Bochum. Karneval trotz Krise? In Bochum wollen sich die Jecken das Feiern nicht erneut nehmen lassen. Für den Umzug in Linden ist die Tendenz eindeutig.

Karneval trotz Krieg und Krise? „Gerade jetzt halten wir an unserem Brauchtum fest“, sagt Bernd Lohof, Präsident des Festausschusses Bochumer Karneval. „Wir wollen und dürfen ja nicht unser ganzes Leben einstellen“, bekräftigt Stefan Rodemann, Chef der Werbegemeinschaft in Linden. Sie lassen sich das Singen nicht verbieten: Die Karnevalisten in Bochum bereiten sich auf den Start der fünften Jahreszeit vor. Tollitäten wird es aber erneut nicht geben.

In Linden war es knapp. Ganz knapp. Am 24. Februar 2020 zog der Rosenmontagszug über die Hattinger Straße. 40.000 Menschen säumten die Wegstrecke. Im März kam Corona – und erstickte jeglichen Frohsinn im Keim.

Karneval in Bochum: Planungen für Umzug in Linden sind angelaufen

Zweieinhalb Jahre später rollt die neue Corona-Herbstwelle. Doch die meisten Pandemie-Beschränkungen sind gefallen. Anlass für die Werbegemeinschaft Linden, ihren Rosenmontagszug nach den Absagen 2021 und 2022 wieder fest ins Visier zu nehmen.

Auch interessant

„Wir sind in die Planungen eingestiegen. Für Mitte November ist eine Besprechung mit der Stadt terminiert. Direkt danach fällt die Entscheidung“, erklärt Stefan Rodemann und zeigt sich im WAZ-Gespräch zuversichtlich: „Wir gehen derzeit fest davon aus, dass der Umzug am 20. Februar 2023 stattfindet. Die ersten Reaktionen sind durchweg positiv. Man will bei allen Ängsten und bei aller Verunsicherung endlich wieder feiern.“

Das Dreigestirn mit (von links) Jungfrau Hanna I., Prinz Marcus I. und Bauer Armin I. regierte zuletzt 2019/20. Neue Tollitäten wird es in Bochum auch in der im November beginnenden Session 2022723 nicht geben.
Das Dreigestirn mit (von links) Jungfrau Hanna I., Prinz Marcus I. und Bauer Armin I. regierte zuletzt 2019/20. Neue Tollitäten wird es in Bochum auch in der im November beginnenden Session 2022723 nicht geben. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Festausschuss: Mit erneuten Absagen wäre niemandem geholfen

Das wollen auch die Mitgliedsvereine des Festausschusses. Nachdem der Karneval 2020/21 komplett ausfiel, konnte die Session 2021/22 zwar im Saal der Ruhrlandbühne eröffnet werden. Fortan war aber wieder Schluss mit lustig. Die Pandemie ließ keine Veranstaltungen zu.

Auch interessant

Nun sorgen neben Corona vor allem der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die Inflation dafür, dass die meisten Menschen derzeit an alles denken: nur nicht an Karneval. Doch Präsident Bernd Lohof und sein Team mögen kein Trübsal blasen. Absagen? Dadurch sei niemandem geholfen. Im Gegenteil: „Karneval will den Menschen ein Angebot unterbreiten, trotz aller Probleme, denen wir tagtäglich begegnen und vor denen wir keinesfalls unsere Augen verschließen, auf andere Gedanken zu kommen und gemeinschaftlich für einige Stunden eine positive Stimmung zu erleben, zu lachen, ja sogar zu feiern mit Tanz und Musik“, meint Lohof und ergänzt: „Was kritische Stimmen beim Karneval als ,No-Go’ bezeichnen, wird andererseits wie selbstverständlich hingenommen, wenn es etwa um Unterhaltung durch Kino, kommerzielle Partyveranstaltungen, Bundesligaspiele, Boulevardtheater oder Comedy geht.“ Heißt: Das Kulturgut Karneval soll der Krise trotzen.

Auch interessant

Gala am 13. Januar im Ruhrcongress mit René Steinberg

Damit wird pünktlich begonnen. Am 11. November, dem Elften im Elften, wird die Session um 17 Uhr im Haus Linden mit Tanz und Musik eingeläutet. Am 13. Januar 2023 soll die mehrfach abgesagte Gala im Ruhrcongress nachgeholt werden. Als Stargast wird der Kabarettist René Steinberg (aktuelles Programm: „Freuwillige vor – Jetzt erst recht!“) erwartet. Der Vorverkauf (25 Euro) soll noch im Oktober starten.

Am Karnevalssamstag (18. Februar 2023) soll der Straßenkarneval auf dem Husemannplatz nach drei Jahren eine Neuauflage erleben. „Ob es am Rosenmontag zum Rathaussturm kommt und ob wir im Ruhrcongress den Seniorenkarneval feiern können, hängt noch vom Einverständnis der Stadt ab. Wir stehen bereit“, sagt Bernd Lohof.

Auch interessant

Eine Neuauflage des Rathaussturms am Rosenmontag wie zuletzt 2020 (Foto) ist für das nächste Jahr noch ungewiss.
Eine Neuauflage des Rathaussturms am Rosenmontag wie zuletzt 2020 (Foto) ist für das nächste Jahr noch ungewiss. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Tollitäten gibt’s in Bochum auch in der neuen Session nicht

Sicher ist: Auf gekrönte Häupter müssen die Narren auch in der neuen Session verzichten. „Die Motivationslage, derartige Ämter zu besetzen, ist derzeit nicht sehr groß“, bedauert Lohof. Zuletzt hatte in Bochum in der Session 2019/20 ein Dreigestirn mit Prinz Marcus I. (Vogel), Bauer Armin I. (Papenheim) und dem 2021 verstorbenen Jochen Sieberin als Jungfrau Hanna I. regiert.

Auf Rekordkurs sind derweil in Wattenscheid Bodo I. (Neumann) und Alexandra I. (Hegenberg). Als WAT-Prinzenpaar gehen sie nach der Wetter- und Corona-Durststrecke der vergangenen Jahre in ihre vierte Amtszeit. Am 12. November wird zur Eröffnungs-Gala in die Stadthalle geladen.