Bochum. Blutspenden retten Leben, doch: Die Zahl geht in Bochum zurück – mit drastischer Konsequenz. WAZ-Redakteurin Carolin Rau macht den Selbsttest.

Ein kleiner Piks – und schon steckt die Nadel in meinem Arm. Tut überhaupt nicht weh, finde ich. In den nächsten Minuten fließen durch einen Schlauch etwa 500 Milliliter Blut in den Plastikbehälter neben mir. Es handelt sich um eine von 3545 Blutspenden, die im ersten Halbjahr 2022 beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Bochum abgegeben wurden. Das sind deutlich weniger als noch im Vorjahr – und auch insgesamt zu wenig.

Blutspende: Leere Lagerräume erschrecken

„Ich habe gesehen, wie leer die Lagerräume sind“, erzählt mir Rettungssanitäterin Julia Majewski. Die junge Frau macht gerade ihr Freiwilliges Soziales Jahr beim DRK, arbeitet im Blutspendezentrum im Einkaufszentrum Ruhr Park. Erst vor Kurzem stand sie im Lagerraum des Blutspendedienstes West in Hagen, der Anblick der leeren Regale hat sie sehr erschrocken.

Im Blutspendezentrum im Bochumer Ruhrpark herrscht FlauteDabei hilft eine Blutspende mindestens zwei schwerkranken Patienten. Grund genug, den Selbsttest zu wagen. Online vereinbare ich beim DRK einen Termin: Donnerstag, 30. Juni, 15 Uhr. Pünktlich betrete ich die Räumlichkeiten, werde direkt von den freundlichen Mitarbeitenden in Empfang genommen. Um meine Identität zu überprüfen, muss ich meinen Ausweis vorzeigen.

Frauen dürfen viermal pro Jahr Blut spenden, Männer sechsmal

Dann geht es auch schon los: Ein Mitarbeiter misst Körper­temperatur und Hämoglobinwert, der vereinfacht gesagt angibt, ob mein Blut genug Eisen enthält. Der Wert passt und so werde ich eine Station weiter geschickt, zu einem Computer, an dem ich insgesamt 30 Fragen beantworten muss, unter anderem: Hatten Sie jemals eine schwere oder eine chronische Erkrankung? Wurden Sie in den vergangenen vier Wochen geimpft oder haben eine Spritze erhalten? Haben Sie in den letzten vier Monaten Blut gespendet?

Vor der Blutspende führt ein Arzt ein Vorgespräch mit Redakteurin Carolin Rau.
Vor der Blutspende führt ein Arzt ein Vorgespräch mit Redakteurin Carolin Rau. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Frauen dürfen insgesamt viermal pro Jahr spenden, Männer sechsmal, mindestens 56 Tage müssen zwischen zwei Spenden liegen. Die Ursache für die vielen Fragen, bevor es überhaupt losgeht: „Sicherheit hat bei der Blutspende oberste Priorität! Das gilt für Sie als Spender, wie auch für den Transfusionsempfänger“, erklärt das DRK. Nach Beantwortung der Fragen findet ein vertrauliches Vorgespräch mit einem Arzt statt, zudem misst er meinen Blutdruck. Schließlich bekomme ich das Go – und kann mit der Spende beginnen.

„Linker oder rechter Arm?“, fragt mich Julia Majewski. Als Rechtshänderin entscheide ich mich für die linke Seite. Majewski tastet meinen Arm ab und findet schließlich eine Vene, die sich gut eigne. Kurz darauf steckt mir auch schon die Nadel im Arm. Kurze Anmerkung: Ich habe keine Angst vor Nadeln, aber auch für diejenigen, denen es vielleicht anders geht: Der kleine Piks ist wirklich nicht schlimm.

Blutspende dauert zwischen fünf und 15 Minuten

Zuerst füllt die Mitarbeiterin des DRK Blut in vier Röhrchen. Durch zwei von ihnen soll meine Blutgruppe bestimmt werden. Außerdem wird die Spende auf bestimmte Krankheitserreger untersucht, zum Beispiel HIV, Syphilis oder Hepatitis. Dann läuft das Blut in einen Behälter, in dem Platz für insgesamt 500 Milliliter ist. Zwischen fünf und maximal 15 Minuten kann das dauern, erklärt mir Julia Majewski: „Wer öfter spendet, bei dem geht es meistens schneller.“ Das liege daran, dass der Körper die Spende bereits gewöhnt ist.

Julia Majewski vom Deutschen Roten Kreuz führt die Blutspende bei Redakteurin Carolin Rau durch.
Julia Majewski vom Deutschen Roten Kreuz führt die Blutspende bei Redakteurin Carolin Rau durch. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Die Voraussetzungen zum Blutspenden

Blutspender beim Deutschen Roten Kreuz werden darf, wer zwischen 18 und 68 Jahren alt ist und mindestens 50 Kilogramm wiegt. Jeder Blutspender muss sich nach ärztlicher Beurteilung in einem gute gesundheitlichen Zustand befinden. Ein „Spende-Check“ gibt Aufschluss, ob man spenden darf: www.blutspendedienst-west.de/blutspende/checken

Im Ruhr Park ist es möglich, immer montags bis freitags zwischen 14 und 19 sowie samstags zwischen 10 und 15 Uhr zu spenden. Zudem gibt es immer wieder Termine im Stadtgebiet. Terminvereinbarung auf drk-blutspende.de/blutspendetermine sowie 0800 11 949 11.

Etwa zehn Prozent (353) weniger Blutspenden gab es in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 in Bochum – verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, da waren es 3898. Jedoch ist auch die Zahl der Termine zurückgegangen, aufgrund von aus coronabedingten Ausfällen der Spendemobile, erklärt Stephan Jorewitz, Sprecher des DRK-Blutspendedienst West.

Aber nicht nur in Bochum geht die Zahl der Spender zurück, sondern auch in vielen anderen Städten. Dass nun die Sommerferien begonnen haben, verschärft die Problematik: „Viele reisen nun das erste Mal seit Beginn der Pandemie wieder“, erklärt Jorewitz. Und gerade bei Personen, die in Länder außerhalb der EU reisen, kann es sein, dass sie im Anschluss einige Zeit für die Spende gesperrt werden.

DRK sucht neue Blutspender – auch in Bochum

Deswegen ist man beim DRK ständig bemüht, neue Blutspender zu generieren. „Nicht nur bei vielen Operationen, Frühgeburten, Organtransplantationen und anderen Behandlungen muss Blut transfundiert werden. Sehr oft bekommen Krebspatienten während einer Chemotherapie Bluttransfusionen“, so der DRK-Sprecher.

Nach der Blutspende wird das Blut transportiert und in drei Bestandteile aufgeteilt: das aus Blutplättchen bestehende Thrombozyten­konzentrat, ein Konzentrat roter Blutkörperchen, das Erythrozytenkonzentrat, sowie das Plasma.  
Nach der Blutspende wird das Blut transportiert und in drei Bestandteile aufgeteilt: das aus Blutplättchen bestehende Thrombozyten­konzentrat, ein Konzentrat roter Blutkörperchen, das Erythrozytenkonzentrat, sowie das Plasma.   © DRK

Zahlreiche Patienten seien auf die Blutprodukte – eine Spende wird in drei Komponenten unterteilt und unterschiedlich verarbeitet – angewiesen. Jorewitz: „Dem entgegen, stehen die unterschiedlichen Haltbarkeitszeiten der einzelnen Blutpräparate.“ Allein im Regierungsbezirk Arnsberg würden etwa 800 Spenden täglich benötigt. Hinzu kommen täglich noch bis zu 150 Anfragen für Notfallpatienten, die beispielsweise innere Blutungen erlitten haben.

Im Schnitt finden in den Räumen des Deutschen Roten Kreuzes im Ruhr Park in Bochum 30 Blutspenden am Tag statt.
Im Schnitt finden in den Räumen des Deutschen Roten Kreuzes im Ruhr Park in Bochum 30 Blutspenden am Tag statt. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Verzehrgutschein als Dank für die Blutspende

Ich habe meine Spende nach zwölf Minuten hinter mich gebracht. Nach weiteren zehn Minuten, in denen ich mich ausruhen soll, darf ich die Räume des Deutschen Roten Kreuzes schon wieder verlassen. Zum Dank habe ich einen Verzehrgutschein erhalten.

Für mich steht fest: Ich werde nun häufiger Blut spenden. Der Aufwand ist für mich so gering – gleichzeitig kann ich damit so viel bewirken.