Bochum-Linden. Beim SV Waldesrand in Bochum können ukrainische Kinder nun jede Woche Fußball spielen. Was das Training den Nachwuchskickern bedeutet.
Das wichtigste Wort ist schnell gelernt: Fußball. Schwierig ist das allerdings nicht – auf Ukrainisch heißt das Wort recht ähnlich „futbol“. Ohnehin ist der Sprachkurs auf dem Sportplatz des Vereins SV Waldrand nur ein erwünschter Nebeneffekt, im Vordergrund steht etwas anderes: Gemeinsam Fußballspielen. Und das haben Andrij (4), Masha (5) und Gleb (3) sofort verstanden: In der Bochumer Mittagssonne flitzen sie dem Ball auf dem Sportplatz hinterher, üben Torschuss, Dribbeln und Passen.
SV Waldesrand startet Fußballkurs für Flüchtlingskinder in Bochum
Einmal wöchentlich bietet der SV Waldrand in Bochum-Linden ukrainischen Flüchtlingskindern ein Fußballtraining an. Eine Ablenkung vom Tagesgeschehen für die Kleinsten soll das ebenso sein wie ein Beitrag zur Integration ins soziale Miteinander. „Ich habe mir gedacht: Irgendetwas musst du auch tun“, berichtet Initiator Norbert Bloch.
Was dieses „Irgendetwas“ sein kann, war schnell klar: Fußballtrainng. „Ich trainiere beim SV Waldrand die Spieler ab drei Jahren“, sagt der Bochumer. Ein solches Training auch für ukrainische Kinder anzubieten, hat aus seiner Sicht gleich mehrere Vorteile: „Die Kinder haben Spaß, werden integriert und finden neue Freunde. Gleichzeitig machen sie Bewegungsspiele“ sagt er. Im Lindender Verein stieß das auf viel Zustimmung.
Parallel Deutsch lernen
Spielereltern sammeln bereits Sportkleidung und Fußballschuhe für die Neuankömmlinge. „Ziel ist es, die Kinder in unsere Vereinsmannschaften zu überführen“, sagt Bloch. Es solle also keine extra ukrainische Mannschaft aufgebaut werden, das Training sei vielmehr ein „Ankommensteam“.
Die Sprachbarrieren spielen keine große Rolle. „Einen Ball kennt schließlich jeder“, sagt Gisbert Zukrowski, der die Minikicker trainiert. Auch für die Eltern hat der Verein ein Angebot geschaffen: „Wenn gewünscht, biete ich im Vereinsheim Unterrichtsstunden zum Deutschlernen an“, sagt Lehrerin Sabine Gödecke.
Julia Pohorila ist mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern seit knapp einem Monat in Deutschland. „Wir leben bei einer sehr netten Bochumer Familie“, berichtet die Ukrainerin, die aus der Stadt Dnipro kommt.
Lieblingsverein Dynamo Kiew
In der Heimat hätten Gleb (3) und Masha (5) auch schon Fußball gespielt, allerdings nicht im Verein. „Die Vereine starten bei uns erst ab fünf Jahren.“ Die fünfjährige Tochter bringe aus der Ukraine allerdings schon Tanzerfahrung mit.
„Masha und Gleb fangen schon an, Deutsch zu sprechen“, freut sich Pohorila. Ihre Gastmutter hätte acht Enkelkinder, zu denen die beiden schnell Kontakt geknüpft hätten. „Es ist toll, wenn sie hier andere Kinder kennenlernen“, so die Mutter.
„Unser Lieblingsverein ist Dynamo Kiew und unser Lieblingsspieler Andrij Schwetschenko“, verrät Pohorila. Ende April habe sie mit ihrer Familie ein Freundschaftsspiel zwischen Dynamo Kiew und Borussia Dortmund sehen können, erzählt die ukrainische Frau. „Wir waren noch nie im Stadion, das war einfach unglaublich emotional.“Die Mannschaft live zu sehen, war für den kleinen Gleb (3) noch mehr Motivation, auch selbst vor den Ball zu treten.
Ablenkung vom Krieg
Auch Andrij (4) war schon in der Ukraine fußballbegeistert. „Er spielt seit er zwei Jahre alt ist, auch wenn er am Anfang natürlich noch ganz wackelig auf den Beinen war“, sagt seine Mutter und lacht. „Andrij weiß, dass in der Ukraine Krieg ist. Wenn ich die Nachrichten lese, stellt er mir Fragen.“ Das Fußballtraining sei daher eine schöne Abwechslung und Ablenkung.
Für sein „Ankommensteam“ hat der SV Waldrand Linden auch einen Dolmetscher ausfindig gemacht, der bei Sprachbarrieren weiterhelfen kann. Die gibt es aber am ersten Trainingstag kaum. Aufwärmen, Torschuss und Slalom funktionieren einfach durch Vormachen.
„Ich komme aus Odessa und habe dort an der Universität Informationstechnologie unterrichtet“, stellt sich Übersetzer Eugen Yakub vor. Was wohl die wichtigsten Wörter auf dem Platz seien? „Futbol, hol, sorochka – Fußball, Tor, Trikot“, vermutet er. „Und noch etwas“, ergänzt Yakub. „Druziv“, sagt er. „Das heißt: Freunde“.
Sportkleidung vorhanden
Das Fußballtraining für ukrainische Kinder findet immer freitags von 11 bis 12 Uhr statt. Es richtet sich an Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren.
Das Training findet am Sportplatz des SV Waldesrand Linden (Heidelbeerweg 8) statt. Sportkleidung ist bei Bedarf vorhanden, Getränke werden beim Training gestellt.
Wer mitmachen möchte, kann sich unter der Telefonnummer 017634114669 bei Norbert Bloch anmelden.