Wattenscheid. Ein Heim und ein freundliches Netzwerk hat die Familie Chorma nach der Flucht in Wattenscheid erwartet. Auch hier weht eine blau-gelbe Flagge.
Blaue und gelbe Veilchen stehen vor dem Eingang, sogar der frühe Osterschmuck ist in diesen Farben gehalten, und im Garten weht die ukrainische Flagge: Die vierköpfige Familie Chorma ist bei Coby Mai an der Hüller Straße in Bochum-Wattenscheid heil angekommen und mit offenen Armen empfangen worden. Christina, Aleks, Anna und Konstantin sind mit dem Auto vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen, so gerade noch, bevor die ersten Raketen eingeschlagen sind. Zehn Tage waren sie unterwegs ins Ruhrgebiet. Hier sind sie nun fast schon heimisch geworden.
Ukraine: Flüchtlinge finden offene Arme in Bochum-Wattenscheid
Gastgeberin Coby, gebürtige Niederländerin, aber in Wattenscheid fest verwurzelt, hat prompt reagiert. „Yascha, ein Freund meines Patenkindes und in der Ukraine geboren, wusste, dass ich Leute in meinem Apartment unten im Haus aufnehmen konnte“, erzählt die 71-jährige. Tatsächlich brach die Familie umgehend auf, als sie dieses Signal bekam.
Nach zehn Tagen im Auto in Bochum angekommen
„Wir haben sie dann noch mitten in der Nacht erwartet“, berichtet die Gastgeberin, „aber nach zehn Tagen praktisch nur im Auto, ohne richtig zu schlafen, hat sich das doch verzögert.“ Für eine Nacht kamen die vier Flüchtlinge kostenlos noch in einem Hotel unter.
Ruhe hätten sie dann erst einmal in Wattenscheid auch nicht gefunden, „und wir hatten es ihnen richtig schön gemacht, Blumen hingestellt und den Kühlschrank vollgepackt. Erst ‘mal haben sie gefragt, wie lange sie denn überhaupt hier bleiben könnten“, erinnert Coby sich, „und ich habe natürlich gesagt: So lange ihr wollt.“
Sportclub für den Sohn, Grundschule für die Tochter
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In ihrem Unglück haben die vier es dann bald noch gut getroffen. Sohn Konstantin (16) hat umgehend Fühlung mit dem Fight Camp in der Wattenscheider City bekommen. Der Judoka und Träger des schwarzen Gürtels sollte sich dort erst einmal abreagieren, empfahl Coby. Und auch für die neunährige Anna fand sich eine Möglichkeit gleich um die Ecke, in der Gertrudisschule.
„Als ich da vorbeigegangen bin, saßen die gerade zusammen und haben sich den Kopf zerbrochen, wie sie wohl mit den vielen Kindern aus der Ukraine umgehen sollten, die jetzt bald kommen müssten“, berichtet Coby Mai lächelnd, „da habe ich gesagt: Wenn ihr die Kleine nehmt, habe ich da noch jemanden für euch.“
Neue Kontakte auf dem Abenteuerspielplatz
Denn Mutter Christina (38) ist Lehrerin und spricht ausreichend Englisch, um die ersten Barrieren zu überwinden. Zurzeit ist sie außerdem auch für ihren Unterricht in der ukrainischen Heimat weiter eingespannt, hält online Kontakt. Wie sie auch mit ihrer Mutter häufig telefoniert. „Die möchten sie so schnell wie möglich noch hier holen“, weiß Coby.
Integrationszentren
Viele Tipps über Hilfen während des Ukraine-Krieges hält das Ministerium für Flüchtlinge und Integration NRW bereit. Es gibt in allen 54 Kreisen und kreisfreien Städten NRWs sogenannte Kommunale Integrationszentren: https://www.mkffi.nrw/kommunale-integrationszentren. Sie sind die Ansprechpartner, wenn man sich vor Ort engagieren möchte, damit Geflüchtete ein gutes Ankommen bei uns haben. Sie nehmen Sprachkundige in den Sprachmittlerpool auf und beraten engagierte Bürgerinnen und Bürger wie sie tätig werden können.Informationen für Engagierte, Einzelpersonen und Vereine, die aktiv helfen wollen, gibt es auch auf https://www.engagiert-in-nrw.de/ukraine-und-engagement .
Die Kontakte in Wattenscheid haben noch an anderer Stelle weiter geholfen. Auf dem Abenteuerspielplatz an der Hüller Straße erfuhr Leiterin Christiane Gebehart, wo die Kinder untergekommen waren. „Bei Coby?“ – natürlich, man kennt sich, und schaltete sich gleich vermittelnd ein, um dauerhaft eine Wohnung für die Familie zu finden. Das könnte nun schon bald in Günnigfeld sein.
Und Coby ist jetzt schon sicher, dass sie anschließend gleich wieder jemanden aus der Ukraine aufnehmen will. „Am liebsten eine Mutter mit einem Kleinkind“, sagt sie, denn die Bilder aus den Nachrichten gehen ihr sehr nah. „Das muss ich einfach machen.“