Bochum. Bochums Gesamtschulen müssen erneut viele Kinder abweisen. Welche am gefragtesten sind und wie viele Familien enttäuscht wurden – der Überblick.
- 846 Anmeldungen sind bei den Gesamtschulen in Bochum fürs Schuljahr 2023/24 eingegangen
- 747 Plätze haben die fünf Gesamtschulen vergeben
- Manch eine Schule musste jedes dritte Kind abweisen
Rund 150 Familien in Bochum sind bei der Anmeldung für die weiterführende Schule enttäuscht worden: 846 Kinder wurden fürs Schuljahr 2023/24 an einer der fünf Gesamtschulen angemeldet – aufgenommen aber insgesamt nur 747 von ihnen, teilt die Stadt jetzt auf Anfrage mit. 99 Kinder müssen sich also einen Platz an einer anderen Schulform suchen. Weitere 53 haben zwar einen Platz an einer Gesamtschule bekommen, allerdings nicht an der von ihnen favorisierten.
An zwei Schulen ist die Lücke zwischen Wunsch und Realität besonders groß: 243 Kinder wollten zum neuen Schuljahr auf die Heinrich-Böll-Gesamtschule wechseln – der Höchstwert in Bochum. 225 stellten sich bei der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule in Wattenscheid vor. Beide Schulen können jedoch nur jeweils rund 165 Fünftklässler aufnehmen – macht einen Überhang von 81 bzw. 59. „Am Ende entscheidet das Los“, sagt Kristian Reichstein, Leiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule.
Heinrich-Böll-Gesamtschule musste jedes dritte Kind abweisen
Für ihn sei das eine zweischneidige Situation, erzählt Reichstein. „Einerseits freut mich das.“ Das sei ja positives Feedback. „Auf der anderen Seite schmerzt es, wenn Sie die Zahlen da liegen sehen.“ Er habe „ziemlich genau jedes dritte Kind“ ablehnen müssen. „Das sind Kinder, die das geplant haben, die sich gefreut haben. Da ist dann ganz viel Enttäuschung.“
Der Trend der vergangenen Jahre, er setzt sich in Bochum fort: Die Gesamtschulen sind anhaltend beliebt, haben aber zu wenig Platz. Im vergangenen Jahr zählte die Stadt insgesamt 820 Anmeldungen für die Schulform, 73 Kinder gingen leer aus. Im Schuljahr 2021/22 schauten 76 Familien bei den Gesamtschulen in die Röhre, 837 Anmeldungen waren es da insgesamt.
51 Anmeldungen an der Gesamtschule Bochum-Mitte – am Ende 98 Aufnahmen
Blickt man noch einige Jahre weiter zurück, war der Anmeldeüberhang sogar noch größer: 150 Kinder mussten Bochums Gesamtschulen im Jahr 2016 abweisen. Die 2018/19 an den Start gegangene Gesamtschule Bochum-Mitte sollte die Not lindern. Jetzt fängt sie einen Teil der Kinder auf, die an ihrer Wunschschule nicht untergekommen sind: 51 Anmeldungen gab es dort, 98 Aufnahmen meldet die Stadt. Damit seien die Kapazitäten aber auch annähernd ausgeschöpft, sagt die Schulleitung auf Nachfrage. Weiter kommentieren will man die Anmeldezahlen aber nicht.
Anmeldungen an anderen Schulen laufen noch
Das Anmeldeverfahren für die anderen weiterführenden Schulen – Gymnasien, Sekundarschulen, Realschulen und Hauptschulen – läuft in Bochum noch. Vom 6. bis 8. Februar konnten sich Eltern und Kinder an den Schulen informieren und dort auch ihre Anmeldung abgeben. Das Verfahren laufe aber noch bis zum 2. März. Danach kann die Stadt einen Überblick über die Zahlen für die einzelnen Schulen geben.
Was aber tun angesichts des Platzmangels an den Gesamtschulen? Seit dem vergangenen Jahr zieht die Stadt Bochum die Anmeldephase für die Gesamtschulen vor – wer leer ausgeht, kann sich dann ins reguläre Verfahren bei den anderen Schulformen einreihen. Für Kristian Reichstein, den Leiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule, steht dennoch fest, dass in der Stadt „mindestens eine vierzügige Gesamtschule fehlt“.
Fehlt eine Gesamtschule? Stadt Bochum verweist auf Sekundarschulen
„Das sieht das Schulverwaltungsamt anders“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk. Es gebe schließlich auch noch zwei Sekundarschulen, inhaltlich gewissermaßen „Gesamtschulen ohne Oberstufe“. Diese hätten in den vergangenen Jahren immer noch Kapazitäten freigehabt.
Wenn nun dauerhaft um die 100 Gesamtschulplätze fehlten, dann müsse man vielleicht über eine neue Gesamtschule nachdenken. Allein: Der Bedarf in einigen Jahren sei „unheimlich schlecht vorherzusagen“, so van Dyk. Man merke das in Bochum gerade umgekehrt – vor zwölf bis 15 Jahren seien Schulstandorte geschlossen worden, die nun fehlten. „Bis eine Schule fertig ist, für die wir jetzt die Planung beginnen, sind die Schüler von heute womöglich schon fertig.“