Bochum. Die Gas- und Strompreise explodieren. Das belastet die Verbraucher in Bochum extrem. So planen die Stadtwerke in dieser Ausnahmesituation.
Die Verbraucher stöhnen unter der Last der stark gestiegenen Energiepreise. Doch noch kommt die volle Wucht dieser Entwicklung beim normalen Haushalt gar nicht an. Das liegt daran, dass etwa die Stadtwerke Bochum als größter lokaler Energieversorger bereits zum Teil Jahre zuvor die Strom- und Gasmengen eingekauft haben, die etwa 2022, 2023 oder 2024 verbraucht werden. Doch natürlich spürt das Unternehmen diese Kostenexplosion. Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Thiel sagt: „Wir haben zur Zeit eine Situation, wie ich sie zumindest noch nicht erlebt habe.“ Und Thiel macht wenig Hoffnung, dass sich dies sehr schnell wieder ändert.
Auch interessant
Grafiken zeigen deutlich die Kostenexplosion
Der Blick auf die Grafik, die die Preisentwicklung im Einkauf von Gas und Strom während des vergangenen Jahres nachzeichnet, zeigt, dass sich der Preis für Gas, das aktuell bei rund 90 Euro pro Megawattstunde (MWh) gehandelt wird, im Vergleich zum Januar 2021 versechsfacht und der Strompreis sich von rund 46 Euro/MWh auf aktuell rund 200 Euro/MWh mehr als vervierfacht hat.
Die Stadtwerke Bochum haben derzeit rund 190.000 Strom- und rund 60.000 Gaskunden. Durch die Probleme kleinerer Anbieter, die zum Teil ihre Lieferungen einstellen mussten, sind in letzter Zeit rund 4500 Kunden neu oder wieder zurück zu den Stadtwerken gekommen. Als Grundversorger ist das Unternehmen verpflichtet, auch diese Kunden aufzunehmen. Bitter für diese ist allerdings: Sie müssen jetzt deutlich tiefer in die Tasche greifen. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von etwa 2000 kWh Strom im Jahr muss er derzeit 560 Euro mehr und bei 4000 kWh sogar 1100 Euro mehr als ein Bestandskunde bezahlen.
Bestandskunden mit gültigen Verträgen haben bislang Steigerungen (Stadtwerke Basis) um 2,64 Prozentpunkte zu verkraften. Beim Gas gibt es (ebenfalls Stadtwerke Basis) eine Steigerung um 5,5 Prozentpunkte. Thiel erläutert, dass grob gerechnet beim Neukunden in der Grundversorgung der Arbeitspreis sich etwa verdoppelt habe.
Auch interessant
Einkaufsstrategie für die Zukunft aufgestellt
Dass jetzt Strom- und Gaspreise nicht in dem Maße steigen, wie sie aktuell auf der Börse gehandelt werden, hat zum einen mit der in die Zukunft gerichteten Einkaufsstrategie zu tun. Zum anderen auch damit, dass weitere Faktoren wie die sogenannte EEG-Umlage (Erneuerbare Energien) oder die CO2-Umlage (die für den Bezug aus fossilen Brennstoffen fällig wird) eine Rolle bei der Zusammensetzung des Verbraucherpreises spielen. Hinzu kommen Faktoren wie die Netzentgelte.
Anteil der erneuerbaren Energie nimmt zu
Fünf bis zehn Prozent der benötigten Energiemengen werden von den Stadtwerken nicht im Voraus gekauft, sondern zu den jeweils aktuell geltenden Konditionen. Dabei bleibt der Grundpreis für alle gleiche gleich, beim Arbeitspreis jedoch muss der Neukunde mit rund 58 Cent etwa doppelt zu viel zahlen wie ein Bestandskunde.
Die Stadtwerke haben 2020 rund 48 Prozent ihrer Energie aus erneuerbaren Energien bezogen; im Vorjahr waren es 38 Prozent. Die Bundesregierung will das bis 2030 auf 80 vH steigern.
Das Unternehmen hofft, dass der Gesetzgeber künftig die Genehmigungsverfahren etwas für den Bau von Windkraftanlagen weiter vereinfacht und entschlackt, um so den Ausbau zu beschleunigen. Vor allem der steigende Strombedarf, etwa durch die Elektromobilität, mache sich bemerkbar, bei einer gleichzeitig größeren Abhängigkeit vom Wetter.
Für die Einkäufer, etwa beim Strom mit Trianel oder anderen Partnern, sei es derzeit enorm schwierig, denn es gibt gleich mehrere Aspekte, die im Augenblick die Preise extrem in die Höhe treiben. „Das können wir hier in Bochum natürlich nicht beeinflussen“, so Thiel. Er nennt den deutlich gestiegenen Energiebedarf aus der Weltwirtschaft, vor allem von China, nach dem ersten Lockdown. Aufgrund der hohen Nachfrage musste sogar mehr Strom etwa aus Kohlekraftwerken wieder ins Netz eingespeist werden. Hinzu komme, dass 2021 ein extrem windarmes Jahr war, was naturgemäß Auswirkungen auf den aus Windenergie gewonnenen Strom hatte. „Natürlich sorgen jedoch aktuell die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine für eine große Unsicherheit. Dieser Konflikt treibt vor allem den Gaspreis in die Höhe“, erläutert der Stadtwerke-Geschäftsführer.
Auch interessant
Frank Thiel: „Bisher haben wir immer Lösungen gefunden“
Wenn es jetzt Privathaushalte gibt, die aufgrund ihrer eigenen schlechten Situation nicht mehr in der Lage seien, ihre Energiekosten zu bezahlen, appellieren die Stadtwerke, sich bei einer kritischen Finanzlage mit den Stadtwerken in Verbindung zu setzen. „Bisher haben wir noch immer Lösungswege gefunden“, versichert Thiel, für den Strom- oder Gassperren definitiv nur das letzte Mittel sind.
Gleichzeitig macht der Geschäftsführer jedoch klar, dass auch nach einer Beruhigung der im Moment erhitzten Preislage es nicht sicher sei, dass das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht würde.