Bochum. Martin Glänzer aus Bochum ist fassungslos: Mieter haben seine Wohnung vermüllt, verwahrlost und verwüstet hinterlassen. Viel tun kann er nicht.

Die Nachbarschaft ist gut in Schuss. Hier wird regelmäßig der Rasen gemäht, der Vorgarten von Unkraut befreit und der Bürgersteig gefegt. In einer Mietwohnung auf der anderen Straßenseite der Heroldstraße in Bochum-Werne gibt es einen krassen Kontrast dazu. „Die Familie, die bis vor kurzem hier wohnte, hat sie total verwüstet und verwahrlost hinterlassen“, sagt Martin Glänzer. Er wohnt selbst in diesem Haus, das seinen Eltern gehört. Der 42-Jährige fungiert als Verwalter – und ist fassungslos ob des Anblicks, der sich ihm mit Betreten der Räume jedes Mal bietet.

Bochum: Wohnung total verwüstet – Vermieter ist verzweifelt

„Das ist ein Schweinestall hoch drei“, schimpft er und streift sich lange Gummihandschuhe über. „Ohne packe ich hier nichts an.“ Kein Wunder: Die Matratzen sind komplett verdreckt, Essensreste und Mülltüten liegen herum, die Küche ist verdreckt und die Toilette in einem Zustand, den man nicht beschreiben möchte. Doch damit nicht genug: „Der Laminatboden wurde durchgeschlagen, die Türen beschädigt, ein Feuer auf dem Herd gemacht, ein Wasserschaden nicht gemeldet und im Hausflur wurden die Treppenkanten abgerissen“, listet Glänzer auf.

Dabei habe er erst 2019 die komplette Wohnung sanieren lassen. „50.000 Euro haben wir da rein gesteckt. Und nun ist fast alles kaputt.“ Den Boden müsse er komplett rausnehmen und erneuern, überschlägt Gläser den Schaden. Dazu die Entsorgung von Müll und Möbeln, das Beseitigen des Wasserschadens – „da kommt schon einiges zusammen“.

Der Ofen – völlig verdreckt. „Und auf dem Herd wurde ein offenes Feuer gemacht“, ärgert sich Martin Glänzer über den Zustand der Küche in seiner Wohnung in Bochum-Werne.
Der Ofen – völlig verdreckt. „Und auf dem Herd wurde ein offenes Feuer gemacht“, ärgert sich Martin Glänzer über den Zustand der Küche in seiner Wohnung in Bochum-Werne. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

2020 sei die Familie eingezogen. Wegen des nicht gemeldeten Wasserschadens habe er ihr fristlos gekündigt, sagt Glänzer. Zum Auszug kam es zunächst aber nicht. Bis jetzt kürzlich. „Ich habe das gar nicht mitbekommen, war an jenem Wochenende nicht zu Hause.“ Als er zurück kam, waren die Mieter verschwunden – und hatten die beschriebene „Bescherung“ hinterlassen.

Für Martin Glänzer ist das vorsätzliche Sachbeschädigung. Er will bei der Polizei Strafanzeige stellen. „Damit die vielleicht ermitteln, wo die Familie jetzt wohnt und das Ganze aktenkundig wird.“ Organisiert in einer Vermietervereinigung sind er und seine Familie nicht. Somit stehen sie allein vor der Frage, wer für den Schaden aufkommt. „Ich habe schon Kontakt zum Jobcenter aufgenommen, über das auch die Miete gezahlt wurde. Aber ich vermute, dass wir auf den Kosten sitzen bleiben werden.“

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Das ist in der Tat möglich. Aus Sozialdatenschutz könne man auf diesen Einzelfall nicht eingehen, sagt Johannes Rohleder, Sprecher des Jobcenters. Generell wolle er gerne klarstellen, dass das Jobcenter in keinerlei rechtlichem Verhältnis zum Vermieter stehe. „Wir haben nur eine Verpflichtung den Menschen gegenüber, die von uns Leistungen beziehen.“

Die Matratzen sind total verdreckt, der Laminatboden demoliert – Eindrücke aus der verwahrlosten Wohnung in Bochum-Werne.
Die Matratzen sind total verdreckt, der Laminatboden demoliert – Eindrücke aus der verwahrlosten Wohnung in Bochum-Werne. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Eine Möglichkeit für Vermieter, in solchen Fällen einen Teil des Schadens ersetzt zu bekommen, bestehe über die Kaution. „Das Jobcenter gibt für Kunden eine Kautionsgarantieerklärung ab“, sagt Rohleder. Mache ein Vermieter berechtigte Ansprüche geltend, „kommen wir dafür auf“. Mit einer Einschränkung allerdings: „Diese Regelung greift nur, solange die Kunden über uns Leistungen beziehen. Bei einem Umzug in eine andere Stadt wären wir raus.“ Da bliebe dann nur noch ein zivilrechtliches Vorgehen.

Wenig Hoffnung macht auch die Eigentümerschutzgemeinschaft „Haus & Grund“. Mietnomaden seien ein großes und weit verbreitetes Problem, sagt Sprecher Gerold Happ. Sie seien nach Wegzug oft nicht mehr zu fassen, dann gebe es auch nichts mehr zu holen für den Vermieter. „Dieser sollte sich dann fragen: Lohnt der Aufwand, das gerichtlich auszufechten? So etwas ist ja auch mit Kosten verbunden.“

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Happ rät betroffenen Vermietern, auf jeden Fall Strafanzeige zu stellen und möglichst schnell zu reagieren. „Desto geringer ist am Ende der Schaden.“ Vor Beginn eines Mietverhältnisses sollte man sich möglichst genau über die potenziellen neuen Mieter erkundigen, z.B. mit vorherigen Vermietern sprechen. Aus der Erfahrung wisse man bei „Haus & Grund“, wie sehr solche Situationen wie hier in Werne Vermieter auch psychisch mitnähmen. „Das kann mitunter ja auch zum finanziellen Ruin führen.“

Martin Glänzer will sich nun nach einem Anwalt umsehen und zieht seine Lehren aus dem Fall:. „Ich werde mir ganz genau überlegen, wen ich hier noch mal in die Wohnung lasse.“

„Ein großes Problem – deutschlandweit“

Wie oft solche Fälle von verwüsteten Wohnungen wie an der Heroldstraße in Werne vorkommen, ist unbekannt. „Wir haben dazu keine Zahlen, wissen aber, dass es ein großes Problem ist – deutschlandweit“, sagt Gerold Happ von der Eigentümerschutzgemeinschaft „Haus & Grund“.

Auch dem Jobcenter liegen keine Zahlen vor. Nach eigenen Angaben aus gutem Grund: „Das ist kein Phänomen, dass ausschließlich bei Menschen auftritt, die von uns Leistungen beziehen“, sagt Sprecher Johannes Rohleder. Generell seien es in Bochum 20.000 Haushalte, die vom Jobcenter betreut werden.