Bochum. An der Bochumer Jahrhunderthalle haben an Muskelschwund erkrankte junge Männer einen Film gedreht. Mit dabei ein Motorradclub aus dem Ruhrgebiet.

Die Harley-Davidsons parken blank poliert vor der Jahrhunderthalle. In dunklen Kutten und mit schwarzen Sonnenbrillen lehnen ihre Fahrer und eine Fahrerin lässig an der Wand. Eine filmende Drohne summt durch die Luft, als eine Gruppe junger Männer – begleitet von einem Kamera-Team – in Elektro-Rollstühlen an den schweren Maschinen vorbei saust. Und Schnitt!

Gemeinsam mit dem Harley-Davidson-Motorradclub „Ruhrpott-Chapter“ drehen an diesem sonnigen Samstag an Muskelschwund erkrankte junge Männer einen Film, um auf ihre Krankheit „Duchenne“ aufmerksam zu machen. Dass die Männer wohl nur noch wenige Jahre zu leben haben, rückt an diesem Tag in den Hintergrund. Motto: „Lebe den Moment.“

Muskel-Krankheit „Duchenne“ – Video an Jahrhunderthalle soll aufmerksam machen

Rapper Noh Gourie – der Star des Videos – sitzt in hellblauem Trainingsanzug in seinem Rollstuhl. „Es ist ein besonderer Tag für mich“, sagt der 32-Jährige. „Mit dem Video wollen wir zeigen, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Wir wollen der Gesellschaft zeigen, dass wir da sind.“

Rapper Noh Gouri (links) beim Filmdreh an der Jahrhunderthalle in Bochum.
Rapper Noh Gouri (links) beim Filmdreh an der Jahrhunderthalle in Bochum. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die „Jungs“, wie sie hier von allen genannt werden, und die Harley-Fans kennen sich schon länger. Seit zehn Jahren ist die Duchenne-Stiftung mit dem Ruhrpott-Chapter verbunden. Deren „Director“ Gabi Füßer erinnert sich an die Freundschaft, die an Haus Kemnade entstand. So wird etwa beim Kemnader Burgenlauf seit knapp 15 Jahren für muskelkranke Kinder gesammelt. Die Harley-Fans sehen sich damit in alter Motorrad-Tradition, schließlich setzen sich auch die Kollegen in den USA für Menschen mit Muskelerkrankungen ein.

Mutter eines Betroffenen berichtet: „Die Diagnose war der schlimmste Moment“

Die Lebenserwartung von Duchenne-Erkrankten liegt bei etwa 35 Jahren. „Ich habe viele Jungs auch mit 16 Jahren sterben sehen“, sagt die Bochumerin Silvia Hornkamp, die Vorsitzende der Duchenne-Stiftung ist. Sie sorgt dafür, dass sich Eltern, deren Kinder von der seltenen Krankheit betroffen sind, untereinander vernetzen können. Die 54-Jährige erinnert sich genau daran, wie schwer es nach der Diagnose bei ihrem eigenen Sohn Richard gewesen ist.

„Die Diagnose war für mich der schlimmste Moment.“ Schon bei der Geburt hätten die Ärzte bemerkt, dass „etwas anders“ ist. Es folgte eine Ärzte-Odyssee. In den ersten Jahren habe die Krankheit noch nicht viele Auswirkungen gehabt. „Man denkt, dass das Kind vielleicht etwas tollpatschig ist“, sagt Silvia Hornkamp. Doch der Muskelschwund wird schlimmer. In der Schule habe der Sohn den Tornister nicht mehr tragen können, irgendwann sei er die Treppen nicht mehr hinauf gekommen. „Trotzdem ist es wichtig, dass die Jungs ein halbwegs normales Leben führen können.“

Was ist Duchenne?

Die Duchenne Muskeldystrophie (DMD) ist eine seltene, fortschreitende Muskelerkrankung, die mit zunehmendem Muskelschwund einhergeht. Die Erkrankung beginnt im Kindesalter, schreitet langsam voran und verkürzt die Lebenserwartung erheblich. Sie ist genetisch bedingt und bislang nicht heilbar.

Sohn Richard (26) studiert Gesundheitsmanagement in Bochum, hat sich gerade an der Uni mit Corona infiziert und sitzt – mit milden Symptomen – in Quarantäne. „Wir wollen den Jungs mehr Selbstwertgefühl vermitteln“, sagt Silvia Hornkamp. Ihre „Jungs“ tragen im Biker-Stil schwarze T-Shirts und Sonnenbrillen. Im Film spielen sie ein Rennen zwischen den schweren Harleys und ihren eigenen „Maschinen“. Wer hat den Schnellsten...?