstaltung von und für Rollstuhlfahrern im Saal gehabt“, unterstreicht der Geschäftsführer, „und im Fanfarenzug haben wir fünf Aktive mit Assistenzbedarf“.

Dass die Aktionen „Kulturlinie“ in der Straßenbahnlinie 318 eine feste Station in Dahlhausen anlaufen, hat sich in diesem Jahr auch gleich beim Programm von „Dahl’sen total“ niedergeschlagen. Nach seinem Auftritt bei der „Kulturlinie“ ist Sänger Felix gleich auch für das Spektakel verpflichtet worden. Felix „Hayston“ nennt der Country-Pop-Interpret sich. „Meinen realen Namen würden alle kaum richtig aussprechen“, gesteht das Dahlhauser Bühnentalent (22) grinsend.

Fanfaren, Tanzgarde Ruhrlandbühne

Unter einem Dach im besten Wortsinne findet man die Ruhrlandbühne, den Modernen Fanfarenzug und die Tanzgarde an der Ruhrmühle 22. Aus der Ruhrlandbühne RLB von 1959 gingen zehn Jahre später Fanfarenzug und Tanzgarde hervor, damit können im nächsten Jahr das runde 75-jährige Bestehen und der 65. Geburtstag der beiden Gruppen begangen werden.

Die Tanzgarde übernimmt als Cheerleader außerdem die Begleitung der Musiker bei Stadtteil- und Sommerfesten wie zum Maiabendfest, beim Lindener Rosenmontagszug oder zur Lindener Meile. Der Fanfarenzug probt montags und freitags von 19 bis 21 Uhr im Vereinsheim, Informationen und Kontakt über Facebook unter , und 0177 2953115.