Bochum. Auf scharfe Kritik stößen Pläne von Bochumer Ratsfraktionen zum Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur. Von „Augenwischerei“ ist die Rede.
Vor der Sondersitzung des Rates am Freitag (1.4.) zum Bürgerbegehren „Radentscheid“ stößt der „Dringlichkeitsantrag“ von SPD, Grüne, CDU und FDP – wir berichteten – auf heftige Kritik. Von „Augenwischerei“ und einem „Trick“ ist die Rede.
In den Antrag der Fraktionen werden Absichten für die künftige Fahrrad-Infrastruktur formuliert, die einen Teil der Ziele übernehmen, die der „Radentscheid“ erhoben hatte. Damit wollen die Fraktionen wenigstens zum Teil den Wünschen von 17.000 Menschen entgegenkommen, die mit ihren Unterschriften die Ziele des „Radentscheides“ unterstützt hatten. Denn das Bürgerbegehren an sich steht wegen formaler Rechtsmängel vor dem Aus und soll in der Ratssitzung für unzulässig erklärt werden.
Die Radentscheid-Initiative ist schwer enttäuscht von den Inhalten des Dringlichkeitsantrags der Fraktionen. „Es soll offenbar der Eindruck erweckt werden, als seien SPD und Grüne, gemeinsam mit CDU und FDP dem Radentscheid irgendwie doch noch entgegengekommen. Das ist aber nicht der Fall. Der Dringlichkeitsantrag hat unsere Forderungen erheblich aufgeweicht und mit etlichen Vorbehalten versehen. Zudem wird die Öffentlichkeit unserer Meinung nach hier getäuscht. Sie nennen es Kompromiss, wir nennen es Augenwischerei“, heißt es.
Ausbau der Hauptstraßen in Bochum mit Radwegen ist Nummer 1
Die Rad-Initiative erläutert dies näher: „Der Ausbau der Radwege im Hauptroutennetz – der Ring, die Radialen und weitere Hauptstraßen – ist im Bürgerbegehren als erstes Ziel benannt und eines der zentralen Anliegen. Gefordert wurde hier der Ausbau von acht Straßenkilometern pro Jahr, was einer Wegstrecke von acht Kilometern entspricht. Im Antrag der vier Fraktionen werden sieben ,Radwegkilometer’ jährlich benannt. Der Begriff ,Radwegkilometer’ meint hier, dass beide Straßenseiten zusammengerechnet werden, es handelt sich also tatsächlich nur um 3,5 Kilometer Radwege (also Wegstrecke) auf der Straße.“
„Eindeutig zu wenig, um dem Radverkehr einen ordentlichen Anstoß zu geben“
Der Antrag habe insgesamt zwar einzelne Ziele aus dem Bürgerbegehren entnommen, er enthalte aber „maßgebliche Einschränkungen“. Zum Beispiel sei eine Trennung von Radroutennetz und Fußverkehr vorgesehen, aber Ausnahmen würden ausdrücklich weiter erlaubt sein. Sichere, ausreichend breite Radwege sollten zudem nur dort entstehen, wo „die Leistungsfähigkeit im fließenden Verkehr für alle anderen Verkehrsträger ausreichend“ sei. „Mit diesen Formulierungen hat die Stadt die Möglichkeit, vernünftige Radwege an vielen Stellen zu verhindern“, so Birgit Isfort vom Radentscheid. „Das gesamte Paket der Parteien ist eindeutig zu wenig, um dem Radverkehr im Alltag einen ordentlichen Anstoß zu geben.“
Fahrrad-Demo vor dem Rathaus
Die Rad-Initiative prüft, ob sie gegen eine Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens klagen wird.Am Freitag (1.) demonstriert sie um 14 Uhr vor dem Rathaus. Bis 14.30 Uhr radeln die Teilnehmer zur Jahrhunderthalle, wo um 15 Uhr der Rat tagt.
Von einem „Trick“ in dem „Dringlichkeitsantrag“ sprechen die „Stadtgestalter“: „Die Koalition plus CDU und FDP zählt auf derselben Straße einfach die Radwege doppelt – einmal in die eine Richtung plus dann noch mal in die andere Richtung. So werden aus einem Straßenkilometer mit neuen Radwegen zwei Radwegekilometer. „Das ist unseriös“, kommentiert Ratsmitglied Volker Steude.
Speziell über die Grünen meint er: „Ihr ständiges Gerede von Mobilitätswende und Klimaschutz erweist sich mal wieder als heiße Luft. Wenn es darauf ankommt, verfolgen sie diese beiden Ziele nicht.“
„Stadtgestalter“ und Linke in Bochum stellen eigenen Antrag
Die Fraktion „Partei & Stadtgestalter“ sowie die Linke stellen in der Ratssitzung einen eigenen Dringlichkeitsantrag: Darin wird beim Radhauptroutennetz ein jährlicher Ausbau von mindestens fünf Straßenkilometern und im Nebenroutennetz von mindestens acht Straßenkilometern gefordert.
Horst Hohmeier, Fraktionschef der Linken: „Bochum sollte beim Radausbau endlich eine mutige Stadt werden. Dass die Menschen in Bochum dafür längst bereit sind, zeigen die 17.000 Unterschriften für den Radentscheid.“