Bochum. Zeitweise führte Bochum ein Doppelleben. Tausende Kilometer entfernt gibt es eine Stadt mit denselben Namen. Eine rätselhafte Spurensuche.

Es gibt sie überall: in Alaska, in Hongkong, auf Island und vermutlich in fast jedem Winkel dieser Welt – Bochumerinnen und Bochumer, die es in die Ferne gezogen hat. Aber nicht nur Menschen wandern aus – auch Städte. Allein Hannover soll es 40 Mal in den USA geben. Und Bochum?

40 Hannover, aber kein Bochum in den USA

Fehlanzeige. Jedenfalls in den Vereinigten Staaten, wo bis ins 20. Jahrhundert Deutsche die stärkste Einwanderergruppe bildeten. Nicht selten gründeten die Ankömmlinge in der neuen Welt Städte, die sie nach ihrer alten Heimat benannten: eben Hannover, Berlin, Ulm, um drei der am häufigsten genutzten Namen zu nennen.

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Die Liste ist lang. Aber Bochum ist nicht darauf zu finden. Und auch die weltweite Suche nach dem Namen verläuft mehr oder weniger im Sand. Sollten die 145,66 Quadratkilometer zwischen Herne und Witten, zwischen Essen und Dortmund, etwa einzigartig sein?

Das zweite Bochum liegt 12.743,2 Kilometer entfernt

Vieles spricht dafür. Aber wer tief in der Weltgeschichte gräbt, der entdeckt, dass die von Herbert Grönemeyer als „Blume im Revier“ bezeichnete Stadt eine Zeit lang ein Doppelleben geführt hat. Denn: Tatsächlich gibt es – oder besser gesagt gab es – ein zweites Bochum.

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Und das liegt in Südafrika. Heute heißt es Senwabarwana, liegt 90 Kilometer nordwestlich von Polokwane, 1800 Kilometer entfernt vom Parlamentssitz Kapstadt und hat einige Tausend Einwohner. Bis nach Bochum im Ruhrgebiet sind es 12.743,2 Kilometer.

Gründer soll ein Missionar gewesen sein

Und sonst? Die Informationslage ist dünn. Bei Wikipedia ist nachzulesen, der Missionar Carl Franz und seine Frau gründeten 1890 eine Station und nannten sie nach einem biblischen Gleichnis Bochim (Ort des Weinens). Später soll aus diesem Bochim dann Bochum geworden sein, ehe es den Namen Senwabarwana erhielt, was übersetzt so viel heißt wie „Strom, wo Menschen früher zeichneten und Wasser tranken“.

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2002 wurden erste Namen von Städten, Regionen und Flüssen aus der Kolonialzeit verändert, 2021 folgte eine zweite Welle, wie in etlichen Medien nachzulesen ist. Vermutlich verschwand auch in dieser Zeit das südafrikanische Bochum von der Bildfläche.

Stadtarchivar entdeckt Zeitungsbericht von 1938

Nichts Genaues weiß man nicht. Anfragen dieser Redaktion an die südafrikanische Botschaft in Berlin und die deutsche Botschaft in Südafrika blieben unbeantwortet.

Ausschnitt aus dem Bochumer Anzeiger von Weihnachten 1938.
Ausschnitt aus dem Bochumer Anzeiger von Weihnachten 1938. © WAZ-Repro / Archiv Stadt Bochum

Immerhin: Es gibt es altes Zeugnis, das Bochums Archivar Markus Lutter ausgegraben hat. In der Weihnachtsausgabe des Bochumer Anzeigers von 1938 ist ein Bericht erschienen unter dem Titel „Bochumer Fahrt zum schwarzen Erdteil“.

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Wie kommt der Name Bochum nach Südafrika?

„Was? Bochum in Afrika“, heißt es da zum Einstieg. Und: „Jawohl, das gibt es, und unsere bisherige Einbildung, unser Bochum wäre das einzige auf der Welt, zerfließt in ein Nichts, wenn wir eine genaue Karte von Südafrika zur Hand nehmen, uns dann das Land Transvaal in Südostafrika aufsuchen, von der Hauptstadt Pretoria aus mit dem Finger nordwärts auf der Karte fahren und uns dem Fluss mit dem für unsere Ohren etwas eigenartigen Namen Limpopo nähern! In unmittelbarer Nähe der Soutpansberge entdecken wir dann unser zweites Bochum und stehen einigermaßen erstaunt vor der Frage: Wie kommt der Name unserer Heimatstadt ins ferne Afrika?“

Gründer können Bauern oder Bergleute gewesen sein

Im Norden von Transvaal lag das südafrikanische Bochum. So erzählt es die Geschichte aus dem Bochumer Anzeiger von 1938.
Im Norden von Transvaal lag das südafrikanische Bochum. So erzählt es die Geschichte aus dem Bochumer Anzeiger von 1938. © WAZ-Repro / Archiv Stadt Bochum

Gute Frage. Aber sie bleibt unbeantwortet. Nahe liege die Vermutung, so heißt es, „dass vor nun schon langer Zeit einmal das Schicksal Bochumer Landsleute dort unten zum schwarzen Erdteil verschlagen hat. Ob es Bauern oder Siedler waren? Wir wissen es nicht. Es können auch Bergleute gewesen sein, denn Transvaal ist in seinen mittleren Teilen und auch im Norden reich an bergbaulichen Betrieben.“

Rätselhaftes Bochum.