Bochum-Linden. Neuer Träger für die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum-Linden gefunden: Übernahme durch ZNS aus Bottrop. Helios steigt aus.

Für die Weiterführung der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum-Linden wurde nun eine Lösung gefunden. „Nach gemeinsamer Anstrengung ist eine nahtlose Fortführung des therapeutischen Angebots unter neuer Trägerschaft sichergestellt, die voraussichtlich zum 1. Juni von Helios an das Zentrum für seelische Gesundheit (ZNS) Bottrop übergeht“, erklärt Helios-Sprecherin Marina Dorsch. Es geht dabei auch um rund 156 Arbeitsplätze.

Aus drohte nach Helios-Rückzug

Der Kinder- und Jugendpsychiatrie drohte nach dem Helios-Rückzug das Aus – was für heftige Kritik gesorgt hat. „Wir freuen uns sehr, dass dies zu einem für alle Seiten guten Ergebnis führen wird. Dies schaffe Versorgungssicherheit für Kinder und Jugendliche und neue Perspektiven für unsere Mitarbeitenden, die sich gerade in der Zeit der Ungewissheit sehr für den Erhalt ihrer Klinik und Kontinuität für betroffene Familien eingesetzt haben“, so Klinikgeschäftsführerin Claudia Meßthaler.

ZNS-Gruppe aus Bottrop

Neuer Träger der seit 1994 von der Helios St. Josefs-Hospital GmbH getragenen Kinder- und Jugendpsychiatrie wird also das Zentrum für seelische Gesundheit (ZNS) Bottrop. Die ZNS-Gruppe wolle alle Beschäftigten aus Bochum-Linden übernehmen. Ursprünglich als Gemeinschaftspraxis für Neurologie gegründet, habe sich das Zentrum mit Sitz in Bottrop seit seiner Gründung vor 40 Jahren schnell entwickelt - und es habe sich „und zu einem wichtigen Versorger im Ruhrgebiet für Menschen mit psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen erweitert“. Mit dem ZNS übernehme „ein regional verwurzelter Träger, der über langjährige Erfahrung in der Behandlung von psychischen und neurologischen Patienten verfügt“, erklärt Regionalgeschäftsführer Reiner Micholka.

Weiterführung garantiert

Die Zukunft der Einrichtung war lange ungewiss. Anna di Bari (Grüne), Vorsitzende des städtischen Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales, sagt: „ZNS ist ein erfahrener Träger in der Versorgung von psychisch kranken Erwachsenen. Neu ist die Übernahme einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung, die ZNS jetzt in Bochum angeht. Wir möchten den Prozess politisch gern eng begleiten.“

Ein stationäres Angebot für Kinder und Jugendliche sei in Bochum wichtig. Dies mache „eine gesicherte Versorgung in den nächsten Jahrzehnten unabdingbar.“ Raphael Dittert, stv. Fraktionsvorsitzender der Grünen, ergänzt: „Ich freue mich für die jungen Patienten sowie deren Eltern, die das klinische Angebot in Bochum nun weiter nutzen können.“ Die Arbeitsplätze in Bochum blieben erhalten.

Die Klinik habe in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet und stetig ihr Angebot verbessert. Daraus sei „ein gutes Versorgungsnetz mit stationären und teilstationären Angeboten für Kinder- und Jugendliche in Bochum entstanden, das nun unter neuem Träger weitergeführt werden wird“.

„Ambitionierte Umsetzung und gute Ideen“

„Darüber hinaus haben uns in den zurückliegenden Wochen die ambitionierte Umsetzung und die guten Ideen beeindruckt. Hervorheben möchte ich auch die sehr konstruktive Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung und dem MAGS“, sagt Dr. Christian Utler, Geschäftsführer des Zentrums für seelische Gesundheit. „Wir verstehen diese Erweiterung durch die Kinder- und Jugendpsychiatrie Bochum als sinnvolle und logische Ergänzung zu unserem bisherigen Angebot, das sich heute ausschließlich an Erwachsene wendet.“ Gemeinsam mit den neuen Kolleginnen und Kollegen wolle man „auf vorhandene Konzepte aufsetzen und neue entwickeln“.

Hilfe für Kinder und Jugendliche

Jugendliche, die in psychiatrischer Behandlung sind, könnten ab 18 Jahren in der Regel nicht mehr von Kinder- und Jugendtherapeuten betreut werden. Das führe häufig zu zeitlichen Brüchen in der Behandlung. „Wir können nun dafür sorgen, dass die Behandlung der Jugendlichen nahtlos weitergeht, und dies in Strukturen, die für die Patientinnen und Patienten bekannt und gewohnt sind“, so Utler. Der promovierte Facharzt und Psychotherapeut ist seit vielen Jahren in die Führung und Leitung von Gesundheitseinrichtungen eingebunden. Dem Zentrum für seelische Gesundheit ist ein Beirat angeschlossen, dem hochrangige Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Medizin angehören.

Lob auch aus der Politik

„Eine gute Nachricht – für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für viele betroffene Jugendliche und ihre Familien“, sagt CDU-Ratsfraktionschef Christian Haardt, „wir danken auch ausdrücklich allen Beteiligten, insbesondere dem NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Bezirksregierung für ihre produktive Zusammenarbeit mit dem neuen Träger“. Und: „Wir freuen uns, dass es so schnell gegangen ist und dass das Angebot erhalten bleibt und nicht etwa abgespeckt wird“, ergänzt der jugendpolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion Karsten Herlitz, „die Lage ist ohnehin angespannt, und die psychiatrische Situation ist in der Pandemie nicht einfacher geworden“.

Wieder ein privater Träger

Martina Schnell, Mitglied der SPD im Rat und Vorsitzende des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie, sagt: „Das ist ein Glücksfall für die Kinder und Jugendlichen vor Ort, die Hilfe benötigen. Ich hoffe nur, dass der Träger das Vertrauen, das ihn in gesetzt wird, nicht enttäuscht.“ Und: „Wie bei Helios handelt es sich auch bei ZNS um einen privaten Anbieter. Meiner Meinung nach gehört die Daseinsvorsorge, und dazu gehört auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie, in die öffentliche Hand. Ich hätte mich deswegen sehr über den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Träger mit einem modernen Konzept gefreut.“ Da Helios sich selbst um eine Nachfolge gekümmert habe, „ist es wieder ein privater Träger geworden. Das Wichtigste ist aber, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie samt aller Arbeitsplätze, die daran hängen, erhalten bleibt.“

Im Dezember hatte sich der Bochumer Stadtrat in einer einstimmig verabschiedeten Resolution für den Erhalt der Lindener Einrichtung ausgesprochen.