Bochum. Das E-Rezept kommt. Doch während Apotheker gut gerüstet sind, gibt’s bei den Ärzten technischen Nachholbedarf. Das ist die Situation in Bochum.

Zwar sind die meisten Apotheken in Bochum technisch in der Lage, E-Rezepte einzulösen. „Das geschieht aber äußerst selten“, sagt Sprecherin Dr. Inka Krude. Grund sei die vielfach noch mangelhafte Software bei den niedergelassenen Ärzten. Dort werde digital weiter aufgerüstet, kündigt der Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), Dr. Eckhard Kampe, an.

Technische Probleme sowie Datenschutzbedenken hatten bereits den Start des E-Rezeptes mehrfach verzögert. Nun ist es soweit. Seit dem 1. Juli läuft die Einführung. Ab 2024 sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, Verschreibungen auch elektronisch auszustellen. „Wenn Sie Geld überweisen, füllen Sie dann noch einen Überweisungszettel aus und bringen ihn zur Bank? Warum bringen wir dann noch Papierrezepte zu unseren Apotheken?“, wirbt das Gesundheitsministerium.

E-Rezept in Bochum: Verschreibung per Karte gilt als Königsweg

E-Rezepte sind nicht neu. Schon jetzt werden sie – anstelle des klassischen rosa Zettels – über eine Smartphone-App oder einen ausgedruckten QR-Code ausgestellt. Als Königsweg gilt jedoch die Verschreibung über die elektronische Krankenkassenkarte. Die Verordnung wird vom Arzt auf den Karten-Chip aufgespielt. Das E-Rezept wird in der Apotheke vor Ort oder in einer Online-Apotheke eingelesen und eingelöst.

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Die Apothekerinnen und Apotheker in Bochum (insgesamt sind es 79) sehen sich dafür gut aufgestellt. 80 Prozent der Betriebe verfügten über die Kartenlesegeräte, berichtet Inka Krude. Bei der Ausgabe der Pillen, Pasten & Co. gebe es mehr Sicherheit und weniger Nachfragen. Auch für die Patienten werde es einfacher. „Inzwischen sind fast alle Versicherten mit elektronischen Gesundheitskarten ausgestattet. Man braucht kein Smartphone und keine PIN-Nummer. Das ist die Zukunft.“

Arztpraxen wollen neue Technik schnell installieren

Der hinken manche Arztpraxen noch hinterher. Seit Monatsbeginn ist in der „Alten Apotheke“ von Inka Krude auf dem Boulevard noch kein einziges E-Rezept über die Gesundheitskarte vorgelegt worden. Es bestehe noch reichlich Nachholbedarf, bestätigt KVWL-Bezirkschef Kampe. Nur jede zweite Praxis in Bochum arbeite aktuell mit der digitalen Verschreibung. „Erst Ende Juni war klar, dass das E-Rezept zum 1. Januar 2024 Pflicht wird. Diese kurze Vorbereitungszeit hat viele Kolleginnen und Kollegen überrascht.“

Die Ärzteschaft sei „absolut gewillt“, die notwendige Technik flächendeckend und rechtzeitig zu installieren. Kampe: „Gut fünf Monate bleiben noch. Das kriegen wir hin.“ Die Gesundheitskarte sieht auch er dabei als klaren Favoriten.

Mit einem Q-Code können Rezepte elektronisch vom Arzt ausgestellt und in der Apotheke eingelesen werden. Als Königsweg gilt jedoch die Verschreibung über die Versichertenkarte.
Mit einem Q-Code können Rezepte elektronisch vom Arzt ausgestellt und in der Apotheke eingelesen werden. Als Königsweg gilt jedoch die Verschreibung über die Versichertenkarte. © dpa

Verband ruft Kassenärzte auf, „nicht länger zu warten“

Derweil appelliert KVWL-Vorstand Thomas Müller an die Vertragsärzte, „nicht länger zu warten, sondern sich jetzt mit ihrem Softwarehaus in Verbindung zu setzen, um ihre Praxis auf den Einsatz des E-Rezepts vorzubereiten“. Dazu biete der Verband in den nächsten Wochen auch eigene Schulungen an.

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Einen Vorteil bei dauerhaften Medikationen hebt Müller hervor: „Wenn der Patient im Quartal bereits in der Praxis war und die Karte eingelesen wurde, kann die Rezept-Ausstellung ohne erneuten Praxisbesuch erfolgen.“

Lieferprobleme bei Medikamenten spitzen sich zu

Dafür müssen die Medikamente allerdings verfügbar sein. Genau daran hapere es seit langem, schildert Apothekensprecherin Inka Krude. Die Lieferprobleme spitzten sich zu. Jüngstes Beispiel: Insulin-Spritzen. „Weil bestimmte Wirkstoffe nicht erhältlich sind, müssen Patienten, die zum Teil langjährig gut eingestellt sind, auf neue Spritzen umsteigen. Dabei drohen erhebliche Nebenwirkungen.“ Auch Mittel gegen Bluthochdruck sowie Schilddrüsen-Präparate seien betroffen. Krude: „Unvorstellbar, dass so etwas in Deutschland passiert.“