Bochum-Linden. Die frühere Leiterin des Bochumer Jugendtreffs „JuZe“ ist tot. Die Anteilnahme ist riesig, die Frau prägte Generationen. Wegbegleiter erzählen.
Im evangelischen Jugendzentrum „JuZe“ in Bochum-Linden herrscht an diesem Nachmittag der übliche Trubel. Wie an jedem Tag. Doch mischt sich in die Unbekümmertheit der jungen Besucher aktuell auch Trauer, vor allem bei den etwas Größeren. Denn vor wenigen Tagen ist Heidi Helmis, die langjährige Leiterin des Jugendtreffs an der Lindener Straße, im Alter von 68 Jahren gestorben. Die große Anteilnahme zeigt, dass sie in ihrer Ära vieles richtig gemacht haben muss und einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Im Jugendtreff – und auch darüber hinaus.
Trauer in Jugendtreff: Abschied von einer ganz besonderen Frau
„Heidi Helmis prägte das ,JuZe’ wie keine Zweite“, heißt es entsprechend auf der Internetseite des Jugendtreffs. „Seit der Eröffnung des Hauses im Mai 1982 bis zu ihrer Verrentung im Sommer 2020 gestaltete sie das ,JuZe’, mehr als 15 Jahre auch als Leitung des Hauses.“ Sie habe für viele Sorgen der Kinder und Jugendlichen immer ein offenes Ohr gehabt und durch ihr Lachen, aber auch ihre Konsequenz das Erleben im ,JuZe’ in Linden nachhaltig geprägt.
Das bestätigen auch vier langjährige Wegbegleiter. Im „JuZe“ kommen sie noch einmal zusammen, um gemeinsam über Heidi Helmis und die Zeit mit ihr zu sprechen. Stanko Patkovic kann sich noch gut an die erste Begegnung erinnern: „Da habe ich mich einfach auf die Tischtennisplatte gesetzt und gleich eine Ansage gekriegt.“ Beim Runterspringen sei die Platte zusammengekracht und auf seinen Fuß gefallen. „Den habe ich mir bei der Aktion dann auch noch gebrochen...“
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Patkovic war damals fünf Jahre alt und konnte zu diesem Zeitpunkt – in den 80er Jahren – noch nicht ahnen, dass Heidi Helmis ihn für den Rest seines Lebens begleiten und eine enge Bezugsperson werden würde. „Ich stamme aus einer Gastarbeiterfamilie mit konservativen Eltern, die wenig Zeit hatten. Das ,JuZe’ ist für mich zu einem zweiten Zuhause geworden. Ich habe Mama zu Heidi gesagt.“ Wie viele andere auch, berichtet er.
Oft habe Heidi bei ihm zu Hause vermittelt, damit er doch an einer Fahrt teilnehmen durfte. Oder wenn er und andere „JuZe“-Besucher in Nachbars Garten mal wieder Kirschen gemopst hatten. „Das gab natürlich Ärger, aber Heidi hat immer die Wogen geglättet.“
„Sie war immer für einen da, wenn man sie gebraucht hat, war immer ansprechbar“, sagt auch Nico Klimt. „Egal ob bei Problemen in Schule oder Familie – Heidi hat immer versucht, Lösungen zu finden.“ Bis zuletzt habe er Kontakt zu ihr gehalten – und auch etwas zurückgegeben: „Vor zweieinhalb Jahren habe ich Heidis Schlafzimmer gestrichen.“
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Timo Ruppelt erinnert sich vor allem an Heidis Stammplatz und ihre Rituale: „Sie stand meistens hinterm Tresen am Fenster, wo die Spiele im Regal verstaut sind.“ Dort habe jeden Morgen ihr in Alufolie eingewickeltes Brot gelegen, darauf eine selbst gedrehte Zigarette („Heidi hat Kette geraucht“), daneben ihr Tabak und die WAZ. „Den Sportteil hat sie mir immer aufgeschlagen gelassen“, fügt Stanko Patkovic lachend an. „Sie hat Tennis geliebt, war Fan von Roger Federer, hat gerne Kochshows und Wintersport geguckt.“
Als bei Ruppelt am Montag, 7. August, morgens um Sieben das Handy klingelte, ahnte er noch nichts Böses. „Dann habe ich erfahren, das Heidi am Wochenende gestorben ist. Das war sehr heftig.“
Sie habe das „JuZe“ und die ganze Gemeinde im Blick gehabt, hebt Rolf Schuld, Lindener Pfarrer in Rente, hervor. „Sie hat den Kinderkarneval und den ökumenischen Martinszug mit aufgebaut“, erzählt er.
„Heidi war das Herz und die Seele des Jugendzentrums“, sagt Schuld. Obwohl eine zierliche Person, habe sie sich sehr gut durchzusetzen gewusst. „Das Jugendamt wusste genau, was es an ihr hatte und hat oft auch schwierige Fälle ins ,JuZe’ geschickt.“ Damit meint Schuld Jugendliche, die zu Sozialstunden verdonnert wurden. Heidi Helmis habe die richtige Art gehabt, mit denen umzugehen.
Viele Beileidsbekundungen
Weil sehr viele Beileidsbekundungen zum Tod von Heidi Helmis via E-Mail, Facebook und Instagram eingegangen seien, habe das „JuZe“ ein digitales Kondolenzbuch auf der eigenen Internetseite www.juze-linden.ekvw.de angelegt, sagt Leiterin Desirée Münnekhoff. Viele ehemalige Besucherinnen und Besucher hätten hier ihre Gedanken und Erinnerungen zusammengetragen. „Gemeinsam denken wir an Heidi, die so viele Menschen mit ihrer Art tief berührt hat.“
Hier ein paar Stimmen: „Du warst für ganze Generationen in Linden ein Fels in der Brandung. Hattest immer ein offenes Ohr. Jetzt kümmerst du dich um die Kinder und Jugendlichen da oben, die leider auch viel zu früh von dieser Erde gehen mussten“, schreibt etwa Fabian. „Du warst fester Bestandteil meiner Kindheit und hast mich definitiv miterzogen“, meint Sabrina. „Eine tolle Frau, die uns viele Jahre begleitet hat. Du hattest immer ein Lächeln im Gesicht“, notiert Martina. Und Torsten meint: „Sie war die Mutter des Jugendzentrums und hat sich für jeden, der Probleme hatte, Zeit genommen.“
Am Freitag, 18. August, tritt die frühere „JuZe“-Leiterin ihre letzte Reise an. Auf dem evangelischen Gemeindefriedhof in Harpen wird ihre Urne beigesetzt. Schuld, Patkovic, Ruppelt und Klimt werden dabei sein. Und sicher viele, viele weitere Wegbegleiter. „Das wird ein großer Bahnhof bei der Beisetzung“, ist Nico Klimt überzeugt. „Und den hätte sie auch verdient. Auch wenn sie so viel Aufhebens um ihre Person wahrscheinlich nicht gemocht hätte.“