Bochum. Eine litauische Theatergruppe baut ein Dorf in die Jahrhunderthalle Bochum. Alles ist da: Küche, Sauna, Garten – und am Ende gibt es einen Rave.

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Ein Theaterabend mit Sauna, Abendessen und einem nächtlichen Techno-Rave? Es sind ungewöhnliche Wege, die eine Gruppe aus Litauen um den Regisseur und Videokünstler Lukasz Twarkowski geht. Ihre Multimedia-Performance „Respublika“ ist im September an fünf Abenden in der Jahrhunderthalle Bochum zu sehen und könnte zu einem der Höhepunkte der kommenden Spielzeit bei der Ruhrtriennale werden.

Multimedia-Performance bei Ruhrtriennale in Bochum

Der Vorverkauf läuft nur langsam an, was auch daran liegen könnte, dass dieses Gastspiel keinem konventionellem Theaterverständnis entspricht, nicht einfach greifbar ist. Zudem ist die Aufführungsdauer echt lang, als Spiellänge sind monumentale sechs Stunden angegeben. „Jedoch hat man nie das Gefühl, als würde sich das in die Länge ziehen“, verspricht die Ruhrtriennale-Dramaturgin Sara Abbasi, die diese ungewöhnliche Inszenierung bereits zweimal in einer riesigen Halle in Vilnius gesehen hat und aus dem Schwärmen nicht mehr herauskommt.

Festivalkatalog zum Start der Ruhrtriennale

Die Ruhrtriennale findet vom 11. August bis 18. September unter anderem in Essen, Duisburg, Gladbeck und Bochum statt. Zum baldigen Start ist soeben ein Festivalkatalog erschienen: Auf 244 Seiten lädt er zu einer vielstimmigen Erkundung des Programms ein.Im Mittelteil findet sich eine Bilderstrecke des Künstlers Mischa Leinkauf, der prägnante Orte des Ruhrgebiets aus spektakulärer Höhe entdeckt hat. Den Katalog gibt es als Print-Version und als Download auf der Homepage des Festivals.

„Respublika“ geht zurück auf einen Selbstversuch: Twarkowski und die etwa 15 Schauspielerinnen und Schauspieler des Lithuanian National Drama Theatre verbrachten während des Corona-Lockdowns mehrere Wochen in den Wäldern Litauens. Frei nach dem Vorbild klassischer Aussteiger kappten sie den Alltag hinter sich und zogen sich in die Einsamkeit zurück, um dort wie in einer Art Kommune neue Formen des Zusammenlebens zu erkunden.

Nach Vilnius und München kommt die Aufführung jetzt nach Bochum

Aus diesen Erfahrungen des völlig abgeschiedenen Miteinanders, das in unzähligen Videos festgehalten wurde, entwickelten sie ihr Stück „Respublika“, das nach der Premiere in Vilnius bereits in München für Furore sorgte und jetzt nach Bochum kommt.

Dafür wird die Jahrhunderthalle zu einem kleinen Dorf umgebaut: Es gibt eine komplett eingerichtete Küche, ein Wohn- und Schlafzimmer, einen Garten. „Sogar eine Sauna ist vorhanden, die von den Schauspielern ebenso benutzt werden kann wie von den Zuschauerinnen und Zuschauern“, sagt Sara Abbasi. Gemeinsam wird gekocht, entspannt, getanzt und Musik gemacht. Man kann mit den Schauspielern ganz zwanglos ins Gespräch kommen, dazu wird eine vegetarische Suppe serviert, die man gemeinsam isst.

Die Zuschauer können kommen und gehen wie sie mögen

Die Zuschauer bekommen zu Beginn eine Karte mit auf den Weg, die sie zu den verschiedenen Stationen führt. Dort kann man verweilen, kommen und gehen, wie man es gerade möchte. Zudem können die Besucher selbst entscheiden, welche Perspektive sie einnehmen wollen: entweder direkt nah dran am Geschehen, das auch von Live-Kameras begleitet wird, oder etwas entfernt von erhöhter Position, wo man die Szenerie komplett überblickt.

Mehrere Räume sind in der Aufführung von „Respublika“ aufgebaut, die der Zuschauer entdecken kann: darunter eine Küche, ein Wohnzimmer und eine Sauna.
Mehrere Räume sind in der Aufführung von „Respublika“ aufgebaut, die der Zuschauer entdecken kann: darunter eine Küche, ein Wohnzimmer und eine Sauna. © Ruhrtriennale | Andrej Vasilenko

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So sollen die Theatergänger für einen Abend zum Teil dieser Community werden. Gesprochen wird auf Litauisch, alles wird zugleich auf Deutsch und Englisch übersetzt. Und gesellschaftlich durchaus relevante Fragen werden an dem Abend gestellt, denn „Respublika“ ist weit mehr als nur nettes Beisammensein: „Es geht um die Erkundung neuen Formen des Zusammenlebens. Große Ideen, Sehnsüchte und Utopien zerschellen einzig manchmal allerdings an der banalen Lebenswirklichkeit“, sagt Sara Abbasi. All dies sei exakt gebaut und choreographiert.

Am Ende verwandelt sich alles in eine Techno-Party

Während der letzten zwei Stunden verwandelt sich das Geschehen in eine große Party. Mit einem Techno-Rave klingt „Respublika“ gegen 1 Uhr nachts aus. Wer die letzte Vorstellung am Samstag, 17. September, besucht, erlebt sogar eine Techno-Party bis in den frühen Morgen mit DJs und Künstlern, die in der Elektroszene weit bekannt sind: darunter DJ Marcel Dettmann, Juliana Huxtable und Len Faki. Für den Rave (32, erm. 16 Euro) gibt es noch Karten. Wer vorher in „Respublika“ war, hat freien Eintritt.

Premiere am Freitag, 9. September, um 19 Uhr. Wieder am 10., 15., 16. und 17. September. Karten: 0221 28 02 10 und ruhrtriennale.de