Bochum. Auf ruhige, gelassene Art prägte Sepp Hiekisch-Picard das Kunstmuseum Bochum über Jahrzehnte. Jetzt geht der „ewige Stellvertreter“ in Rente.
Auch die letzten Meter seiner Amtszeit sind voll verplant: Kurz bevor er am Wochenende in den Ruhestand geht, steckt der stellvertretende Museumsleiter Sepp Hiekisch-Picard (65) mitten in den Vorbereitungen für die letzte Ausstellung, die am Samstag, 25. Juni, unter seiner Co-Regie im Kunstmuseum Bochum eröffnet wird. Der zweite Teil von „Das Raunen der Sammlung“ zeigt erneut Zeichnungen und Grafiken aus dem städtischen Besitz. Mit einem großen Sommerfest endet dann auch seine Ära: Nach über 40 Jahren im Kunstmuseum, das er auf stets und ruhige und gelassene Art prägte, nimmt der „ewige Stellvertreter“ seinen Hut.
Großes Sommerfest im Kunstmuseum
Zum großen Sommerfest lädt das Kunstmuseum (Kortumstraße 147) am Samstag, 25. Juni, ab 12 Uhr ein. Um 15 Uhr wird der zweite Teil der Grafik-Ausstellung „Das Raunen der Sammlung“ eröffnet. Auch Sepp Hiekisch-Picard wird offiziell verabschiedet.
Es gibt Musik, Gespräche und Workshops für Kinder. Die Musiker Hüsnü Isi, Ali Bozkurt, Xu Fengxia und Martin Blume sowie das „Transaesthetics Trio“ spielen auf der Dachterrasse und im Forum. Am Abend sorgt DJ Guy Dermosessian für einen tanzwürdigen Ausklang. Eintritt frei.
Sepp Hiekisch-Picard verlässt das Kunstmuseum Bochum
Ein Abschied nach so langer Zeit: Fällt Ihnen dies schwer?
Hiekisch-Picard: Ein bisschen schon. Mit unserem Team habe ich mittlerweile zweimal gefeiert, denn da gibt es viele, die mir über die Jahre sehr ans Herz gewachsen sind. Aber ich freue mich auch auf den neuen Lebensabschnitt. Zum Teil bleibe ich in Bochum wohnen, werde aber auch viel Zeit in der Nähe von Paris verbringen, wo die Familie meiner Frau ein Haus hat. Ich werde Radfahren und Bücher lesen. Der Cut muss jetzt sein. Wenn das Museum aber meine Hilfe braucht, stehe ich zur Verfügung.
Kunststudium war ein Computerfehler
Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Eigentlich durch einen Computerfehler. Ich wollte mich an der Ruhr-Uni fürs Studium einschreiben und habe versehentlich nur Germanistik angekreuzt. Ein Freund riet mir dann, dass ich mich auch für Kunstgeschichte einschreiben soll. Das Studium vor allem der zeitgenössischen Kunst hat mich dann echt gepackt. Einer meiner Dozenten war Max Imdahl, das war eine ungeheuer spannende Zeit damals. Viele meiner Kommilitonen gingen später an große Museen.
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Erste Kontakte zum Bochumer Museum gab es schon 1977, wenige Jahre später habe ich zusammen mit dem damaligen Direktor Peter Spielmann eine große Peter-Weiss-Ausstellung vorbereitet, die sehr erfolgreich war. Damals haben wir über 20 Ausstellungen im Jahr gemacht, das könnte man sich mit der dünnen Personaldecke heute gar nicht mehr vorstellen. Fest als Kurator am Haus bin ich seit 1987.
Ein offenes Haus nah an den Menschen
Nach Spielmanns Abschied sollten Sie das Haus ab 1997 mit Ihrem langjährigen Kollegen Hans Günter Golinski zunächst als Doppelspitze leiten. Trotzdem blieben Sie Stellvertreter, warum?
Die Idee der Doppelspitze war gut, aber verwaltungstechnisch zur damaligen Zeit nicht umsetzbar. Wer von uns beiden Direktor wurde, das wurde dann plötzlich einfach entschieden. Ich habe aber die Erfahrung gemacht: Im Schatten lebt es sich auch ganz gut. Unsere Beziehung hatte schon ihre eigene Dynamik und war nicht immer unproblematisch, aber sie hat das Haus auf jeden Fall nach vorn gebracht. Wenn man heute sieht, wie das Haus dasteht, wie es ein eigenes Profil bekommen hat und wie gerade auch die eigene Sammlung in den Vordergrund gerückt ist: Da kann man schon stolz drauf sein.
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Was sollte ein Museum im 21. Jahrhundert bewirken, was sollte es sein?
Vor allem ein offener Ort für ästhetische Auseinandersetzungen. Um den großen Saal beneiden uns viele, weil wir die Menschen hier auf vielfältige Art ganz zwanglos zu uns einladen können. Ein Museum muss mehr sein als nur ein Musentempel, hier muss Musik und Literatur stattfinden, hier muss Leben einkehren. All diese Veranstaltungen zu organisieren, das war schon immer mein Ding. Was dieses Haus wirklich auszeichnet: Es hat sich nie abgeschottet, sondern ist immer nah an den Menschen geblieben.