Bochum-Wiemelhausen. Renato Milana ist seit über 25 Jahren Hausmeister an der Schiller-Schule Bochum – mehr noch: „Seele der Schule“, sagt deren Leiter. Ein Porträt.
- Hausmeister Renato Milana ist an der Schiller-Schule in Bochum eine Institution
- Tausende Schülerinnen und Schüler hat er kommen und gehen gesehen
- Die Arbeit am Gymnasium ist für den 62-Jährigen viel mehr als ein Job
Gut, dass die Ferien vorbei sind. Seit Montag ist wieder Leben an und in der Schiller-Schule – „Gott sei dank!“, sagt Renato Milana. Was wär’ Schule ohne Kinder? „Es gibt nichts Schöneres als fröhliche, tobende Kinder“, sagt Milana. „Wenn ich die Kinder sehe, dann lacht mein Herz.“ Man muss an dieser Stelle auch fragen: Was wär’ die Schiller-Schule ohne Renato Milana? Schwer vorstellbar.
Seit mehr als 25 Jahren ist der Mann Hausmeister an dem Gymnasium am Waldring, aber eigentlich ist er doch so viel mehr: „Rückgrat und Seele der Schule, ein Unikat“, sagt Schulleiter Eike Völker überzeugt. Milana selbst sagt über sich: „Ich bin der Dinosaurier hier, ein Allrounder. Und manchmal auch Seelsorger.“
Hausmeister an der Schiller-Schule: Manch ein Schüler hier nennt ihn „Cheffe“
Tausende Schülerinnen und Schüler hat der 62-Jährige in einem Vierteljahrhundert kommen und gehen sehen, vier Schulleitungen und mindestens einen kompletten Generationswechsel im Lehrerkollegium miterlebt. Er habe eine besondere Verbundenheit zur Schule, sagt Milana. „Ich bin nicht nur der Hausmeister, ich bin der Freund von den Schülern.“
Zugewandt, aber nicht anbiedernd. Locker und lustig, niemals respektlos. „Ich rede mit einem Fünftklässler genau so wie mit dem Schulleiter!“, sagt Milana. Und wer ehemalige Schiller-Schülerinnen und -Schüler spricht, der bekommt auch Jahre nach deren Abschluss Anekdoten zu hören. 2012 zum Beispiel, da wurde in der Mottowoche der Geschlechtertausch-Tag zu einer Art „Milana-Tag“. Lauter Abiturientinnen im Blaumann: zu Ehren von „Cheffe“, wie ihn manche genannt haben.
Der Arbeitstag beginnt für Renato Milana um 6 Uhr morgens
Auch Schulleiter Eike Völker kann verdeutlichen, was Milana für die Schule bedeutet: „Er war nicht umsonst der erste Hausmeister, der bei der Verleihung des Deutschen Schulpreises mit auf die Bühne geholt wurde.“ Milana, sagt Völker, „lebt die Schiller-Schule“.
Dienst nach Vorschrift, Kernarbeitszeiten? Für den 62-Jährigen, der am Rande des Schulgeländes wohnt, existiert das vielleicht auf dem Papier. Sein Arbeitstag beginnt um 6 Uhr: „Türen auf, Lichter an, der erste Kontrollgang.“ Er gucke immer: Ist auf dem Schulhof alles in Ordnung, liegen auch nirgendwo Scherben rum? „Ich hab’ eine Verkehrssicherungspflicht“, sagt Milana, „die nehme ich sehr ernst!“ Es solle sich kein Kind verletzen.
Die Baustellen an der Schiller-Schule hören gefühlt nie auf
Nach dem ersten Rundgang geht der Hausmeister-Alltag weiter: Ab ins Sekretariat, einen Kaffee mit Frau Kaluza trinken, den Tag durchgehen. Gibt’s Termine? Besprechung mit der Schulleitung: Was liegt an? Absprachen mit Handwerkern und Bauarbeitern. Aktuell werden die Toiletten und die Turnhalle an der Schiller-Schule saniert, fertig ist man hier aber gefühlt nie. „Seit 1999 hab ich nur Sanierungen“, sagt Renato Milana.
Mit dem Schulschluss am Nachmittag ist für den Hausmeister längst nicht Feierabend. „Die Turnhalle ist ja eigentlich grundsätzlich noch bis 22 Uhr auf.“ Außerdem stünden ja immer wieder Veranstaltungen an der Schule an. „Ruhezeit“ – ein dehnbarer Begriff. „Einmal“, erzählt er, „klingelt es, das war freitagabends, kurz vor Mitternacht.“ Vor der Tür: eine Mutter mit ihrem Sohn. Der Junge hatte seine Sportschuhe in der Turnhalle vergessen, am nächsten Tag ein Meisterschaftsspiel. „Kein Problem, gehen wir rüber“, habe er gesagt.
Ex-Schülerin dankte dem Hausmeister nach dem Abi in einem Brief
„Mensch, Renato“, hätten über die Jahre manche zu ihm gesagt, „du wärst auch ein guter Lehrer.“ Der 62-Jährige winkt ab. „Bloß nicht!“ Vorm Schulleiter dürften die Jungs und Mädels Angst haben. „Aber nicht vorm Hausmeister!“
Dann erzählt er von einer ehemaligen Schülerin. „Die war sehr labil.“ Stundenlang habe er mit dem Mädchen auf dem Schulhof gesessen, ihm zugehört, es aufgebaut. Die junge Frau machte Abitur, ein Jahr später bekam Milana Post: „Da hat sie sich bedankt für die Fürsorge. Da weiß man: Man hat alles richtig gemacht.“
Für den Hausmeister rückt der Ruhestand näher
So langsam ist Milana auf der Zielgeraden seines Arbeitswegs angekommen. Gute zwei Jahre noch, dann ist Schluss für ihn. Auch für die Schiller-Schule wird das eine Zäsur. Schulleiter Eike Völker will sich „das noch gar nicht vorstellen“. Wenn Renato Milana in den Ruhestand geht, dann endet eine One-Man-Show. Die Lücke, die er hinterlässt, wird von zwei Nachfolgern im Schichtbetrieb gefüllt, kein Hausmeister mehr auf dem Schulgelände wohnen.
Und Milana? Der denkt laut über ein „Sabbatjahr“ nach – kann sich einen Alltag ganz ohne Aufgabe aber auch nicht vorstellen. „Wer rastet, der rostet“, sagt er, „ich muss weiter was mit Kindern machen“. Fest steht: Er wird ausziehen aus der Hausmeisterwohnung am Rande des Schulhofs. „Wenn ich hier bleiben würde, bräuchte ich ja nicht in Rente zu gehen.“
Zur Person: Renato Milana
Renato Milana ist im März 1961 in Gelsenkirchen („auf Schalke!“) geboren und in Bochum-Gerthe aufgewachsen. Seine Eltern stammen aus Italien („Ich bin in Sizilien produziert“), Milana selbst aber spricht kein Italienisch.
Zum Schul-Hausmeister wurde der gelernte Maler über Umwege: 1985 fing er bei der Stadt Bochum im Fuhrpark an. Sein Schwiegervater war da schon Hausmeister an der Schiller-Schule. Milana übernahm zunächst den Posten an der Arnoldschule am Springerplatz, wechselte später zur Feldsieper Straße. Als der Schwiegervater in den späten 1990ern in den Ruhestand ging, übernahm Renato Milana am Waldring.
Der 62-Jährige hat zwei erwachsene Söhne und ist stolzer Opa eines acht Monate alten Enkels.