Bochum. Im Tierpark Bochum feierte die Kinderklinik des St. Elisabeth-Hospitals den Weltfrühchentag. Eltern eines Frühchen erzählten ihre Geschichte.

550 Gramm wog Maria, als sie im August geboren wurde, rund vier Monate zu früh. „Die Plazenta meiner Frau hat sich einfach aufgelöst, die Ärzte konnten nicht sagen, warum“, erzählt Ibrahim Daho, Vater der heute Zweijährigen. Babys mit diesem Geburtsgewicht haben eine Überlebenschance von nur 50 Prozent.

Die Zeit war nicht einfach für den 37-jährigen ehemaligen Doktoranden am Uniklinikum und seine Frau Khadidja Benlebna (33). Das Kind war mitten in der Corona-Pandemie gekommen, die Mathematiklehrerin war erst wenige Monate zuvor aus Frankreich nach Bochum gezogen. Dabei hatte sie Glück im Unglück: Die Frühchenstation (Neonatologie) im St. Elisabeth-Hospitals Bochum gilt als eine besonders gute Klinik. Die junge Familie war hierher gekommen, weil sie nur wenige Meter zu Fuß entfernt wohnte.

Patientin Maria wog weniger als 550 Gramm

Genau diese Institution feierte sich jetzt selbst, am 17.11., zum Weltfrühgeborenentag. Ehemalige Patientinnen und Patienten und Mitarbeitende der Station streiften gemeinsam durch den Tierpark Bochum. Als eine „Belohnung für die harte Zeit“, so Veranstalter und Leiter des Familienforums, Gregor Betz, der die Eröffnungsrede hielt, zwischen Kuscheltieren und Kinderwagen. Rund 30 Familien waren gekommen, die Pflegenden der Neonatologie trugen lila Mützen mit dem Logo des „World Prematurity Day“.

„Uns ist wichtig, dass die ganze Familie gesehen wird“, sagt Svenja Lange. Seit sieben Jahren ist sie in Bochum Kinderkrankenschwester, „normalerweise pflege ich Tag und Nacht die kleinsten Patienten im Krankenhaus“. Heute sitzt sie im Fossilium des Tierparks an einem braunen Holztisch. Sie kennen sich gut, Pflegerinnen und Eltern, manchmal blieben die Kinder bis zu einem Jahr auf der Station.

Als einen „Mix aus Action und Kuschelzeit“, beschreibt Lange ihren Alltag. Wer in der Neonatologie arbeite, müsse einiges aushalten, auch traurige Rückschläge: „Wir begleiten auch Familien beim Sterben.“ Meistens aber ginge alles gut, und dann freue sich Lange zu sehen, wie die Kinder aus dem Inkubator in die Arme der Eltern gelegt werden können.

Mitarbeitende der Neonatologie begleiten auch beim Sterben

Sie beschreibt damit die Kängurutechnik, die auch der kleinen Maria half. Mehrere Stunden täglich kamen ihre Eltern zum kuscheln, um das Immunsystem ihrer Tochter zu stärken. Dazwischen: Termine beim Physiotherapeuten und Kardiologen, denn die Kleine kam mit einem Herzfehler zur Welt und musste direkt nach der Geburt operiert werden. Alle fünf Minuten wurde ihre Herzfrequenz gemessen, auch nachts, über Monate. Mittlerweile ist das Mädchen aber vollständig genesen. „Maria macht uns fertig. Sie hat so viel Kraft!“, sagt Khadidja Benlebna und lacht. Sie hält ihre Tochter auf dem Arm, die ständig um sich grapscht.

Dass das so ist, sehen die Eltern nicht als selbstverständlich an. „Ich bin mir sicher, in vielen anderen Ländern hätte Maria nicht überlebt“, sagt Ibrahim Daho. Er ist dankbar für die Unterstützung, die seine Familie erhielt. Ganz besonders verbunden fühlt er sich den Mitarbeitenden des bunten Kreises, Teil der Frühchenstation, der auch internationale Familien unterstützt.

Trotzdem, noch einmal möchten die jungen Eltern das Ganze nicht erleben. Auf die Frage, ob sie noch ein Kind möchte, antwortet Benlebna: „Auf gar keinen Fall“. Doch für solche Überlegungen ist gerade sowieso nicht die Zeit: Jetzt darf die Familie erstmal mit ihren ganz persönlichen Helden feiern, was sie gemeinsam geschafft haben: Ein junges Leben zu retten.