Bochum. Als Energiesparmeister haben sich die Bochumer im Krisenwinter erwiesen. Die Stadtwerke ziehen Bilanz: Was heißt das mit Blick auf die Preise?

Trotz der Energiekrise haben die Stadtwerke Bochum das turbulente Geschäftsjahr 2022 mit einem satten Überschuss in Höhe von 66,7 Millionen Euro abgeschlossen. Da die Beschaffungspreise wieder deutlich gesunken sind, wird es im laufenden Jahr keine Preiserhöhung bei Gas, Strom und Wasser geben, so der kaufmännische Geschäftsführer Frank Thiel. Der Fernwärmepreis könnte sogar noch leicht sinken.

Stadtwerke Bochum loben „signifikante Einsparerfolge“

Ein großes Lob spricht der Energieversorger den Verbraucherinnen und Verbrauchern aus. Der milde Winter und „signifikante Einsparerfolge in Bochum, aber auch bundesweit, von Haushalten und Unternehmen haben dazu geführt, dass wir gut durch die kalte Jahreszeit gekommen sind und alle Krisenpläne in den Schubladen belassen konnten“, sagt Dietmar Spohn, Sprecher der Geschäftsführung des städtischen Tochterunternehmens. Der Bochumer Gasabsatz ist in 2022 im Vergleich zu 2021 um etwa 21 Prozent gesunken. Der Stromabsatz lag um drei Prozent unter dem Vorjahreswert.

Schon jetzt haben die Gasspeicher den für September vorgesehenen Füllstand von 75 Prozent überschritten. Dennoch könne in Sachen Energiesparen keine Entwarnung gegeben werden. In einem kalten Winter würden die vollen Speicher für zwei Monate reichen, so Spohn. „Das Ziel muss weiterhin sein, 15 bis 20 Prozent Gas gegenüber den Vorjahren, in denen rund die Hälfte des deutschen Erdgasverbrauchs aus Russland importiert wurde, einzusparen.“

Energieunternehmen führt 57,5 Millionen Euro Gewinn an Stadt ab

Bochum als Eigner der Stadtwerke profitiert erneut erheblich von den erfolgreichen Geschäften. Von den 66,7 Millionen Euro Gewinn gehen 57,5 Millionen Euro an die Stadt. Dazu kommen Konzessionsabgaben in Höhe von 21,3 Millionen Euro für den „Versorgungsauftrag“ und die Nutzung der Infrastruktur. Spohns Fazit: „Die Stadtwerke Bochum sind krisenfest. Wir haben unsere Unternehmensziele erfüllt.“

Nicht geäußert hat sich der Stadtwerke-Chef bei der Vorstellung der Geschäftszahlen am Mittwoch zu Spekulationen über Gewinnausschüttungen und mögliche Verkaufserlöse beim Energieunternehmen Steag, an dem Bochum zu 18 Prozent beteiligt ist. Dass sich die Geschäftsführung von Miteigner Dortmund (DSW21) während des Verkaufsprozesses dazu öffentlich geäußert hatte, nennt Spohn „unprofessionell“ und „schädlich“. Er kündigt Konsequenzen an.

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Fernwärmenetz soll verdoppelt werden

Die anderen Beteiligungen des Unternehmens haben 35,8 Millionen Euro und damit mehr als die Hälfte des Stadtwerke-Gewinns eingebracht. Allein 28,4 Millionen kommen von der Gelsenwasser AG. Geld verdienen wird Bochum nach Jahren hoher Verluste voraussichtlich aus der Beteiligung am Trianel-Kohlekraftwerk Lünen. „Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr und im nächsten Jahr ein Ergebnis von etwa 30 Millionen Euro erzielen können“, so Frank Thiel.

Stadtwerke kündigen Callcenter

Vor große Herausforderungen hat die Energiekrise die Stadtwerke Bochum nicht nur bei der Energiebeschaffung und der Preisgestaltung gestellt. Auch die Krisenkommunikation hat dem Unternehmen viel abverlangt, so Geschäftsführer Frank Thiel.

Während in der Regel wöchentlich etwa 5000 Anrufer die Hotline anrufen, waren es in Spitzenzeiten der Krise etwa 20.000 Anrufer und mehr, „manchmal sogar 5000 an einen Tag“. „Das haben wir auch nicht alles perfekt abwickeln können, da gab es auch Wartezeiten“, räumt Thiel ein.

Den Vertrag mit dem bisherigen Dienstleister haben die Stadtwerke nach eigenen Angaben mit Wirkung zum 31. März 2023 außerordentlich gekündigt und die O-TON Call Center Services GmbH aus Dortmund übergangsweise mit Callcenter- und Servicetätigkeiten beauftragt.

Etwa 250.000 Kunden, die Gas, Strom, Wasser und/oder Fernwärme beziehen, haben die Stadtwerke. Insgesamt 3800 Neukunden sind beim Strom und 1800 beim Gas hinzugekommen.

Die großen Herausforderungen, Wärmewende und Digitalisierung, will der Energieversorger mit Investitionen in Milliardenhöhe angehen. Geplant ist zum Beispiel die Verdopplung des Fernwärmenetzes von jetzt 230 auf etwa 450 Kilometer Länge und damit von derzeit 26.200 Bochumer Haushalten auf mehr als 50.000. Dabei hat er unter anderem die Innenstadt und deren Rand im Blick. Näheres ergebe sich aus der kommunalen Wärmeplanung, die der Bund jeder Kommune aufgetragen hat. Die Basis haben die Stadtwerke dafür mit dem bereits abgeschlossenen Projekt „Wärmewende Bochum“ gelegt. Deshalb sehen sie sich gut gerüstet für die kommenden Aufgaben.

Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro

Nachdem in den vergangenen fünf Jahren 100 Millionen Euro in das Fernwärmenetz investiert wurden, sollen in den nächsten Jahrzehnten weitere 450 Millionen Euro für den Ausbau ausgegeben werden, u.a. auch für Wasserstoffanlagen. Für das Stromnetz, das u.a. wegen des steigenden Einsatzes von Wärmepumpen und von elektrisch betriebenen Fahrzeugen leistungsfähiger werden muss, sind Investitionen von etwa 500 Millionen Euro geplant.

Nach Ausgaben von bislang 420 Millionen Euro für erneuerbare Energien (Wind, Sonne) sollen in diesem Bereich weitere 130 Millionen Euro ausgegeben werden. Über die Stadtwerke-Tochter Glasfaser Ruhr sollen jährlich 5000 Häuser an das Glasfasernetz angeschlossen werden. Dazu müssen jährlich 150 Kilometer Leitungen gelegt werden. Investitionsvolumen: 250 Millionen Euro. „Wir haben eine Menge vor der Brust“, so Spohn.