Bochum. Abriss oder Sanierung? Die Frage zur Zukunft der Brandruine am Bergmannsheil Bochum ist fünfeinhalb Jahre nach der Feuer-Katastrophe geklärt.

Es war eine der schlimmsten Katastrophen in Bochum: der Großbrand im Krankenhaus Bergmannsheil am 30. September 2016, bei dem zwei Menschen starben und mehr als hundert Patienten stundenlang in Lebensgefahr schwebten. Fünfeinhalb Jahre nach dem Flammen-Inferno ist die Zukunft des zerstörten Bettenhauses endlich geklärt. Die Antwort auf die Frage Abriss oder Sanierung lautet: beides!

Bettenhaus am Bergmannsheil Bochum schrumpft um sechs Etagen

Nach zähen und langwierigen Verhandlungen mit den Versicherungen kann die Klinik planen. „Der Schaden ist reguliert. Wir haben aber die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und für das gesamte Gelände eine bauliche Zielplanung erstellt“, teilte Tina Groll der WAZ auf Anfrage mit.

Die noch erforderliche Zustimmung der Aufsichtsgremien – Konzern der Berufsgenossenschaftlichen (BG) Kliniken und Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung – erwartet die Geschäftsführerin des Bergmannsheil Bochum im Juni. Dem großen Krankenhaus-Areal in Wiemelhausen stehen demnach unter der Überschrift „Konsolidierung und Fokussierung auf berufsgenossenschaftliche Kernaufgaben“ ab 2023 und bis 2027 zahlreiche Veränderungen bevor.

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Das vom Feuer 2016 zerstörte Bettenhaus 1 wird zurückgebaut. „Wir werden voraussichtlich sechs Stockwerke abtragen“, kündigt die kaufmännische Direktorin Anne Elvering an. Zurück in den Keller des Hauses kehre die Krankenhausküche. Das derzeitige Provisorium im Obergeschoss eines anderen Bettenhauses sei „eine betriebsorganisatorische Vollkatastrophe“, so Elvering. Passend dazu werde im Erdgeschoss der Brandruine das Personalkasino saniert. „Im ersten Obergeschoss schließlich werden Therapiebereiche untergebracht.“

Arbeiten sollen Anwohner und Patienten nicht stören

Möglicherweise müsse aber aus baulichen Gründen ein zweites Obergeschoss als Abschluss des Gebäudes aufgesetzt werden, heißt es. „Alle Arbeiten“, verspricht Tina Groll, „werden so schonend wie möglich für Anwohner und Patienten durchgeführt. Wir haben auch in den vergangenen Jahren im Bestand gebaut und das gut hinbekommen.“

Überblick über das Areal des Bergmannsheil in Wiemelhausen mit den verschiedenen Gebäuden.
Überblick über das Areal des Bergmannsheil in Wiemelhausen mit den verschiedenen Gebäuden. © Denise Ohms | FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

Zu den Kosten des Projektes sagt die Klinikleitung nichts. Die Arbeiten seien noch nicht im Detail geplant. Die Kosten der geplanten Investitionen am Bergmannsheil dürften aber sicherlich in einem deutlich zweistelligen Millionenbereich liegen, zumal weitere Veränderungen auf dem Campus angekündigt werden.

Das Haus 8, in dem heute Teile der Verwaltung untergebracht sind, soll komplett saniert werden, um dort die Krankenpflegeschule mit 150 Plätzen unterzubringen. „Wir wollen unsere Auszubildenden wieder näher an die Klinik anbinden“, so Elvering. Zurzeit lernen die Nachwuchskräfte an der Bessemer Straße.

Parkplatz für Mitarbeiter an der Hunscheidtstraße

Ebenfalls kernsaniert wird Haus 4 und ersatzlos aufgegeben beziehungsweise abgerissen wird das älteste Gebäude auf dem Campus. Auf der Fläche von Haus 7 (Baujahr 1928) an der Hunscheidtstraße soll ein großer Parkplatz für Mitarbeiter entstehen.

Klinik investierte 167 Millionen Euro

Das Bergmannsheil Bochum hat in den vergangenen Jahren bereits 167 Millionen Euro investiert.

150 Millionen Euro kostete der neue Funktionstrakt (Haus 6) mit einem OP-Zentrum mit 17 Sälen, einem Notfallzentrum, einer Radiologie, Intensivstationen und Zentralsterilisation sowie das neue Bettenhaus (Haus 2) mit Pflege- und Intensivpflegestationen, einem Zentrallabor und Forschungsebenen.

17 Millionen Euro flossen in ein neues Modulbettenhaus (Haus 51) mit vier Stationen und 115 Betten sowie Therapieräumen. Dieses Haus kompensiert die Bettenkapazitäten der Brandruine (Haus 1).

Mit all diesen Maßnahmen setzt das Bergmannsheil seinen notwendigen Kurs der Modernisierung und Restrukturierung der vergangenen Jahre fort. Externe Berater unterstützten die Klinik bei der Analyse. „Das Mandat ist mittlerweile beendet“, so Groll. „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“

Die Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre indes sind nicht so gut. Seit 2016 plant und schreibt die Klinik durchgehend rote Zahlen. 2018 weist die Gewinn- und Verlustrechnung zwar ein Plus von 1,7 Millionen Euro aus, ausschlaggebend dafür waren aber Zahlungen der Versicherungen nach dem Brand.

„Corona-Hilfen“verbessern das Jahresergebnis

22,2 Millionen Euro gab es für die Betriebsunterbrechung 2018, 6,1 Millionen Euro zur Finanzierung des Ersatzmodulbaus mit 115 Betten. Ein Jahr zuvor hatten die Versicherungen ebenfalls fast 25 Millionen Euro für die Folgen des Brandes überwiesen, das Brandgebäude wurde 2016 mit 8 Millionen Euro komplett abgeschrieben.

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Auch der Jahresabschluss 2020 profitiert von einem Sondereffekt. 7,7 Millionen Euro „Corona-Hilfen“ verbesserten das Ergebnis, das einen Fehlbetrag von 9,2 Millionen Euro ausweist. Geplant war ein Minus von 20 Millionen Euro.

„Wirtschaftlicher Bestand des Bergmannsheil ist gesichert“

„Wir sind brandbedingt in eine Schieflage geraten und haben uns da erfolgreich mit sehr engagierten und hoch motivierten Bergmannsheilerinnen und Bergmannsheilern herausgearbeitet. Das gilt auch für die Corona-Krise, die leider noch nicht zu Ende ist“, sagt Groll.

Hinweise der Wirtschaftsprüfer auf mögliche Liquiditätsengpässe mit Blick auf Ende Mai 2022 auslaufende Darlehen bezeichnet die Geschäftsführerin als „Wirtschaftsprüfer-Deutsch“. Niemand müsse sich wegen dieser Darlehen sorgen machen. Groll: „Der wirtschaftliche Bestand des Bergmannsheil ist gesichert.“