Bochum-Querenburg. Ein nicht standsicherer Bergbauschacht an der Semperstraße in Bochum sorgt für eine wochenlange Vollsperrung. Was dahinter steckt.

Das war eine Nachricht, die sofortiges Handeln erforderte: Der Energieversorger „Eon“ hatte die Stadt Bochum auf einen möglicherweise nicht standsicheren alten Bergbauschacht und Steinkohleabbau im Stadtteil Bochum-Querenburg aufmerksam gemacht.

Dort, im Kreuzungsbereich von „Semperstraße“ und „Schinkelstraße“ muss nun mittels Sondierbohrungen geprüft werden, ob der besagte Schacht und sogar weitere nicht ordnungsgemäß verfüllte Kohleflöze im Bereich der Kreuzung vorhanden sind.

Monatelange Vollsperrung im Bochumer Süden

„Eventuell erbohrte Schachthohlräume oder Abbaue in den Kohleflözen müssen sofort gesichert werden“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk. Das hat auch Auswirkungen auf den Verkehr: Wie die Bogestra mitteilt, bleibt die Semperstraße voraussichtlich für zwei Monate voll gesperrt.

Von Umleitungen sind die Linien 339,356, die Nachtexpresslinien NE7 und NE8 sowie Einsatzwagen betroffen. „Durch die eingerichtete Umleitung können die Haltestellen Peter-Parler-Weg und Auf der Papenburg nicht angefahren werden“, informiert die Bogestra. 

Sicherungsmaßnahmen nötig

Dass die Arbeiten nach acht Wochen abgeschlossen sind, hat allerdings eine Voraussetzung. Nämlich, dass keine weiteren „nicht ordnungsgemäßen verfüllten Kohleflöze“ mehr angetroffen werden. Neue Funde hatten die Maßnahme schon einmal verlängert. 

„Unterhalb der Schinkelstraße wurden zusätzlich zu dem alten Bergbauschacht weitere Flöze angetroffen, die nicht ordnungsgemäß verfüllt wurden und sich in die Semperstraße hineinziehen“, sagt Stadtsprecher van Dyk.

Verständnis bei Anwohnern

Die nicht ordnungsgemäßen verfüllten Kohleflöze müssten nun sofort gesichert werden. „Zudem musste das eingebrachte Material länger aushärten, bevor die Arbeiten weitergeführt werden konnten“, sagt er.

Anwohner haben für die Maßnahmen Verständnis. „Die Sperrung bedeutet für mich nun zwar einen Umweg, aber das nehme ich in Kauf. Hauptsache, die Arbeiten werden ordentlich ausgeführt, dann darf es auch länger dauern“, sagt beispielsweise Johannes Westrich.

Bergbauerbe wirkt nach

Ungesicherte Schächte und Verfüllarbeiten sind in der ehemaligen Bergbaustadt Bochum immer wieder ein Thema. Beispielsweise im Weitmarer Holz holt das Bergbauerbe die Stadt regelmäßig ein. Das Gebiet ist anfällig für Bergsenkungen und Tagesbrüche, weshalb die Wege gegen diese Gefahren baulich gesichert sein müssen.

Abseits der Wege fallen jedoch in unregelmäßigen Abständen Tagesbrüche in unterschiedlicher Ausprägung auf, sodass es immer wieder zu neuen Baumaßnahmen kommt. Im jetzigen Fall in Querenburg war Eon als „Grubenfeld-Eigentümerin“ auf die Stadt zugekommen, weil in der Nachbarschaft der Kreuzung auf einer Privatstraße eine Senke entstanden war.

Geschichte der Zeche 

Im Zuge weiterer Erkundungen war Eon dann auf den Schacht unter der Kreuzung an der Semper- / Ecke Schinkelstraße gestoßen. Es wird vermutet, dass der Schacht im Zuge des Kleinbergbaus angelegt wurde. Die Zeche, die sich damals im betroffenen Gebiet befunden hat, ist die Zeche Dannenbaum.

Sie begann bereits im 18. Jahrhundert als Stollenbetrieb im Bereich von Laer. Der erste Schacht wurde im 19. Jahrhundert, genauer im Jahr 1861, errichtet. Der zweite Schacht folgte dann 1873. 

Keine Gefahr für Eigentümer

Im Jahr 1958 wurde die Förderung auf der Zeche eingestellt, zwei Jahre später wurde die Zeche ganz stillgelegt. Auf dem Gelände der stillgelegten Schachtanlage I wurde im Anschluss in den 1960er Jahren das Opel-Werk errichtet - eine Maßnahme, um der zunehmenden Arbeitslosigkeit infolge der zahlreichen Zechenschließungen zu begegnen. 

Eine Gefahr für die umliegenden Grundstücke sieht man beim Tiefbauamt derzeit nicht. „Die Sondierungsbohrungen werden aber von einem Sachverständigen begleitet, der abschließend auch ein Gutachten verfasst. Sollte der Schaden im Untergrund größer als angenommen sein, wird sofort die Bezirksregierung als Ansprechpartnerin für Privatgrundstücke eingeschaltet“, hatte Uwe Hertel vom Tiefbauamt bereits im März informiert.

Bergschadensverzicht prüfen

Eigentümer können im Grundbuch erfahren, ob ein Bergschadensverzicht eingetragen ist. Dabei handelt es sich um privatrechtliche Vereinbarungen, mit denen Schadensregulierungen zeitlich vorgezogen werden.

Dabei haben Bergbaubetreiber in der Vergangenheit Kaufpreisnachlässe auf ihre Grundstücke gewährt oder „vorgezogene“ Ausgleichzahlungen für mögliche Bergschäden auf Fremdgrundstücken geleistet. Im Gegenzug haben die Grundstückbesitzer vollständig oder teilweise auf zukünftige Bergschadensersatzansprüche verzichtet.

Rechtsnachfolger des Bergbaus

Der Schacht in Querenburg befindet sich im Bergwerkseigentum von Eon. Der Energiekonzern ist Rechtsnachfolger des Altbergbaus, dazu zählen neben Eon auch RWE und Thyssen-Krupp.

Noch sind nicht alle Schächte in Bochum identifiziert, allein auf über 60.000 Tagesöffnungen schätzt die Bezirksregierung die Bergbau-Hinterlassenschaft. Eon hat mit über 5500 Schächten in NRW die Nase vorn.