Bochum. Video-Brillen für Patienten im OP? Das Bochumer Bergmannsheil macht damit gute Erfahrungen. Auch andere Kliniken setzen auf Bild- und Toneffekte.

Die Ärzte verheißen ein „Kinoerlebnis im OP“: Im Bergmannsheil in Bochum können sich Patientinnen und Patienten bei einer Operation mithilfe einer Video-Brille inklusive Kopfhörern in andere Welten träumen. Die Klinik zeigt sich vom Nutzen der Technik überzeugt. Auch weitere Krankenhäuser in Bochum setzen auf Bild- und Toneffekte.

Ein Korallenriff, eine Flugreise durch die Wüste, Dokumentationen, Konzerte oder ein Actionfilm Marke „Mission Impossible“: Wer im Bergmannsheil ohne Narkose unters Messer muss, hat die Wahl zwischen Entspannung und Spannung. Vielfältig ist die Auswahl an Filmen, die während des Eingriffs zu sehen sind.

Video-Brillen im OP: Patienten benötigen weniger Medikamente

Thomas Greskötter, Fachkrankenpfleger und Beauftragter für Medizinproduktesicherheit, hat die beiden Video-Brillen 2022 im Bergmannsheil eingeführt. „Schon vor 30 Jahren gab es den Walkman, um Patienten mit Musik bei einem Eingriff abzulenken“, weiß Greskötter. „Aber mit der Video-Brille sind jetzt auch die Augen einbezogen. Das kommt sehr gut an.“

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Gebrauch gemacht wird von den – vom Bergmannsheil geleasten – Brillen vor allem in der Herzchirurgie: etwa bei minimalinvasiven Operationen an der Herzklappe, bei denen die Patienten wach bleiben. Prof. Peter Zahn, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerzmedizin, empfiehlt die Video-Begleitung: „Zu der Verringerung von Nervosität und Stress kommt hinzu, dass sich die gefühlte Behandlungsdauer deutlich verkürzt. Und wir bemerken, dass der Bedarf an Schlaf- und Beruhigungsmitteln merklich zurückgegangen ist.“

Augusta-Krankenhaus nutzt VR-Technik auf der Palliativstation

Im Augusta-Krankenhaus ist eine VR-Brille (Virtual Reality) im Einsatz. Allerdings nicht im OP. „Wir nutzen sie seit Januar 2022 auf der Palliativstation der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin“, berichtet Sprecherin Jennifer Krämer. Mit der VR-Brille könnten lebensbedrohlich erkrankte Patienten „für eine gewisse Zeit virtuell auf Reisen gehen“, Sonnenaufgänge in der Südsee oder Spaziergänge in Naturlandschaften genießen. Dies führe zu einer Verminderung der Schmerzen, „auch ohne zusätzlich Medikamente einnehmen zu müssen“.

Eine VR-Brille (hier ein Symbolbild) kommt auf der Palliativstation des Bochumer Augusta-Krankenhauses zum Einsatz.
Eine VR-Brille (hier ein Symbolbild) kommt auf der Palliativstation des Bochumer Augusta-Krankenhauses zum Einsatz. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Katholisches Klinikum baut sanfte Behandlungsmethoden aus

Im Katholischen Klinikum Bochum (KKB) werden Video-Brillen derzeit nicht routinemäßig eingesetzt. „Wir haben Produkte eines Herstellers getestet, aber die Einführung wegen ungeklärter Zulassungsfragen und größenbedingten Limitationen zunächst zurückgestellt“, erklärt Sprecher Vassilios Psaltis. Perspektivisch soll hingegen die Hypnose-Medizin ausprobiert werden.

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Zudem lege das KKB bei allen Eingriffen – gerade bei Kindern – größten Wert auf sanfte Behandlungen. So werden im Institut für Kinderradiologie am St.-Josef-Hospital bildgebende Verfahren meist ganz ohne Sedierung oder Narkosen umgesetzt, indem zum Beispiel natürliche Müdigkeits- und Belohnungseffekte genutzt werden. In allen Phasen sei ein Elternteil nah beim Kind – „bis hin zur aneinander gekuschelten Platzierung auf der MRT-Liege“, schildert Psaltis.

Knappschaftskrankenhaus setzt auf „therapeutische Suggestion“

Das Knappschaftskrankenhaus in Langendreer bevorzugt statt Brillen die „therapeutische Suggestion“. Bei OPs unter Vollnarkose werden über einen Kopfhörer von einem MP3-Player „positive und unterstützende Worte“ abgespielt, so Prof. Michael Adamzik, Direktor der Klinik für Anästhesiologie,Intensivmedizin und Schmerztherapie. Er verspricht: „Auch wenn Sie während der Operation keine bewusste Wahrnehmung haben, so nehmen Sie die therapeutischen Suggestionen doch im Unterbewusstsein wahr.“ Studien hätten bewiesen, dass es Patienten nach dem Eingriff besser geht. Adamzik: „Sie haben weniger Schmerzen und benötigen damit auch weniger Schmerzmedikamente.“