Bochum. In einem offenen Brief fordert die Arbeiterwohlfahrt die Bundestagsabgeordneten auf, Sprach-Kitas zu erhalten. Das Bundesprogramm läuft Ende des Jahres aus. Länder sollen übernehmen – Bochumer Politiker lassen hoffen.

Ende des Jahres läuft das Bundesprogramm der Sprach-Kitas aus. Auch für die 35 Bochumer Sprach-Kitas bedeutet dies, dass die Gelder wegfallen würden. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Ruhr-Mitte richtete jetzt einen offenen Brief an die Bochumer und Herner Bundestagsabgeordneten, um Kinder weiter gezielt fördern zu können. "In der aktuellen Situation, in der sich Einrichtungen der frühkindlichen Bildung mit Fachkräftemangel, Corona-Pandemie und der zusätzlichen Betreuung von Kindern und Familien aus der Ukraine auseinandersetzen müssen, wäre der Wegfall der Sprach-Kitas ein enormer Verlust mit langfristigen, nicht absehbaren Folgen", heißt es im Schreiben. Darüber hinaus sei doch im Koalitionsvertrag angedacht, das Programm weiterzuentwickeln und zu verstetigen, so der Wohlfahrtsverband weiter.

Sprach-Kita bildet Kinder individuell und spielerisch – Sprachkraft legt Schwerpunkte

Allein die Arbeiterwohlfahrt konnte seit Programmstart 2016 in sieben Kitas insgesamt 1,6 Millionen Euro in die sprachliche Bildung der Kinder investieren, aktuell sind dort elf Fachkräfte in Voll- und Teilzeit eingesetzt. Die Auswahl der Sprach-Kitas erfolgte nach Analyse des Sozialraums und besonderer Bedarfe in der Sprachförderung.
Eine dieser Sprach-Kitas ist das Familienzentrum an der Eulenbaumstraße in Querenburg. Dort richtete Kita-Leiterin Dana Imiolczyk mithilfe der Gelder eine halbe Stelle für die Sprachkraft Rebecca Voigt ein, eine kleine Bücherei und auf Wunsch der Kinder eine Lesehöhle. Etwa 30 Prozent der Kinder in der Kita hätten eine zweite Sprache als Muttersprache, informierte die Leiterin. Rebecca Voigt geht individuell auf den sprachlichen Bedarf der Kinder ein. "Wir integrieren die sprachliche Bildung spielerisch in den Alltag, zum Beispiel mit Liedern oder Tischsprüchen", so Voigt. "Sprache ist ganz elementar, um überhaupt in der Schule zu starten. Durch das Programm können wir gezielt und vernünftig daran arbeiten", so Imiolczyk.

Bundesmittel sind in Augen der Bochumer Politiker als Übergangslösung denkbar, um Sprach-Kitas zu erhalten

Immerhin, der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer (SPD) will sich in den Haushaltsberatungen des Bundes für den Erhalt der Sprach-Kitas einsetzen. "Wir tun alles, damit es keine Förderungsunterbrechung gibt. Ich habe mir die Sprach-Kitas angeschaut und weiß, wie wichtig sie sind. Dabei ist nicht zu vergessen, dass der Steueranteil der Länder mehr steigt als der des Bundes. Und Sprach-Kitas sind primär Ländersache", so Schäfer. Es sei denkbar, dass der Bund Mittel aufbringen müsse, damit keine Förderungslücke entstehe, führt er weiter aus. Diese Verhandlungsbasis teilt auch Olaf in der Beek (FDP): "Bis die Länder eigene Programme aufgestellt und verankert haben, stehen wir als Freie Demokraten der Prüfung einer begrenzten Verlängerung offen gegenüber." Max Lucks (Die Grünen) weist darauf hin, dass es nicht zum Wohle der Kinder sei, sich die Verantwortung gegenseitig zuzuschieben: "Oberste Priorität muss der Erhalt der Sprach-Kitas in vollem Umfang haben. Dafür setze ich mich ein und dafür hat auch die Familienministerin Lisa Paus Mittel in Aussicht gestellt. Richtig ist: Der Bund ist mit seinem Förderprogramm für die Länder eingesprungen. Richtig ist aber auch, dass das Bundesprogramm der Sprach-Kitas ein absolutes Erfolgsmodell ist!"

Bund fördert Sprach-Kitas mit jährlich 200 Millionen Euro

Mit dem Programm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) seit 2016 die sprachliche Bildung in der Kindertagesbetreuung.

Bundesweit standen zuletzt rund 200 Millionen Euro jährlich für die Sprach-Kitas zur Verfügung. Informationen bietet das Portal: sprach-kitas.fruehe-chancen.de.