Bochum. Die Pandemie ist nicht vorbei, warnen Ärzte. Die Inzidenz steigt wieder an. Die Impfungen fallen auf ein Rekordtief. Das ist die Lage in Bochum.
„Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, warnt Dr. Eckhard Kampe, Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Die Corona-Zahlen weisen wieder nach oben. Neun Todesfälle seit Monatsbeginn und eine stagnierende Impfquote, zeigten: Die Gefahr von Covid-19 werde zwar vielfach nicht mehr wahrgenommen, sei aber keineswegs gebannt. Bei den ukrainischen Geflüchteten gebe es einen unzureichenden Impfschutz. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur aktuellen Entwicklung.
Wie entwickelt sich die Inzidenz in Bochum?
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Nach Spitzenwerten vor einem Monat mit Inzidenzen über 1800 sind die Sieben-Tage-Werte im April kontinuierlich gesunken. In dieser Woche verzeichnet die Stadt aber wieder einen Anstieg: von 437,8 am Dienstag auf 523 am Donnerstag. Zum Vergleich: Vor genau einem Jahr lag die Inzidenz in Bochum bei 164. Täglich werden Hunderte positive Tests an das Gesundheitsamt gemeldet. 752 waren es allein am Donnerstag.
Wer steckt sich besonders häufig an?
Am höchsten ist die Inzidenz mit 757,9 bei den 20- bis 39-Jährigen, gefolgt von den 40- bis 59-Jährigen (573,2), Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahre (439,3) und den 60-79-Jährigen (313,2). Die wenigsten Infektionen erleiden Senioren über 80 Jahre (Inzidenz: 263). In dieser Altersgruppe sind allerdings die meisten Todesfälle zu beklagen. Neun Menschen starben seit Monatsbeginn in Bochum an Corona, insgesamt waren es bisher 259.
Corona in Bochum: 56 Erstimpfungen seit Anfang April – so wenige waren es noch nie
Wie ist die Situation in den Kliniken?
Die Zahlen dokumentieren: Omikron macht zwar häufiger eine stationäre Behandlung erforderlich, ist aber nicht mehr so bedrohlich wie die Delta-Variante. 145 Corona-Patienten werden aktuell in den Bochumer Kliniken versorgt. Laut Intensivmediziner-Vereinigung Divi sind in Bochum 142 der 168 Intensivbetten belegt. Zwölf Covid-Patienten müssen intensivmedizinisch versorgt werden.
Wie steht es um die Impfungen?
„Impfskeptiker und -gegner, die sich bis jetzt nicht impfen ließen, werden dies auch nicht mehr tun“, hatte KV-Chef Eckhard Kampe im März für die Arztpraxen in Bochum konstatiert. Er behielt recht. Seit 1. April wurden 56 Erstimpfungen vorgenommen – weniger als drei am Tag. Entsprechend gibt es bei der Impfquote (von 77,1 auf 77,3 Prozent) kaum Bewegung. Zuwächse bescheren nur die Booster-Impfungen, die 211.805 Menschen genutzt haben. Das entspricht 57 Prozent der Bevölkerung. 13.961 Viertimpfungen kamen hinzu – derzeit für über 70-Jährige und Patienten mit chronischen Erkrankungen.
Hoffnungsträger Novavax entpuppt sich als Ladenhüter
Wie ist es um den Hoffnungsträger Novavax bestellt?
Der sogenannte Totimpfstoff hat sich als Ladenhüter entpuppt. 313 Dosen wurden seit der Freigabe Ende Februar in Bochum verimpft. Mehr als 3220 Dosen hatte das Gesundheitsamt damals beim Land bestellt.
Hält die Stadt dennoch an ihren Impfstellen fest?
Impfpflicht: Stadt erreichten 660 Meldungen
Seit dem 15. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheitsberufe. Aktuell liegen der Stadt 660 Meldungen von Arbeitgebern über ungeimpfte Mitarbeiter vor, etwa in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen.Die Arbeitnehmer haben zwei Wochen Zeit, Impfnachweise oder mögliche Ausnahmebescheinigungen vorzulegen. „Erfolgt keine Rückmeldung oder können keine Nachweise eingereicht werden, erhalten die Personen ein Anhörungsschreiben“, teilt die Stadt mit.
Man werde „weiterhin ein nachfrageangepasstes Impfangebot bieten, auch unter dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“, erklärt Sprecher Peter van Dyk. Das Angebot könne bei Bedarf auch kurzfristig hochgefahren werden. Impfstellen sind im Gesundheitsamt, in den Bezirksverwaltungsstellen Süd und Wattenscheid sowie am Westring 24 (Kinderimpfzentrum) geöffnet. Zudem bieten vier Apotheken Impfungen an. Infos auf bochum.de/corona.
Ärzte warnen: Viele Geflüchtete haben unzureichenden Impfschutz
Erhalten auch die ukrainischen Flüchtlinge Corona-Impfungen?
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Nur gut ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung gilt als geimpft. Die Stadt hingegen erklärt: Viele der registrierten Geflüchteten – bislang 2800 – haben einen vollständigen Impfschutz. 93 Geflüchtete wurden laut Stadt bislang geimpft: mitunter direkt in den Aufnahmeeinrichtungen. Kassenärzte-Chef Kampe warnt: Viele Geflüchtete seien mit Vakzinen aus Russland und China geimpft, die hier nicht zugelassen sind. Es gelte die dringende Empfehlung, den Schutz mit mRNA-Impfstoffen wie Biontech schnell aufzustocken.