Bochum. Körperverletzung im Amt war der Vorwurf, für den sich ein Bundespolizist in Bochum vor Gericht verantworten musste. Wie das Verfahren endete.

Es hätte ein gewöhnlicher Kontrollgang durch den Hauptbahnhof Bochum werden sollen, der erste der Bundespolizei-Nachtschicht am 4. Dezember 2021. Mehr als anderthalb Jahre später stand nun einer der Polizisten vor dem Amtsgericht. Der Vorwurf: Körperverletzung im Amt.

Der heute 45-jährige Angeklagte soll einen Obdachlosen, der ihn wüst beleidigt und auf der Wache Widerstand geleistet hatte, geschlagen haben. Die Bodycam eines Kollegen zeichnete einen Großteil des Einsatzes auf. Das Strafverfahren gegen den Beamten wurde von der Bundespolizei selbst angestoßen; bei den Ermittlungen gegen den Obdachlosen war das Material der Körperkameras ausgewertet worden.

Mann pöbelte Bundespolizisten an: „Spar dir deine Machtgeilheit“

Er sei aufgrund der Drohungen und der Körperhaltung des Mannes „von einem Angriff gegen mich oder meine Kollegen ausgegangen, so dass ich so handeln musste“, sagte der Bundespolizist vor Gericht. So weit war das Amtsgericht vor einem Jahr schon einmal. Richter René Bungardt schlug damals vor, das Verfahren gegen eine Geldbuße einzustellen. Das wollte die Staatsanwaltschaft nicht akzeptieren, weil sie „massive Gewalt“ sah. Also sollte der Geschädigte angehört werden. Bis heute haben die Behörden ihn aber nicht gefunden.

Das Gericht schaute sich die Aufnahmen der Körperkameras an. Zunächst sieht man die Szene am Buddenbergplatz, hört, wie der Mann pöbelt, dann folgt die Aufnahme dem Weg zur Wache. „Lutscher“, sagt der Obdachlose, „halt’s Maul, Digger“ und „Spar dir deine Machtgeilheit.“

Die Bodycam eines Bundespolizisten zeichnete große Teile des Einsatzes am 4. Dezember 2021 auf.
Die Bodycam eines Bundespolizisten zeichnete große Teile des Einsatzes am 4. Dezember 2021 auf. © FUNKE Foto Services (Archiv) | Christof Köpsel

Bundespolizisten sollten Bodycam beim Betreten der Wache ausschalten

Dann endet die Aufzeichnung zunächst – beim Betreten der Bundespolizeiwache schalteten die Beamten ihre Bodycams ab. Dies war per Dienstanweisung so vorgesehen. Als es zum Gerangel kam, bat der Angeklagte aber seinen Kollegen, die Kamera wieder einzuschalten. Die Geräte, so erläuterte es Verteidiger Christoph Pindur, filmten auch im Standby-Modus und machten beim Wiedereinschalten die vorangegangenen 30 Sekunden automatisch wieder abrufbar.

Man sieht also, wie der Bundespolizist den Festgenommenen zunächst schiebt, dann zweimal mit der Hand ausholt, ihn zu Boden bringt und mit den Kollegen fesselt. Ob er den Mann mit seinen Schlägen tatsächlich getroffen hat, bleibt offen.

Obdachlosen geschlagen: Verfahren wird gegen Geldbuße eingestellt

Richter René Bungardt: „Da war jemand, der hat die Beamten massiv bedroht“, da sei offensichtlich „ein bisschen robuster vorgegangen“ worden. Die zwei „Blendschläge“ allerdings seien „drüber“ gewesen. Am Ende einigten sich Schöffengericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Angeklagter darauf, das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße von 1200 Euro an die Opferschutzorganisation Weißer Ring einzustellen.

Verteidiger Pindur zeigte sich mit dem Ausgang nicht allzu zufrieden. Der Angeklagte sei seit über einem Jahr „arbeitsmäßig auf dem Abstellgleis“, sagte er. „Seine Karriere ist mit 45 beendet.“