Bochum. Der 60 Meter hohe Schornstein des früheren Kraftwerks an der Wohlfahrtstraße wird am Samstag gesprengt. Fragen und Antworten im Überblick.
- Der Schornstein des früheren Prinz-Regent-Kraftwerks in Bochum-Wiemelhausen wird am Samstag gesprengt
- Die Stadt richtet eine Evakuierungszone ein, betroffen sind einige Nachbarhäuser
- Im 60 Meter hohen Turm kommen zwölf Kilogramm Sprengstoff zum Einsatz
Mit einer spektakulären Aktion endet am Samstag, 1. April, ein Stück Industriegeschichte in Bochum. Auf dem Gelände des ehemaligen Heizkraftwerks an der Wohlfahrtstraße im Stadtteil Wiemelhausen wird der 60 Meter hohe Schornstein gesprengt. Die wichtigsten Informationen im Überblick:
Schornstein-Sprengung in Bochum: Um welches Gelände geht es?
Mehr als 100 Jahre hat das Prinz-Regent-Kraftwerk Strom und Dampf erzeugt. 2018 wurde es abgeschaltet. Und nun wird es abgerissen. Die Stadt Bochum will auf dem neun Hektar großen Gelände den Gesundheitscampus II bauen. Gekauft hat die Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG) das Areal mit dem 1904 gebauten, bis 1962 mit Kohle und dann mit Erdgas betriebene Kraftwerk von der Hagedorn-Unternehmensgruppe aus Gütersloh. Diese hatte 2019 das Gelände ursprünglich mit dem Ziel erworben, es selbst zu entwickeln. Bis Ende 2023 wollen die Ostwestfalen sämtliche Gebäude auf dem Gelände abreißen und dann das Areal an die WEG übergeben.
Was geschieht am Samstag?
Die finalen Vorarbeiten beginnen am Samstag gegen 9 Uhr, um 11.30 Uhr soll die Sprengung abgeschlossen sein. Wegen der Sprengarbeiten muss die Buslinie 353 am Samstag von etwa 9 Uhr bis voraussichtlich 12 Uhr umgeleitet werden. Dadurch können nach Auskunft der Bogestra die Haltestellen Berneckerstraße und Knappenstraße/Zeche in dieser Zeit nicht angefahren werden.
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Wie groß ist die Aktion?
Für die Sprengung des gemauerten Schornsteins ist das Hagedorn-Tochterunternehmen Deutsche Sprengunion verantwortlich. Das Team von Sprengmeister André Schewcow hat den Schornstein vorab mit etwa 50 Sprenglöchern präpariert, zwölf Kilogramm Sprengstoff kommen zum Einsatz. Für Bochum ist die Aktion sicherlich spektakulär, für die Spezialisten Alltagsgeschäft. Judith Roderfeld, Sprecherin der Hagedorn-Unternehmensgruppe, veranschaulicht das mit einem Vergleich: Bei der Sprengung des Steinkohlekraftwerks Lünen seien im Jahr 2021 rund 420 Kilogramm Sprengstoff nötig gewesen – damals wurden Kühlturm, ein 250-Meter Schornstein und weitere Gebäude zu Fall gebracht. „Aber wir achten selbstverständlich bei jeder Sprengung, unabhängig von der Größenordnung, genaustens darauf, dass alles planmäßig verläuft und die Bauwerke am Ende so liegen wie sie sollen“, erklärt Roderfeld.
Was tut das Spreng-Unternehmen für die Sicherheit?
Es werden am Samstag zwei Detonationen in Wiemelhausen zu hören sein: Der erste Knall dient dem Schutz der eventuell noch in der Nähe befindlichen Tiere. Die eigentliche Sprengung erfolgt direkt im Anschluss. Sogenannte Bigbags, gefüllt mit Wasser, und spezielle Geräte sorgen dafür, dass der Staub gebunden wird. Außerdem habe Hagedorn als Spritzschutz Gebäudeteile stehenlassen, ein ein Meter hohes Fallbett aufgeschüttet sowie an den Grundstücksgrenzen Container positioniert.
Was ist mit Anwohnern?
Aus Sicherheitsgründen wird eine Evakuierungszone rund um den Sprengort eingerichtet. In der Zone stehen mehrere Wohnhäuser. Für Anwohner hat die Stadt eine Betreuungsstelle durch den ASB Bochum an der Wohlfahrtstraße 124 eingerichtet.
Was sagen die Anwohner?
Die beste Aussicht, sagt Jessica Briegert, die hätte eigentlich sie. Von ihrem Schlafzimmer aus blickt die 45-Jährige direkt auf den Schornstein. Am Samstag muss sie ihren Platz in der ersten Reihe allerdings aufgeben. Ihr Wohnhaus liegt in der Evakuierungszone.
Im Erdgeschoss an der Prinz-Regent-Straße 44 sitzt „brion Klimatechnik“, der Kälte-Klima-Fachbetrieb, den Jessica Briegert gemeinsam mit ihrem Mann führt; obendrüber wohnt das Paar. Am Wochenende, wenn der Schornstein fällt, „werden wir uns unseren Hund schnappen und irgendwo in den Wald gehen“, sagt die Firmenchefin. „Ein bisschen Wehmut ist dabei.“ Der Schornstein sei immer ein Fixpunkt für sie gewesen, eine Landmarke. „Wenn ich unterwegs war, konnte ich immer schon von Weitem sehen: Da ist Zuhause!“ Sie habe aber keine Angst, sondern Vertrauen in die Fachleute.
Sprengung in Bochum: Wer ist noch betroffen?
Außer dem Zuhause und Firmensitz des Ehepaars Briegert liegen drei weitere Häuser in der Zone, die am Samstagmorgen evakuiert wird: Ein Wohnhaus und eine Kita an der Ecke Prinz-Regent-/Knappenstraße – und eine Halle, die im Schatten des Kraftwerks neben der „Zeche“ liegt.
Dort führt Denis Lehr das Crossfit-Studio „Blackband Athletics" – am Samstag öffnet er erst um 12.30 statt um 10 Uhr. „Unsere Mitglieder haben dafür Verständnis“, sagt „Blackband“-Inhaberin Janina Malik. Sie fühle sich gut vorbereitet, erzählt sie, der Sprengmeister habe vorab bei ihr angerufen und erzählt, was geplant sei. „Hoffen wir mal“, sagt sie, „dass der Schornstein in die richtige Richtung fällt.“