Bochum. Ein Startup-Unternehmen aus Bochum entwickelt eine glänzende Idee: virtuelle Rundgänge durch Museen. In Zeiten des Coronavirus ist das gefragt.

Sie tüfteln an einem vielversprechenden Produkt. So vielversprechend, das Alexander und Maximilian Philippi mit ihrem Startup-Unternehmen mehrfach prämiert und finanziell gefördert werden. Ausgerechnet die Corona-Krise verschafft ihnen jetzt zusätzlichen Schub. Ihre virtuellen Führungen durch Museen und Kunstausstellungen sind plötzlich sehr gefragt.

"Wir hatten schon vorher einen Auftrag. Aber jetzt kamen etliche Anfragen. Wir durften auch schon einige Angebote schreiben", sagt Alexander Philippi. In zwei bis drei Wochen werde der aktuelle Museumsauftrag fertig sein. Dann können Kunstinteressierte, die sich angesichts der Auswirkungen des Coronavirus seit geraumer Zeit den Besuch in Museen versagen müssen, virtuell Bilder ansehen, ganze Ausstellungsräume wahrnehmen, durch sie hindurch schreiten, ja sogar Gegenstände in die Hand nehmen. Virtuell natürlich, und nicht real. Aber immerhin. Verraten darf Alexander Philippi indes noch nicht, wer der Auftraggeber ist.

Ausstellungen erleben und Kunst erfassen

"Schon jetzt bieten Museen auf ihren Internetseiten 3D-Rundgänge an", sagt er. Das sei nicht schlecht, letztlich aber nur ein 360-Rundumblick in Räumen und die Betrachtung von Bildern. Digifactura, das ist der Name des Philippi-Startups, schaffe viel mehr. Es biete Besuchern die Chance, eine Ausstellung zu erleben und Kunst zu erfassen. Zugleich haben die Museums-Macher die Möglichkeit, ganz neue, virtuelle Ausstellungen zu schaffen, die über das reale Platzangebot ihrer Häuser hinausgehen. Ein Quantensprung.

Der 31-jährige gebürtige Marler und Wahl-Bochumer hatte 2017 die Idee, das Thema seiner Masterarbeit an der Fachhochschule Dortmund weiterzuentwickeln. Mit Szenografie, der Gestaltung von Ausstellungsräumen, und Kommunikation hat er sich damals beschäftigt. Und irgendwann war die Idee geboren, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Dabei geht es um die 3D-Digitalisierung mit einem schonenden Scan-Verfahren von Kunst- und Kulturgut für Museen als zukunftssicheres Backup ebenso wie um besagte virtuelle Führungen mit AR- und VR-Brillen -- Virtual-Reality- und Augmented Reality-Anwendungen.

Sieger im Senkrechtstarter-Wettbewerb

Eine gute Idee. Das fand erst die FH Dortmund, an der Alexander Philippi ein Exist-Stipendium erhielt, und später auch die Wirtschaftsförderung in Bochum. Erst gewann Digifactura im Vorjahr den mit 15.000 Euro dotierten Senkrechtstarter-Wettbewerb als vielversprechendstes Startup der Region. Und mittlerweile wurde die Firma neben zwei weiteren Startups ins Werk X berufen, dem sogenannten Start-up-Inkubator der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft an der Kortumstraße. Junge Firmen dürfen dort sechs Monate lang die ungewöhnlichen Räume einer sogenannten Co-working-Area nutzen, bekommen fachliche Unterstützung und ein Stipendium in Höhe von 1500 Euro pro Monat für zwei Personen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Ein gutes Umfeld für Gründer, wenngleich die Idee von Werk X, hoffnungsvolle junge Firmen auf dem Weg in den Markt zu unterstützen, momentan Corona-bedingt nicht so greift wie eigentlich geplant. Vor allem das Wissen von Experten und der Austausch der Gründer untereinander soll die Jungunternehmer voranbringen. Das funktioniert derzeit nur bedingt.

Mehrwert für die Besucher

Immerhin: "Wir haben uns auch schon vor Corona so organisiert, dass die Arbeit dezentral erledigt werden kann", sagt Alexander Philippi. Dessen Bruder Maximilian (28), Fahrzeug-Ingenieur und im Unternehmen für das Finanzielle zuständig, absolviert im Rahmen seiner Masterarbeit ohnehin gerade ein Praktikum. Und die beiden anderen Säulen von Digifactura, ein 3D-Artist und ein Programmierer, arbeiten in Köln. Alexander Philippi tüftelt derweil an konzeptionellen Dingen und macht sich etwa Gedanken darüber, mit welchen Informationen und Verknüpfungen Nutzer der virtuellen Rundgänge versorgt werden können. Schließlich sollen die einen echten Mehrwert erfahren im Vergleich zu bloßen Ansicht von Bildern.

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