Bochum. Mit „Der Würgeengel“ schrieb Luis Buñuel Filmgeschichte. Jetzt bringt Johan Simons den Klassiker ins Schauspielhaus Bochum – mit Starbesetzung.
Nach „Alkestis“ zur Spielzeiteröffnung legt Intendant Johan Simons im Frühjahr mächtig nach: Noch drei Inszenierungen des Hausherren werden bis zum Ende dieser Saison im Schauspielhaus Bochum zu erleben sein. Sein Wiener „Woyzeck“ kommt Mitte April, der mehrfach verschobene „Macbeth“ ist für Mitte Mai angekündigt. Den Anfang macht „Der Würgeengel“, der seine Premiere am kommenden Freitag, 3. März, um 19.30 Uhr im Großen Haus feiert.
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„Der Würgeengel“ feiert am Freitag Premiere in Bochum
Das Stück basiert auf dem surrealistischen Filmklassiker des spanischen Meisterregisseurs Luis Buñuel (1900-1983), der bis heute unter Filmfans große Anerkennung genießt. Besonders bekannt wurden etwa „Belle de Jour“ mit Catherine Deneuve und „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“, für den er einen Oscar bekam.
Johan Simons verfolgt Buñuels Filme seit den späten 60er Jahren: „Ich war immer ein großer Fan seiner Werke“, erzählt er. „Vor allem seine grenzenlose Freiheit im Denken, aber auch seine Bescheidenheit haben mich beeindruckt. Auch dass er nie in Hollywood gearbeitet hat, rechne ich ihm hoch an.“
Erste Koproduktion zwischen Bochum und Leipzig
Einer seiner Lieblingsfilme aus Buñuels umfangreichem Schaffen ist „Der Würgeengel“ (1962), der bislang eher selten den Weg ins Theater gefunden hat. Dramaturgin Angela Obst hat den Film fürs Schauspielhaus jetzt in eine nur etwa 20-seitige Textfassung übertragen, die mit einem gemischten Ensemble aus Bochum und Leipzig gespielt wird. Dort erlebt die Inszenierung am 10. März ihre Premiere, es ist die erste Koproduktion beider Häuser.
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Das Stück erzählt von einer illustren Abendgesellschaft, die sich zu einer Dinnerparty einfindet. Seltsam ist, dass keiner der Gäste verschwinden kann: „Sie können den Raum einfach nicht verlassen, obwohl die Türen offenstehen“, so Simons. Die Gründe dafür sind unklar. Und so bleiben alle immer weiter zusammen, Tag für Tag, bis die Zeit sich aufzulösen scheint. Es kommt zu Zerwürfnissen, Wahnvorstellungen – und der verzweifelten Suche nach einem Sündenbock. Bis plötzlich ein elfjähriges Mädchen in der Tür steht…
Filmvorlage besitzt erschreckende Aktualität
Für Johan Simons besitzt die über 60 Jahre alte Filmvorlage erschreckende Aktualität: „Wie die Menschen bei Buñuel leben auch wir in einer Gesellschaft, in der niemand weiß, wie es weitergehen soll“, sagt er. Die Krisen unserer Zeit seien allgegenwärtig: „Es ist verrückt! Wir haben alles in der Hand, um die Klimakatastrophe abzuwenden, aber niemand tut etwas und niemand hat einen Plan.“ Dieses „Gefühl der Ohnmacht“ würde bei Buñuel genau beschrieben.
Der Intendant hat seiner Aufführung einen vielversprechenden Untertitel gegeben: „Psalmen und Popsongs“ heißt er. Neben den sechs Schauspielern (darunter Sandra Hüller, Marius Huth und Alexander Wertmann) werden auch zwei Organisten an Hammond- und Kirchenorgel dabei sein. Psalmen von Bach werden ebenso live gespielt wie Popsongs von Portishead bis Billie Eilish.
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Sandra Hüller spielt tragende Rolle
Dass Johan Simons nach „Hamlet“ erneut Sandra Hüller für eine tragende Rolle gewinnen konnte, freut ihn ungemein. Weit über ein Dutzend Mal haben beide mittlerweile schon zusammengearbeitet: „Sie ist eine Künstlerin, die das Publikum elektrisieren kann“, sagt er. „Daneben besitzt sie eine tiefe Konzentration und eine Ruhe in sich selbst, die ungeheuer inspirierend ist.“
Dauer: ca. eine Stunde und 40 Minuten ohne Pause. Wieder am 4./18. März und 19. April. Karten: 0234 33 33 55 55