Bochum. Bedürftige Kinder warten in Bochum vergeblich auf die Bewilligung ihrer Nachhilfestunden. Bei der Stadt liegen über 2000 unbearbeitete Anträge.
Klassenfahrten, Mittagessen in der Schule oder Kita, Nachhilfe und Sportvereine: Damit bedürftige Kinder, Jugendliche und jungen Erwachsene am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen können, erhalten sie Geld von der Stadt Bochum – wenn sie es beantragen. „Bildung und Teilhabe“ (BuT) nennt sich diese Leistung. Die CDU-Fraktion weist darauf hin, dass die Bearbeitung der Anträge derzeit überdurchschnittlich lang dauert. Das hat Konsequenzen für Schülerinnen und Schüler.
10.382 Anträge seien in den ersten drei Monaten dieses Jahres bei der Stadt eingegangen. „Der Rückstand in der Bearbeitung liegt bei etwa einem Viertel, ist jedoch starken Schwankungen unterlegen“, heißt es von Sprecher Thomas Sprenger auf Anfrage unserer Redaktion. „Es werden mit Nachdruck und fortlaufend immer wieder Anträge bearbeitet und zahlbar gemacht.“
Stadt Bochum bewilligt Nachhilfeanträge nicht
Die Konsequenzen des Bearbeitungsstaus bekommt unter anderem Meike Endemann tagtäglich zu spüren. Sie ist zuständig für die Lernförderung an der Feldsieper Schule, hat dort 2016 ein Nachhilfeinstitut gegründet. „Wir versuchen, Anträge durchzubekommen, doch die Beantragung dauert momentan sehr lange“, schildert Endemann und nennt ein Beispiel.
An der Grundschule in Hamme habe in den Wochen um die Osterferien der Elternsprechtag stattgefunden. Dabei sei es immer wieder vorgekommen, dass Lehrer und Eltern gemeinsam feststellen, dass Nachhilfe einzelnen Schülerinnen und Schülern helfen könnte.
Auch interessant
Familien, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Wohngeld- oder Kinderzuschlag erhalten, Asylbewerber sind oder ein geringes niedriges Einkommen haben, können auch einen Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket haben. Das heißt: Die Kosten für die Nachhilfe würden in diesem Fall für sie übernommen.
Eigentlich, denn: „Aufgrund von erhöhten Antragszahlen und Personalvakanzen dauert die Bearbeitung der Anträge aktuell überdurchschnittlich lange“, bestätigt auch die Stadt Bochum auf ihrer Homepage. Da sorgt für zahlreiche unbearbeitete Anträge. Ein weiteres Problem, das zum Beispiel die Feldsieper Grundschule betrifft: Ein Bearbeitungsstau führe dazu, dass schon lange gestellte Rechnungen nicht bezahlt würden und die Bezahlung der etwa 20 Studierenden, die Nachhilfe geben, zu schwierig werde.
So stellt die Stadt Bochum sicher, dass Klassenfahrten oder Mittagessen bezahlt werden
Stadtsprecher Sprenger nennt weitere Ursachen für den Bearbeitungsstau: „BuT verzeichnete in 2022 das größte Antragsvolumen seit 2011.“ Die Quote der erreichten Anspruchsberechtigten konnte auf etwa 75 Prozent gesteigert werden. Das liegt daran, dass mehr Kinder Anspruch auf die Leistungen haben, hinzu kämen die geflüchteten Familien aus der Ukraine.
Viele durch Corona verschobene Klassenfahrten und Ausflüge würden derzeit nachgeholt, die Zahl der Anträge habe um rund 134 Prozent zugelegt. „Zudem ist der Bedarf an Lernförderung seit Corona sehr deutlich angestiegen“, so Sprenger.
Wie lang die Bearbeitung der Anträge bei der Stadt genau dauert, könne man nicht sagen, da zum Beispiel Anträge auf Klassenfahrten immer so schnell wie möglich bearbeitet werden, damit das betreffende Kind auch teilnehmen kann. Ähnliches gelte auch für die Übermittagsbetreuung. „In solchen Fällen werden Rücksprachen mit dem Lehrpersonal oder den jeweiligen Anbietern kooperative Arrangements im Sinne des Kindes getroffen“, sagt Sprenger.
Besserung ist derzeit nicht in Sicht
Doch wann könnte Besserung in Sicht sein? „Aktuell werden verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten des Sachgebietes geprüft. Eine spürbare Entlastung wird aber erst im Herbst möglich sein“, so der Sprecher der Stadt Bochum.
„Die Verwaltung versichert, dass kein Kind zu kurz kommen soll, weil ein Antrag noch nicht bearbeitet ist. Es wäre in der Tat fatal, wenn deswegen jemand nicht mit auf Klassenfahrt gehen könnte“, erklärt Karsten Herlitz, neuer Fraktionsvorsitzender und jugendpolitischer Sprecher der CDU. „Genauso fatal ist aber bereits jetzt die Überlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit BuT befasst sind. Das müssen wir im Auge behalten.“