Gladbeck. Die Programme „Sprach-Kita“ und „Kita-Einstieg“ des Bundes laufen zum Jahresenden in Gladbeck aus. Warum eine Fortsetzung dringend nötig ist.
Zwei wirksame Förderprogramme des Bundes zur Unterstützung frühkindlicher Bildunglaufen zum Ende des Jahres auch in Gladbeckaus. Es sind die Programme „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ und „Sprach-Kitas – weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“. Schwerpunktmäßig zählen Familien mit Zuwanderungs- und Fluchthintergrund, teils mit sozialpädagogischem Unterstützungsbedarf und mit besonderen Sprachhürden zu der Zielgruppe. Das Amt für Jugend und Familie will diese wichtige Arbeit verstetigen. Der Jugendhilfeausschuss war einstimmig bereit, entsprechenden Druck auf die Landesregierung auszuüben.
Lesen Sie weitere Nachrichten aus Gladbeck:
- Gericht. Frauen um hohe Summern geprellt: Paar aus Gladbeck verurteilt
- Appeltatenfest. Appeltatenmajestät: Darum war es für Melis Bilici so toll
- Problemimmobilien. Hochhaus Steinstraße 72: Maßnahmen sollen Lage entschärfen
- Gladbecker Erklärung. Kindgerechte Erklärung vermittelt Werte des Zusammenlebens
- Tourismus. Gladbecker Haldenwelt mit Riesenrutsche und Bikerparadies
- i-Dötzchen. Schulanfang in Gladbeck: Die Fotos der Erstklässler 2022
Die Wirksamkeit der Programme hat sich bestätigt. Sie tragen dazu bei, dass der Einstieg in das Bildungssystem und die Grundschule besser gelingen kann. Dass trotz des Auslaufens der Förderprogramme Möglichkeiten einer Weiterfinanzierung bestehen, hatte Sozialdezernent Rainer Weichelt gegenüber der Lokalpolitik zuvor deutlich gemacht. Er verwies auf das Kita-Qualitätsgesetz, im Rahmen dessen „der Bund den Ländern jährlich zwei Milliarden Euro zu Verfügung stellt“. Die Hälfte der Gelder stünden den Ländern zur freien Verfügung, auch um eigene Schwerpunkte setzen zu können, etwa der Sprachförderung. Es gelte nun „richtig Druck Richtung Landesregierung zu machen“, im Verbund mit weiteren Akteuren.
Eine Möglichkeit zur Weiterfinanzierung für das Land besteht über Bundesmittel
Der Anteil der Kinder, die mit keinen oder wenig Deutschkenntnissen oder insgesamt einer auch muttersprachlich schlechten Entwicklung in die Kita kommen ist in Gladbeck zunehmend. Allein für rund 40 Prozent der Kinder an städtischen Kitas ist Deutsch Zweit- oder Fremdsprache. Auswirkungen der Corona Pandemie und jüngste Fluchtbewegung aus der Ukraine sowie Zuwanderung aus südosteuropäischen Ländern erhöhen den Förderbedarf zusätzlich. Der Einsatz zusätzlicher Sprachfachkräfte hat sich in den besonders von diesen Anforderungen betroffenen Kitas als deutlich wirksam erwiesen. Dies hat die Evaluation des Bundesprogramms bestätigt.
Politik hat sich schriftlich positioniert
Die für die Gladbecker Wahlkreise zuständigen SPD-Landtagsabgeordneten Christin Siebel und Thomas Göddertz fordern, dass die Förderung von Sprach-Kitas nach elf erfolgreichen Jahren verlängert wird. „Die Sprach-Kitas sind ein wichtiger Baustein für gelingendes Aufwachsen und Chancengleichheit. Dem drohenden Wegfall müssen wir entschieden Contra geben“, erklärt Christin Siebel. „Das Land muss eine Anschlusslösung ermöglichen, damit nicht mitten im Winter die Fachkräfte fehlen“, fordert Thomas Göddertz.
Auch die CDU-Ratsfraktion Gladbeck hat kein Verständnis: „Wir wissen doch aus den Diskussionen im Jugendhilfeausschuss, dass die Deutschkenntnisse vieler Kinder beim Übergang aus der Kita in die Grundschule nicht ausreichen und ihre Zahl in Gladbeck zunimmt“, so Fraktionsvorsitzender Dieter Rymann. Vor dem Hintergrund, dass zusätzlich Kinder integriert werden müssten, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohenen sind, „habe ich kein Verständnis für das Handeln der Bundesregierung“, kritisiert Michael Wichert, CDU-Sprecher im Jugendhilfeausschuss.
Mittelfristig ist diese Förderung ein Instrument, um die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder Richtung Einschulung möglichst optimal zu entwickeln. Am Programm „Sprach-Kitas“ nehmen aktuell acht städtische Kitas teil, mit einem überlandesdurchschnittlich hohen Anteil von Familien, deren Familiensprache nicht Deutsch ist. Jede der acht Sprach-Kitas erhält eine Förderung des Bundes in Höhe von 25.000 Euro jährlich. Verpflichtend ist die kontinuierliche Besetzung jeweils einer 19,5 Stunden-Sprachfachkraftstelle. Das Programm beinhaltet die methodische Förderung der Sprachentwicklung, Zusammenarbeit der Kita mit Familien sowie Optimierung der Inklusion.
Ein Vorschulangebot für Kinder ohne Kita-Platz soll neu geschaffen werden
Das Programm „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ wurde zu 90 Prozent vom Bund mit jährlich 150.000 Euro für Personal (je halbe Stelle Koordination, Fachkraft, Sprach- und Kulturmittler) gefördert. Ziel des Programms ist das Ermöglichen eines frühzeitigen und regelmäßigen Zugangs zum Bildungssystem von zugewanderten Familien mit Kindern unter 6 Jahren, die noch nicht oder nur teilweise den Einstieg in das frühkindliche Bildungssystem gefunden haben. Denn der Mangel an zur Verfügung stehenden Kitaplätzen in Gladbeck (für 792 angemeldete Kinder fehlen aktuell Plätze) erschwert den Zugang zum Bildungssystem und verschärft den Förderbedarf auch bezüglich des Sprachstandes vor Schuleintritt. Als Neuausrichtung sollen künftig auch Vorschulangebote für Kinder ohne Kita-Platz geschaffen werden, die in der Schule installiert werden und die bis zu einem Jahr nach Schuleintritt die Kinder begleiten und unterstützen.
+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++
Das Amt für Jugend und Familie beabsichtigt, die notwendige Arbeit von „Sprach-Kitas“mit den Sprachkräften und „Kita-Einstieg“ in Gladbeck ab dem 1. Januar 2023 zu verstetigen. Der Jugendhilfeausschuss stimmte dem einstimmig zu und verlangt vom Land die Fortführung der Förderprogramme über den 31. Dezember hinaus. Die Verwaltung wurde beauftragt, mit einer Resolution gegenüber dem Bundesministerium für Familien und der Landesregierung NRW die dringende Notwendigkeit einer weiteren Finanzierung der Programme geltend zu machen. Diese Position sei auch gemeinsam mit dem Kreis Recklinghausen und den kreisangehörigen Städten sowie dem Städtetag NRW voranzutreiben. Die Verwaltung soll zur nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 29. November der Lokalpolitik zum Sachstand berichten.