Bochum. Vorhofflimmern ist tückisch: Unerkannt verursacht die Herzrhythmusstörung häufig einen Schlaganfall. Beim Bochumer Herztag klären Ärzte dazu auf.
Schätzungsweise zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden an Vorhofflimmern. Die tückische Herzrhythmusstörung zählt zu den Volkskrankheiten. Insbesondere Ältere ab 65 Jahren sind betroffen. Unerkannt verursacht das „Störfeuer“ im Herzen häufig schwere Schlaganfälle. Vier Ärzte stellen beim Herztag in Bochum am Mittwoch, 2. November, aktuelle Möglichkeiten zur Diagnose und Therapie von Vorhofflimmern vor.
Herztag in Bochum: Ärzte klären über Vorhofflimmern auf
„Es tut halt nicht weh“, erläutert Martina Dahlmann das Tückische der Erkrankung. Die 62-Jährige landete schon zweimal mit Luftnot in der Notaufnahme. Beim ersten Mal vermutete die pensionierte Lehrerin noch Magen-Darm-Probleme, weil sie ein Druckgefühl im Bereich des Bauches und der Brust verspürte.
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Zwei Wochen lang stellten Ärzte Dahlmann auf den Kopf: Die Diagnose war eindeutig: Vorhofflimmern. Ihr Herz war unbemerkt aus dem Takt geraten. Und es war schon kurz vor zwölf. Beim Ultraschall des Herzens zeigte sich bereits ein Gerinnsel im linken Vorhof. Alarmstufe Schlaganfall! Mit Hilfe eines Stromstoßes (Kardioversion) versetzten die Ärzte im St.-Josef-Hospital das Herz wieder in einen Sinusrhythmus, das Gerinnsel lösten sie mit Hilfe von Medikamenten auf.
Das Vorhofflimmern indes kam wieder. Als die Runden beim Gassigehen mit Gustav, ihrem Labrador-Doodle, immer kürzer und die Luftnot größer wurden, musste Martina Dahlmann erneut ins Krankenhaus. Mitte Oktober nun verödete Dr. Andreas Pflaumbaum bei seiner Patienten mit Hilfe eines Katheters die für das „Störfeuer“ zuständigen Herzmuskelfasern an den Lungenvenen, die in den linken Vorhof des Herzens führen. Je nach Erfordernis kommen bei dieser sogenannten Ablation Kälte oder Hitze zum Einsatz.
Blutpfropf aus dem Herzen verursacht Schlaganfall
„Die Ablation ist heute ein Standardeingriff, um dem elektrischen Chaos im Vorhof zu begegnen“, sagt Pflaumbaum. Sie werde mittlerweile häufig den früher üblichen Behandlungsmethoden mit Medikamenten vorgezogen. „Eine hundertprozentige Sicherheit, dass das Vorhofflimmern beseitigt wird, gibt es aber nicht“, sagt der Leiter der Elektrophysiologie am St.-Josef-Hospital. Auch deswegen müssten Patienten nach der Behandlung, bei der ein kleiner Schlauch (Katheter) durch die Leistenvene in das Herz geschoben wird, Blutverdünner einnehmen.
Staut sich nämlich das Blut im flimmernden linken Vorhof und gerinnt, so besteht die Gefahr, dass dieses Blutgerinnsel irgendwann ausgeschwemmt wird und in den Kopf gelangt. Verstopft es dort ein Hirngefäß, kommt es zum befürchteten Schlaganfall – mit häufig schlimmen Folgen. „Neben Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder koronare Herzkrankheit ist insbesondere das Lebensalter ein Risiko, Vorhofflimmern zu bekommen. Jeder Zehnte über 80 hat diese Diagnose“, so Pflaumbaum. Bei herzgesunden jungen Menschen mit Vorhofflimmern sei das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, hingegen nur unwesentlich erhöht.
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„Bluthochdruck ist die dem Vorhofflimmern am häufigsten zu Grunde liegende Erkrankung“, weiß Professor Michael Gotzmann. Typische Symptome seien zudem neben Luftnot: Schwindel, Herzstolpern, Herzrasen, Angst und Leistungsschwäche. Zusammen mit Andreas Pflaumbaum, Prof. Andreas Mügge und Oberärztin Jill-Cathrin Deising will er am Mittwoch Fragen von interessierten Besucherinnen und Besuchern beantworten. Betroffene Patienten stellen sich sicherlich viele.
Ärzte beantworten Fragen aus dem Publikum
Herztag Bochum 2022
„Turbulenzen im Herz - Vorhofflimmern“ ist eine Veranstaltung des St-Josef-Hospitals im Rahmen der bundesweiten Herzwochen. Der Herztag 2022 findet statt am Mittwoch, 2. November, ab 17 Uhr im St.-Josef-Hörsaalzentrum, Gudrunstraße 56.
Partner der Veranstaltung sind die Deutsche Herzstiftung und die WAZ. Der Eintritt ist wie immer frei. Ein Rahmenprogramm wie es in den Jahren bis 2019 üblich war, ist coronabedingt nicht vorgesehen.
Besucherinnen und Besucher müssen am Mittwoch im Hörsaalzentrum eine medizinische Maske tragen.
Das Expertenteam aus der Kardiologie/ Rhythmologie des St.-Josef-Hospitals besteht aus Prof. Dr. Andreas Mügge (Direktor), Dr. Andreas Pflaumbaum (Leitender Arzt Elektrophysiologie), Prof. Dr. Michael Gotzmann (Geschäftsführender Oberarzt) und Jill-Cathrin Deising (Funktionsoberärztin).
Was muss bei der Einnahme von Blutverdünnern beachtet werden? Was ist auf Reisen wichtig? Wann sind Medikamente besser als eine Ablation. Kommt Vorhofflimmern von Stress? Ich merke gar nichts, muss ich überhaupt behandelt werden? Darf ich Sport machen? Auf alle diese und viele andere Fragen geben die Experten beim Herztag eine Antwort. Drei zehnminütige Vorträge im Hörsaalzentrum sind ab 17 Uhr geplant:
Was ist eigentlich Vorhofflimmern? Wer bekommt Vorhofflimmern (Funktionsoberärztin Jill-Cathrin Deising)
Welche Therapie ist bei Vorhofflimmern möglich? (Dr. Andreas Pflaumbaum)
„Schlaganfall und Vorhofflimmern: Wie können wir schützen? (Prof. Andreas Mügge)
Prof. Michael Gotzmann wird nach den Referaten auf typische Fragen aus der Hochschulambulanz eingehen und Fragen aus dem Publikum einbinden.