Bochum. Wochenmärkte haben eine lange und große Tradition – auch in Bochum. Allerdings mehren sich die Probleme. „Der Trend geht abwärts“, sagen Händler.
Sie bestimmen meist an zwei Tagen pro Woche das Bild des Ortskerns in allen Teilen Bochums, sind ein beliebter Treff zum Plauschen und ganz nebenbei kann man dort auch noch einkaufen: die Wochenmärkte. Doch wie ist es eigentlich um ihre Entwicklung bestellt? Sind sie eine veraltete Tradition oder ist für genug Marktkäufer-Nachwuchs gesorgt? Lohnt es sich noch für die Händler oder muss mehr Werbung her? Wir haben nachgefragt.
Zähes Geschäft auf den Märkten vor allem unter der Woche
„Allgemein geht der Trend eher nach unten“, erklärt der Sprecher der Wochenmärkte, Jürgen Greife. „Vor allem unter der Woche ist nicht viel los. Früher kamen noch die Hausfrauen, um ihre Einkäufe zu tätigen. Doch heutzutage gehen die Frauen ja auch arbeiten, völlig verständlich bei der wirtschaftlichen Situation, und erledigen dann meist alles am Wochenende.“ Das sei auch der Grund, warum es bei der Verortung des Marktes kompliziert zuginge: „Es müssen auch immer genug Parkplätze in der Nähe sein, denn der Marktbesuch ist zum Großteil nichts mehr, was man zu Fuß erledigt. Am Samstag kommt dann die Familie mit dem Auto und erledigt den Einkauf.“
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Ähnliches weiß auch Frank Sieg zu berichten, der mit seinem Stand „Kartoffel Sieg“ dienstags und freitags auf dem Wochenmarkt in Langendreer steht. „Der Trend geht abwärts, wochentags erst recht. Wenn überhaupt kommen Stammkunden, die schon seit Generationen den Markt besuchen“, ergänzt Sieg. „Besonders in den Wintermonaten bliebe der Platz oft leer, da bin ich ganz ehrlich. Aber ich glaube auch, dass der Markt an Samstagen seinen Platz in der Bevölkerung hat - selbst wenn viele es hier zu teuer finden und sich die Waren nicht mehr leisten können.“
Ältere Kunden schätzen den Markt als Ort zum Plaudern
„Ich kann es mir aber auch bald nicht mehr leisten, meinen Stand hier aufzubauen“, setzt Cem Kuzu dagegen, der auf dem Wochenmarkt in Langendreer Obst und Gemüse verkauft. Er sagt ganz klar: „Die Märkte sterben aus und die Standpreise sind hoch. Ich mache mir am Ende des Monats Sorgen, wie ich zu Hause meine Miete bezahlen soll. Und Mitarbeiter kann ich auch nicht mehr einstellen.“ Außerdem würde er seine Preise nicht noch mehr erhöhen und das Dilemma so an seine Kunden weitergeben wollen. „Besonders viele ältere Menschen kommen auch gerne her, um einfach mal ein bisschen mit uns zu reden, weil sie vielleicht zu Hause niemanden mehr haben. Und das machen wir ja auch gerne“, berichtet Kuzu liebevoll. „Sie kaufen dann nur wenig ein, weil sie sich mehr von ihrer kleinen Rente nicht mehr leisten können.“
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„Ja, die Preise hier sind etwas höher, als in den Supermärkten“, stimmt Annemarie Schulte zu, während sie pralle, rote Äpfel von Cem Kuzus Stand in ihrer mitgebrachten Einkaufstasche verstaut. „Aber dann kaufe ich halt weniger, dafür aber gezielter. Ich gehe immer mit Einkaufsliste zum Markt. Gute Qualität hat halt ihren Preis.“, sagt die Bochumerin überzeugt. Sie kauft regelmäßig auf Wochenmärkten ein - egal, ob am Samstag oder an Wochentagen. „Ich finde es hier viel appetitlicher und hygienischer als in Einkaufsläden. Nicht jeder darf hier in Obst und Gemüse herumwühlen, man wird von den netten Verkäufern persönlich bedient. Das Sortiment ist viel schöner angerichtet und ich kaufe saisonal und regional. Das ist auch viel nachhaltiger. Ich mache gerne Werbung für den Markt, damit er erhalten bleibt.“
Händler kritisieren Marktorganisator Bochum Marketing
Apropos Werbung: Wie ist denn der Wochenmarkt an sich so marketingtechnisch aufgestellt? „Nicht so gut“, antworten die Händler unisono. Die Zusammenarbeit mit der Bochumer Marketing GmbH, die verantwortlich ist für die Wochenmärkte im Stadtgebiet, sei relativ schlecht und man fühle sich eher im Stich gelassen. „Die Verantwortlichen haben mehr Werbung versprochen, aber es tut sich nichts“, sagt unter anderem Sabrina Atsch, die seit 2014 mit ihrem Textilienstand in Langendreer und Riemke vertreten ist. „Genau so wenig, wie bei der Beschaffung von neuen Händlern für die Märkte. In Langendreer zum Beispiel fehlt definitiv ein Käsehändler.“
Einig sind sich die Betreiber darüber, dass vonseiten der Bochumer Marketing GmbH mehr kommen könnte. Auch im wortwörtlichen Sinne, denn es sei selten mal jemand auf dem Markt, mit dem man über Probleme sprechen könnte oder der sich die Situationen, wie etwa das Ausbleiben der Kunden, mal ansehe.
Stammkunden stellen Wochenmärkten ein gutes Zeugnis aus
„Aber die Kundinnen und Kunden des Marktes sind toll“, lenkt Sabrina Atsch ein und macht damit den Spaß an ihrer Arbeit deutlich. Eine von ihnen ist Katharina Switala, die regelmäßig bei Atsch Hosen oder Oberbekleidung kauft. „Ich arbeite in der Nähe und gehe darum recht häufig zum Markt“, erzählt die Bochumerin. „Und an diesem Stand gibt es so tolle und moderne Kleidung in wirklich sehr guter Qualität, darum ist er auch häufig meine erste Anlaufstelle hier. Zusätzlich bekomme ich als Schlesierin auf dem Markt auch Wurstwaren aus der Heimat, die sonst schwer zu bekommen sind.“