Bochum. Corona bringt Grundschullehrerinnen aus Bochum an die Belastungsgrenze. Sie erzählen anonym davon, denn: „Uns wird der Mund verboten“, sagen sie.
„Im Kollegium fehlen mittlerweile so viele, dass man zwei oder drei Klassen gleichzeitig unterrichten muss. Wären da nicht die Kinder, hätte ich den Job längst hingeschmissen.“ Mit diesem Hilferuf haben sich zwei Grundschullehrerinnen aus Bochum an unsere Redaktion gewandt. Sie möchten anonym bleiben, aus Angst vor Konsequenzen – und trotzdem alarmieren. So wie es aktuell läuft, gehe es nicht mehr lange weiter.
Bochumer Grundschullehrerin: „Halten nur noch für die Kinder durch“
Schon vorher habe es an Grundschulen zu wenig Personal gegeben, doch nun sei die Situation noch schlimmer – zum einen, weil immer mehr Lehrkräfte positiv seien, zum anderen wegen vermehrter psychischer Probleme. „Wir sitzen zweimal in der Woche abends auf heißen Kohlen in Erwartung der Pooltest-Ergebnisse. Arbeitszeit, keine Freizeit! Seit zwei Jahren arbeiten wir an jedem Wochenende, um auf immer neue Situationen zu reagieren, Unterricht umzuplanen, Eltern-E-Mails zeitnah verfassen“, beschreibt die eine Grundschullehrerin.
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„Die Grenze ist erreicht“, ergänzt die andere und fordert, dass sich endlich etwas ändern müsse – sonst würde den Beruf bald niemand mehr machen. „Es war eigentlich immer ein schöner Beruf. Aber dass wir noch durchhalten und uns da hinschleppen, tun wir für die Kinder. Andernfalls hätten sich schon ganz viele längst einen Krankenschein genommen.“
Testsituation in Schulen belastet Lehrerinnen und Lehrer
Neben vielen organisatorischen Aufgaben belastet die beiden Frauen auch die derzeitige Test-Situation. „Nach dem positiven Pooltest am Donnerstag in meiner Klasse wurden am Freitagmorgen alle Kinder per Schnelltest getestet. Alle waren negativ und haben den Schultag im Klassenzimmer verbracht. Keine schöne Vorstellung, für niemanden“, schildert eine Grundschullehrerin. Vielleicht würde ja am Montag erkannt, welches Kind positiv ist.
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Die beiden Grundschullehrerin fordern die Politik auf, dass etwas passieren muss: „Die Schulministerin (...) schafft es, ohnehin schon unerträgliche Zustände ins Unermessliche zu steigern, ohne einen Funken von Empathie und Wertschätzung. Der Graben (...) ist mittlerweile so tief, dass die Aussicht, jemals zueinanderzukommen, gegen null geht.“
„Uns wird der Mund verboten mit Hinweis auf dienstrechtliche Sanktionen“
Die Grundschullehrerinnen hoffen, durch ihre anonymen Schilderungen auf die Situation an den Schulen aufmerksam zu machen. Denn: „Hier rührt sich niemand und keiner räuspert sich, so dass die Missstände nicht wirklich an die Öffentlichkeit gelangen. (…) Uns wird der Mund verboten mit Hinweis auf dienstrechtliche Sanktionen“, sagen sie.