Bochum. Anja Liedtke stellt ihr Buch „Ein Ich zu viel“ bei einer Lesung in Bochum vor. Im Gespräch verrät sie, warum ihr neuer Roman wohl der letzte ist.
„Ein Ich zu viel“ heißt der aktuelle Roman von Anja Liedtke, den sie bei einer Lesung am Donnerstag, 10. Februar, um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Mirhoff & Fischer vorstellen will (Eintritt frei). Seit Jahren zählt Liedtke zu den profiliertesten literarischen Stimmen im Ruhrgebiet. Warum ihr fünfter Roman vermutlich ihr letzter ist und was ihr die Einsamkeit mitten in der Natur bedeutet, davon erzählt die 55-jährige Autorin im Gespräch mit Sven Westernströer.
Lesungen gibt es in Bochum seit der Corona-Pandemie schon eine Weile nicht mehr. Worauf können sich die Besucher freuen?
Liedtke: Dies ist die erste Lesung aus meinem letzten Roman, der bereits vor etwa einem Jahr erschien. Solche Veranstaltungen fehlen mir sehr, und ich hoffe wirklich, dass sie auch vor Publikum stattfinden kann. In jedem Fall wird die Lesung zusätzlich auch als Live-Stream auf meinem Youtube-Kanal übertragen. Ich werde einige Kapitel lesen, dazu gibt es ein Gespräch mit Ralph Köhnen von der Literarischen Gesellschaft.
Bochumer Autorin stellt ihre neuen Roman vor
Wovon erzählen Sie in Ihrem Roman?
Dies ist die Geschichte einer Frau namens Ellinor, die das Gefühl hat, ihr Leben bereits gelebt zu haben. In ihrem zweiten Leben will sie alles besser machen. Zum Abitur lässt sie sich Geld schenken und reist nach New York, dem Sehnsuchtsziel unserer Generation. Dort trifft sie einen Mann namens Dan Guttman, der ihr Mentor wird. Er ist das Kind jüdisch-deutscher Eltern, die einst vor dem Holocaust flohen. Gemeinsam suchen sie das Grab seiner Eltern in Argentinien.
Zur Autorin
„Ein Ich zu viel“ ist Anja Liedtkes fünfter Roman (Asso-Verlag, 211 Seiten, 18 Euro). Daneben erschienen: „Stern über Europa“, „Grün Gelb Rot“, „Reise durch amerikanische Betten“ und zuletzt „Schwimmen wie ein Delfin oder Bowies Butler“.
Das Buchprojekt auf den Spuren von Henry David Thoreau heißt „Ich ging in die Wälder...“ und wird herausgegeben von WaldZeit e.V. (160 Seiten, 15 Euro).
Gibt es eine Liebesgeschichte zwischen den beiden?
Nicht so richtig, obwohl Ellinor durchaus eine Anziehung zu Guttman verspürt. Am Ende gibt es einen Clou: Die inzwischen sehr veränderte Ellinor trifft ihr früheres Ich in einem New Yorker Café. Beide sitzen sich gegenüber und reden – aber mehr wird nicht verraten.
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New York als Sehnsuchtsziel einer ganzen Generation
War New York auch für Sie einmal ein Sehnsuchtsziel?
Früher auf jeden Fall. Kurz nach dem 11. September 2001 habe ich ein halbes Jahr dort gelebt. Aber inzwischen reizt mich die Stadt nicht mehr. In New York gibt es starke kulturelle Brüche. Das macht es einem schwer, dort heimisch zu werden. Es gibt andere Orte, die ich viel lieber mag.
Zum Beispiel?
Vor allem Israel. Der große Wald nahe Jerusalem oder die Wüste Negev zählen für mich zu den schönsten Flecken auf der Welt. Die trockene Luft wirkt wie Champagner im Blut. Und nirgendwo sonst habe ich einen so blauen Himmel gesehen.
Für ein Buchprojekt zog es Sie zuletzt in den Bayerischen Wald. Was haben Sie dort erlebt?
Ich habe eine Woche lang in einer abgeschiedenen Berghütte gelebt, weit weg von moderner Technik, Konsum und anderen Menschen. Daraus ist ein Buchprojekt mit 12 anderen Künstlern und Autoren entstanden, die nacheinander alle dort waren: auf den Spuren des amerikanischen Schriftstellers Henry David Thoreau. Ich fand es super, eine Woche war viel zu kurz. Manch andere sind mit der Einsamkeit nicht klargekommen und haben sich nachts vor den Geräuschen im Wald gefürchtet. Ich gar nicht! So einsam wie erhofft war das auch nicht. Das nächste Restaurant war fußläufig gut zu erreichen.
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Haben Sie schon Ihren nächsten Roman in Planung?
Ganz ehrlich, mit Romanen bin ich erstmal durch. Gut möglich, dass „Ein Ich zu viel“ mein letzter war. Das glaubt mir zwar keiner, aber so ist es. Ich möchte mich viel lieber weiter Naturbeobachtungen in kleineren Texten widmen.