Bochum. Sind Kinder als Corona-Überträger weniger ansteckend? Das untersucht eine weitere Klinik-Studie in Bochum. Eine Stiftung leistet Unterstützung.
Kinder geben das Coronavirus seltener weiter als Erwachsene. Das hat Dr. Folke Brinkmann von der Bochumer Kinderklinik 2020/21 in einer bundesweit beachteten Studie dokumentiert. Jetzt hat eine weitere Forschungsarbeit begonnen. Eine Bochumer Stiftung leistet mit einem erstmals verliehenen Preis dabei Unterstützung.
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Folke Brinkmann, Kinderpulmologin und Infektiologin, hatte mit dem Team der Universitätskinderklinik herausgefunden, dass Kinder zwar am Infektionsgeschehen teilnehmen, aber keinesfalls Treiber der Pandemie seien. Denn: Aerosole – winzige Tröpfchen, die der Mensch ausatmet – werden von Kindern in deutlich geringerem Maße an die Umgebung abgegeben als von Erwachsenen. „Sie haben kleinere Lungen und weniger Kraft beim Husten“, erklärt Brinkmann. Ihr Fazit: „Je kleiner, desto weniger Risiko. Dreijährige sind keine Superspreader!“
Corona in Bochum: Jetzt wird die Virenlast in der Atemluft untersucht
Sind Kinder damit auch weniger ansteckend? Das soll in einer neuen Studie erforscht werden, die Folke Brinkmann gemeinsam mit Prof. Stephanie Pfänder aus der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität auf den Weg gebracht hat.
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Auf der Basis der Aerosol-Studie wird untersucht, wie es um die Virenlast in der kindlichen Atemluft bestellt ist. Heißt: Wie infektiös die Jungen und Mädchen im Vergleich zu Erwachsenen sind – nicht nur bei Corona, sondern auch bei anderen Tröpfcheninfektionen, gerade jetzt im Herbst und Winter.
250 Kinder und Jugendliche nehmen an neuer Studie teil
Um das herauszufinden, wollen die beiden Forscherinnen in der Bochumer Kinderklinik und in Kinderarztpraxen 250 Kinder und Jugendliche zwischen zwei und 17 Jahren für die Teilnahme gewinnen. „Sie atmen ein bis zwei Minuten in ein Gerät, das die Anzahl der Partikel in der ausgeatmeten Luft misst“, teilt das Katholische Klinikum mit.
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Die gefundenen Partikel werden im Labor vermehrt, um zu erkennen, wie ansteckend sie sind. Anhand der Virenlast „können wir zu einer besseren Risikoabschätzung für verschiedene Erreger beitragen“, so Brinkmann und Pfänder.
Vogelsang-Stiftung schüttete bereits 3,7 Millionen Euro aus
Möglich wird die neue Studie auch durch die Vogelsang-Stiftung. Deren Stiftungsvermögen in Höhe von mehr als zwölf Millionen Euro stammt aus dem Nachlass von Alma und Heinrich Vogelsang, die zu Lebzeiten einen Hof an der Baumhofstraße in Wiemelhausen geführt und mehrere Immobilien besessen haben. Die gemeinnützige Stiftung wurde nach dem Tod von Alma Vogelsang 1997 gegründet. Stiftungszweck ist u.a. die Förderung der medizinischen Forschung. „Bisher wurden bereits 3,7 Millionen Euro ausgeschüttet“, berichtet Prof. Christoph Hanefeld, Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochum und Vorstandsmitglied der Stiftung.
Corona-Inzidenz aktuell bei 592,7
Die Corona-Inzidenz in Bochum ist nach einem stetigen Anstieg in den vergangenen Tagen wieder gesunken. Am Mittwoch lag sie bei 592,7 nach 649,9 in der Vorwoche.
Laut RKI steckten sich binnen einer Woche 2154 Bochumerinnen und Bochumer neu an. Damit gibt es nun 128.352 bestätigte Infektionen. 486 Menschen starben an oder mit Corona.
Wie das Katholische Klinikum berichtet, steigt die Zahl der Patienten, die nicht mit, sondern wegen einer Corona-Infektion stationär behandelt werden müssen – darunter auch zahlreiche, meist ältere Erkrankte mit drei oder vier Schutzimpfungen.
Die Lage auf den Intensivstationen bleibe hingegen noch entspannt.
Zu ihrem 25-jährigen Bestehen lobte die Vogelsang-Stiftung erstmals einen Preis „für translationale Medizin“ aus. Er ist mit 25.000 Euro dotiert und soll dazu dienen, Forschungsergebnisse in der Medizin in konkrete Gesundheitsvor- und -fürsorge umzusetzen.
Wissenschaftlerin: Schulschließungen waren nicht angemessen
Die Studie von Folke Brinkmann und Stephanie Pfänder soll genau dies leisten – und machte bei der Auswahl des Preisträgers das Rennen.
Eine praktisch-politische Erkenntnis haben die Wissenschaftlerinnen schon jetzt gewonnen. Die Aerosol-Studie habe gezeigt, dass die drastischen Corona-Lockdowns mit Schließungen von Schulen und Kindergärten nicht angemessen und der Gesetzgeber zu vorsichtig gewesen seien. „Wohlgemerkt aus heutiger Sicht und mit unserem heutigen Wissen“, betont Folke Brinkmann. Masken blieben in jedem Fall das einfachste Mittel gegen Corona.