Bochum. Im Sommer 1974 ging das legendäre Musikfest erstmals auf Haus Kemnade in Bochum über die Bühne. Zum Jubiläum im nächsten Jahr ist viel geplant.
Es war der 28. Juni 1974: Auf dem ehrwürdigen Wasserschloss Haus Kemnade zwischen Bochum und Hattingen ging erstmals ein Musikfest über die Bühne, das Geschichte schreiben sollte. „Kemnade International“ feierte mit Künstlern vieler Nationen die ungehemmte Lust an Musik, Tanz, Kultur und Kulinarik. Im nächsten Jahr feiert das Festival, das in veränderter Form bis heute besteht, seinen 50. Geburtstag. Dazu planen Kunstmuseum, Stadtarchiv, Bahnhof Langendreer und IFAK gleich mehrere Aktionen und Ausstellungen – und setzen dabei ganz auf die Mithilfe der Bochumerinnen und Bochumer.
Festival „Kemnade International“ in Bochum feiert 50. Geburtstag
Gerade bei den Älteren dürfte „Kemnade International“ bis heute viele Erinnerungen wecken. Das jährlich stattfindende Sommerfest im Innenhof von Kemnade zog Arbeiter, Studenten, Intellektuelle und Künstler jeglicher Couleur an die Ruhr. Anfangs hatte das Treffen noch etwas Folkloristisches, später kamen auch Gesprächsforen und politische Debatten hinzu. „Da wurde teilweise richtig hart diskutiert“, sagt Kuratorin Eva Busch vom Kunstmuseum.
Im Sommer 1974 war es der damalige Museumsdirektor Peter Spielmann (1932-2020), der das Festival gemeinsam mit der Stadt aus der Taufe hob. „Die Idee war, eine städtische Kulturarbeit zu entwickeln, die sich nicht nur an ein bürgerliches Publikum richtete“, so Busch. Bekanntlich kamen in den 60er und 70er Jahren viele als „Gastarbeiter“ bezeichnete Menschen in den Ruhrpott, sie fanden Arbeit in den Bergwerken und Stahlhütten. Der Kontakt zur alteingesessenen Bevölkerung war damals sehr eingeschränkt, was wohl nicht nur an den Sprachbarrieren lag. „Hier den Austausch zu suchen, war ein Ziel von Kemnade International“, sagt Kai Rawe, Leiter des Stadtarchivs.
Musik, Debatten, Kunst und gutes Essen
Mit Musik, Debatten, Kunst, Begegnung und gutem Essen schrieb sich die Veranstaltung ins kollektive Gedächtnis einer ganzen Region ein. „Heute wird oft vergessen, wie qualitativ hochwertig das Programm vom Start weg war“, betont Eva Busch. Einer der ersten und bedeutenden Musiker des Festivals war Hüsnü Isik, ein Virtuose auf der türkischen Baglama, der auch die Situation und die Gefühlslage der Gastarbeiter-Generation in Musik umsetzte. „Ich kenne die Frühphase nur aus Erzählungen, aber die Atmosphäre in dem Innenhof muss unglaublich gewesen sein“, sagt Eva Busch.
Zu seinen stärksten Zeiten erlebte „Kemnade International“ einen Massenansturm von etwa 60.000 bis 80.000 Besuchern an drei Tagen. Das war auch der Grund, warum das Festival aus der zu eng gewordenen Wasserburg auszog. „Nach dem Unglück bei der Love Parade 2010 in Duisburg wurden die Sicherheitsbedenken zu groß und man schaute nach einem größeren Areal“, sagt Miriam Witteborg vom Bahnhof Langendreer. Seit 2012 findet „Ruhr International“ alle zwei Jahre als Kooperation zwischen Bahnhof, Kulturbüro und Bochumer Veranstaltungs-GmbH an der Jahrhunderthalle großen Anklang (wieder 2024).
Fotos, Videos, Audioaufnahmen und Anekdoten gesucht
Zum 50-jährigen Bestehen gibt es mehrere Aktionen: Ab Mitte Oktober plant das IFAK-Projekt „Bochum – Stadt der vielen“ im Stadtarchiv eine Ausstellung mit Porträts von zugewanderten Menschen. „Da suchen wir noch viele Materialien auch aus der Zeit von Kemnade International“, sagt Projektleiter Patrick Ritter.
Das Kunstmuseum zeigt im kommenden Frühjahr eine umfassende Ausstellung rund um das legendäre Festival im ersten Obergeschoss: „Das wird richtig groß mit vielen Künstlern von damals und Musik auf der Dachterrasse“, verspricht Eva Busch. Auch auf Kemnade selbst will das Kulturbüro eine Fotoausstellung und Live-Musik im Innenhof anbieten.
Wer hat Fotos und Filme von „Kemnade International“?
Zum Jubiläum von „Kemnade International“ wird eine Vielzahl von Materialien gesucht, die die Geschichte des Festivals dokumentieren: darunter Fotos, Filme und Audioaufnahmen, die damals dort aufgenommen wurden. „Wir sind auch daran interessiert, mit Menschen zu sprechen, die uns ihre Anekdoten und ihre Erfahrungen erzählen möchten“, sagt Kai Rawe vom Stadtarchiv.
Dieses gesammelte Material soll Eingang in die Ausstellungen finden und später langfristig im Stadtarchiv aufbewahrt werden. Kontakt im Stadtarchiv (Wittener Straße 47) unter 0234 910 9511 und stadtarchiv@bochum.de