Bochum/Bottrop. Nach einem Gewaltexzess in einer Bochumer U-Bahn-Station stehen eine Frau und ein Mann vor dem Schwurgericht. Es geht um ein Zechgelage.

Polizeibeamte sprachen nach dem Gewaltexzess von einer „Brutalität, die sie selten gesehen haben“. Ein 44-jähriger Bochumer war am Silvestermorgen in der Bochumer U-Bahnstation Lohring bei einem Zechgelage über einen Zeitraum von zwei Stunden so massiv misshandelt worden, dass potenzielle Lebensgefahr herrschte. Die beiden, die das getan haben sollen, sitzen seit Montag vor dem Schwurgericht. Vorwurf: versuchter Totschlag.

Angeklagt sind eine 31-jährige Bochumerin und ein 33-jähriger Bottroper. Laut Anklage hatten sie mit dem 44-Jährigen am 31. Dezember ab 8.30 Uhr in einer Nische auf der Zwischenebene des Bahnhofs sehr viel Alkohol getrunken. Dann kippte die Stimmung aus unbekannten Gründen. Plötzlich soll die Frau auf den 44-Jährigen eingeschlagen und -getreten und der 33-Jährige sich dem angeschlossen haben. Den Tod des Opfers hätten sie billigend in Kauf genommen.

Mit Glasscherbe in den Hals geschnitten

Am Ende soll die Frau eine Wodka-Flasche gezielt auf den Kopf des bereits furchtbar zugerichteten Bochumers geworfen haben, so dass sie zerbrochen sei. Mit dem abgebrochenen Flaschenhals habe sie auf den Kopf gezielt und den Hals in der Nähe der Halsschlagader getroffen. Das Opfer erlitt Brüche des Joch- und Nasenbeins, Einblutungen zwischen Hirnhäuten sowie eine Schnittverletzung am Hals.

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„Das Gesicht war sehr stark zugeschwollen, beide Augen“, erklärte eine Polizeibeamtin, die den Mann auf dem Rücken liegend gesehen hatte. „Er hat nicht viel gesagt. Die meiste Zeit hat er nur gestöhnt.“ Im Krankenhaus wurde er notfallmäßig versorgt. Heute soll er die Verletzungen überwunden haben.

Alle drei Beteiligten waren betrunken. Der Bottroper lag zum Beispiel bei drei Promille. Über die Mitangeklagte sagte die Polizeibeamtin: „Ich kann mich erinnern, dass sie sich an der Wand festhalten musste, weil sie schwankte.“

Das Opfer ist für das Bochumer Schwurgericht zurzeit nicht greifbar

Bis heute sitzen beide in U-Haft. Sie sind vorbestraft, ohne Beruf, arbeitslos und suchtkrank. Vor der Tat hatten sie sich gar nicht gekannt. Das Opfer werden sie im Prozess womöglich gar nicht wiedersehen, weil es für das Gericht nicht auffindbar ist. Es soll dem Alkohol verfallen sein. Zuletzt fiel der 44-Jährige im Juni bei einem Ladendiebstahl in Langendreer auf.

Zum Prozessauftakt bekundeten beide Angeklagte über ihre Verteidiger ihr Bedauern über die Gewalt und beriefen sich auf Erinnerungslücken. Die Frau wusste aber noch, dass sie das Opfer auf keinen Fall habe töten wollen.

Den Notruf hatten damals beherzte Passanten abgesetzt. „Das Ganze war an Brutalität nicht zu überbieten“, sagte einer der Helfer (71). Zusammen mit zwei weiteren Zeugen (23, 25), die eingriffen, wurde er später von Polizeipräsident Jörg Lukat geehrt.

Zum Prozessauftakt wurden auch Tatortbilder auf einer Leinwand gezeigt, allerdings nicht für die Öffentlichkeit.