Bochum. Entsetzen hat der Diebstahl von Skulpturen in Bochum hervorgerufen. Ein Start-up-Unternehmen bietet seine Hilfe an: mit einer pfiffigen Lösung.
Für Entsetzen hat in Bochum der Diebstahl von sechs beliebten Bronzeskulpturen im Stadtpark gesorgt. Frosch Fridolin, ein Schwan und mehrere Fische wurden gestohlen – vermutlich, um sie einzuschmelzen und als Altmetall zu verhökern. Nun gibt es die Hoffnung, alle Figuren so schnell wie möglich ersetzen zu können.
Skulpturen könnten vorübergehend virtuell an ihrem Platz erscheinen
Während die Stadt die Rekonstruktion der Fische bereits in Auftrag gegeben hat, da ihre Gussformen noch erhalten sind, drohte die Wiederbeschaffung von Frosch und Schwan länger zu dauern. Nun bahnt sich aber eine Lösung an – und das vermutlich sogar schnell. Denn: Das Bochumer Start-up-Unternehmen „digifactura“ verfügt über hochauflösende, fotorealistische 3D-Modelle von beiden Figuren. Sie könnten die Grundlage für neue, originalgetreue Abgüsse der Skulpturen dienen.
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Dabei steht der Zufall Pate. „Ich habe im vergangenen Sommer eine neue Ausrüstung angeschafft und wollte sie testen. Und weil ich morgens auf dem Weg ins Büro durch den Stadtpark an den beiden Figuren vorbeikomme, habe ich einfach dort angefangen“, sagt Alexander Philippi, Gründer und Geschäftsführer von Digifactura. Mit Hilfe von Fotogrametrie („da werden mit einer Kamera viele Bilder gemacht und später am Rechner ein 3D-Modell entwickelt“) und Streifenlichtoptometrie, einer optischen Messmethode, entstehen Datensätze. Und diese Daten lassen am Computer nach vielen Rechenstunden ein virtuelles Modell in Form einer 3D-Datei entstehen.
Start-up-Unternehmen verfügt über 3D-Modelle von Frosch und Schwan
„Als ich von dem Diebstahl gehörte habe, habe ich mich gleich mit der Stadt in Verbindung gesetzt und ihr meine Unterstützung angeboten“, so Philippi.
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Bevor möglicherweise neue Skulpturen auf Basis von Philippis 3D-Modellen gegossen werden, müssen aber erst noch Urheberrechtsfragen geklärt werden. Bis dahin könnte immerhin eine Übergangslösung helfen. Die Modelle könnten genutzt werden, um die Skulpturen in sogenannter Augmented Reality („erweiterte Realität“) an ihrem angestammten Platz im Stadtpark erscheinen zu lassen.
Die ursprüngliche Geschäftsidee: virtuelle Rundgänge durch Museen
Wie das funktioniert? „Man bringt einen QR-Code an der Stelle an, wo die Objekte mal standen“, erklärt der Unternehmer. „Statt auf eine Internetseite wird man auf das 3D-Modell verlinkt, das im digitalen Raum an dieser Stelle fest verankert ist. Mit einem Smartphone oder einem Tablet wird das Modell sichtbar, kann es von verschiedenen Seiten fotografieren oder auch Personen neben dem virtuellen Modell fotografieren.“
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Längst schon hat Philippi die Möglichkeiten virtueller Daten ausgelotet. Der 34-Jährige hat 2017 sein Unternehmen gegründet. Die Idee: virtuelle Rundgänge durch Museen zu schaffen. „Ich hatte gedacht, gerade in Corona-Zeiten verschieben Museen ihren Fokus und gehen stärker ins Digitale. Aber was man gemacht hat, waren Videorundgänge und Instagrambeiträge.“
Start-up entwickelt „Kulturpfad der Nationen“
Im Vorjahr hat er ein Konzept für Kunst im öffentlichen Raum erarbeitet. Der Kern: Digitale Sicherungskopien werden fürs Archiv erstellt, aber auch für andere Zwecke, z. B. damit Partnerstädte sich einen Eindruck von der befreundeten Kommune machen können. „Das Konzept habe ich als ,Kulturpfad der Nationen’ der Stadt Bochum vorgestellt. Leider ist es nicht auf Gegenliebe gestoßen“, so Philippi. „Ich bin trotzdem guter Dinge, dass sich früher oder später was ergeben wird. Ich werde auch nicht müde bei den Museen dafür zu werben.“
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Zumal er eine eindrucksvolle Referenz hat: Für das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst in Bochum hat Digifactura einen virtuellen Rundgang durch die Sammlung erstellt. Möglicherweise bekommt das Start-up-Unternehmen unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse nun auch größere Aufmerksamkeit.