Bochum. Bochum bleibt smart, wie ein bundesweites Ranking zeigt. Keine andere Stadt im Revier ist so digital aufgestellt. Aber es gibt Luft nach oben.

Die digitalste Stadt im Ruhrgebiet bleibt Bochum. Der aktuelle bundesweite Smart-City-Index des Branchenverbandes Bitkom führt die Stadt weiterhin unter den Top Ten (Grafik). Als Achte – nach Platz sieben im Vorjahr – liegt sie vor Gelsenkirchen (17.) und Dortmund (20.). Und sie will in Zukunft noch digitaler werden – u.a. mit einer Beteiligungsplattform.

Bochum hat noch viel Arbeit vor sich

Zwar hat Bochum gegenüber dem Vorjahr einen Platz verloren, in vier der fünf Kategorien und bei der Gesamtpunktzahl (77 Punkte statt 71,2 im Vorjahr) hat es sich aber zum Teil deutlich verbessert. Nur bei der Mobilität (80,6 statt 80,8 im Vorjahr) gibt es einen leichten Rückschritt. „Die Spitze ist breiter geworden“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „In den Städten herrscht ein enormer digitaler Tatendrang.“ Das weiß auch Bochums Digitalexperte Denes Kücük. Trotz der guten Ergebnisse in den vergangenen beiden Jahren sagt er: „Vor uns liegt noch eine Menge Arbeit.“

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Bochum tut sich diesmal besonders in der Kategorie „Verwaltung“ hervor. Rang neun ist die beste Einzelplatzierung unter den fünf bewerteten Bereichen. Dazu tragen vor allem das Geodatenportal, der lokale Handel und die „digitale Szene“ bei.

„Uns ist wichtig, dass wir unsere Services und Dienstleistungen für die Menschen umsetzen und die Stadtverwaltung sich als Vorreiterin modernen Stadtmanagements versteht. Der Smart City Index bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, so Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD).

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Netzwerk begrüßt Einführung der Beteiligungsplattform

Unterdurchschnittlich bewertet wird derzeit noch die Öffentlichkeitsbeteiligung. Aber das soll sich bald ändern. Im Herbst ist die Einführung der digitalen Beteiligungsplattform „Consul“ geplant. Sie soll es möglich machen, dass sich Bochumerinnen und Bochumer über einzelne Projektseiten im Internet aktiv mit Anregungen und Kritik, mit Diskussionsbeiträgen und Abstimmungen an der Stadtentwicklung beteiligen können.

Millionen-Förderung aus Berlin

Der Digitalverband Bitkom analysiert für den Smart-City-Index alle 81 Großstädte ab 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in den fünf Kategorien Verwaltung, Energie und Umwelt, IT und Kommunikation, Mobilität sowie Gesellschaft. Untersucht werden die digitalen Angebote der Städte, angefangen von Online-Bürger-Services über Sharing-Möglichkeiten für Mobilität und intelligente Ampelanlagen bis hin zur Breitbandverfügbarkeit.

Die digitale Bürgerbeteiligung ist eines von vielen Projekten Bochums im Rahmen der Modellprojekte Smart Cities (MSC) des Bundes. Das Ministerium des Innern, Bau und Heimat (BMI) hat der Stadt im Vorjahr Fördergelder von knapp zehn Millionen Euro zugesagt.

„Das begrüßen wir sehr“, sagt Nadja Zein-Dräger, Mitbegründerin des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung und der Bürgerinitiative Werner Feld. „Consul“ eröffne die Möglichkeit, frühzeitig zu informieren und ebenso frühzeitig Anregungen zu berücksichtigen. Es müsse sich allerdings erst zeigen, wie ernsthaft die Stadt daran interessiert sei, die Kompetenz von Bürgern einzubeziehen; gerade auch bei heiklen Themen wie etwa Bauprojekten. Das Netzwerk habe bislang den Eindruck, dass dies eher nicht gewünscht sei. Die Fachämter entscheiden nach Auskunft der Stadt über Art und Umfang der digitalen Beteiligung.

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Bochums Digital-Chef weist Kritik zurück

Längst überfällig ist aus Sicht von Felix Haltt, Fraktions-Chef der FDP im Rat, die Einführung der Plattform. „Warum das wieder mal so lange gedauert hat, ist für uns nicht ganz nachvollziehbar. Schließlich ist die Beteiligungssoftware längst keine Unbekannte mehr. 2015 wurde sie in Madrid entwickelt, kam bereits in Metropolen wie New York und Buenos Aires zum Einsatz und wird von ‘Mehr Demokratie e.V.’ für digitale Bürgerbeteiligung empfohlen.“ Was sich bewährt habe, müsse „nicht endlos durchgeprüft werden“.

FDP und Netzwerk mahnen, Plattform dürfe kein Alibi sein

Ein Vorwurf, den Bochums Chief Digital Officer Denes Kücük nicht gelten lässt: „Wir haben im Dezember die Förderzusage erhalten und dann zügig Software-Alternativen geprüft, u.a. auch die des Landes NRW.“ Consul sei aus Bochumer Sicht die beste Variante. Damit verfügten die Fachämter über einen „Werkzeugkoffer“, der ihnen unterschiedliche Beteiligungsformate zur Verfügung stellt.

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FDP und Bürgernetzwerk mahnen indes an, die Plattform dürfe kein Feigenblatt sein. Sie müsse „auch gelebt werden und darf nicht nur zum Alibi genutzt werden“, so Ratsmitglied Felix Haltt.