Bochum. Die Bochumer Kliniken ächzen unter massiven Kostensteigerungen. Der Staat müsse helfen, hieß es am Dienstag. Protestiert wurde auch im Augusta.
Die Krankenhäuser rufen die „Alarmstufe Rot“ aus: Geschäftsführung und Mitarbeiter der Augusta-Klinik postierten sich am Dienstagmorgen vor dem Haupteingang an der Bergstraße. Sie beteiligten sich am bundesweiten Aktionstag „Krankenhäuser in Not“, mit dem die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf die eklatante Finanzlage aufmerksam machen will.
Protest in Kliniken: Augusta fährt bis zu 400.000 Euro Verluste ein
Vor einem unkontrollierten Wegbrechen von Klinik-Standorten in NRW bereits 2024 hatte zu Wochenbeginn der Präsident des DKG-Landesverbandes, Ingo Morell, in einem WAZ-Interview gewarnt. In der Tat sei die Situation der Krankenhäuser vielerorts existenzbedrohend, bekräftigt Mario Kleist, Mitglied der Geschäftsführung der Augusta-Kliniken mit 2500 Beschäftigten.
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Massiv seien die Kostensteigerungen, denen sich die Krankenhäuser in nahezu allen Bereichen ausgesetzt sähen – vor allem bei der Energie. Hinzu kommt: Ab dem Sommer werden die Tariferhöhungen mit Einmalzahlungen und späteren Lohnzuschlägen wirksam. „Durch das starre Fallpauschalen-System können wir die erhöhten Ausgaben nur teilweise und mit zwei Jahren Verspätung weitergeben“, berichtet Mario Kleist. Folge: „Wir machen aktuell 300.000 bis 400.000 Euro im Monat Verlust.“
Krankenhausreform käme für manche Standorte zu spät
Durch Sparmaßnahmen sei das nicht aufzufangen, „ohne Abstriche beim Versorgungsauftrag zu machen“, so Kleist. Dabei sei man als gemeinnütziges Haus nicht auf Gewinne ausgerichtet: „Wir wollen nur solide wirtschaften können.“
Die geplante Krankenhausreform verspreche für die Kliniken zwar eine verbesserte finanzielle Grundausstattung. Bis dahin werde es womöglich aber noch Jahre dauern, glaubt Mario Kleist. Wirksame Unterstützung müsse die Politik daher jetzt leisten.
KKB-Chef Hanefeld: Tariferhöhungen kosten 15 Millionen Euro
Das unterstreicht Prof. Christoph Hanefeld, Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochums. Das KKB schließt sich – wie auch das Knappschaftskrankenhaus und das Bergmannsheil – der Protestaktion an. „Die dramatischen Worte der Krankenhausgesellschaft sind gerechtfertigt“, so Hanefeld auf WAZ-Anfrage.
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2022/23 hätten die sechs Milliarden Euro Hilfszahlungen des Bundes noch Schlimmeres verhindert. 2024 jedoch würden es nur wenige Krankenhäuser ohne staatlichen Beistand schaffen. „Die Schere öffnet sich immer weiter. Bei uns schlagen allein die Tariferhöhungen, die ich jedem von Herzen gönne, mit 15 Millionen Euro zu Buche“, rechnet Hanefeld vor. „Alle benötigen eine verlässliche Sicherheit bei der Finanzierung: die Krankenhausträger, die Beschäftigten, vor allem aber unsere Patientinnen und Patienten“, heißt es im Knappschaftskrankenhaus Langendreer.
Laumann: Der Patient zählt, nicht die Kostenkalkulation
Die Krankenhausreform war zu Wochenbeginn auch Thema beim Festakt zum 175-jährigen Bestehen des St.-Elisabeth-Hospitals als Keimzelle des heutigen Katholischen Klinikums Bochum. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) warb im Planetarium für die Reform. „Ich halte es für falsch, Krankenhäuser in den Wettbewerb zu stellen.“ Oberste Richtschnur müsse der Bedarf der Patienten sein, nicht die Kostenkalkulation der Kliniken. Laumann: „Krankenhäuser sind für die kranken Menschen da, nicht umgekehrt.“
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Derweil machen die niedergelassenen Ärzte bereits ein Angebot. Sollte – wie von der Deutschen Krankenhausgesellschaft befürchtet – in den nächsten Jahren jede fünfte Klinik schließen müssen, könnten die freiwerdenden 20 Prozent Personal sofort in den Praxen weiterbeschäftigt werden, so die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Der Bedarf sei groß. In Bochum sind laut KVWL-Bezirkschef Dr. Eckhard Kampe allein acht Hausarztpraxen derzeit nicht besetzt.