Bochum. Sollen Waffen im Bochumer Bermudadreieck verboten werden? Das regen die „Stadtgestalter“ an. Die Wirte sind skeptisch. Die Polizei nennt Zahlen.

Das Bermudadreieck soll zur Waffenverbotszone werden. Das regt die Bochumer Wählervereinigung „Die Stadtgestalter“ an. Die Wirte und Eigentümer reagieren mit Skepsis. Auch die Polizei zeigt sich zurückhaltend und nennt neue Zahlen.

Mehr als 80 Betriebe auf zwei Quadratkilometern mit vier Millionen Gästen jährlich: Das Dreieck gilt als größtes und bekanntestes Ausgehviertel im Ruhrgebiet. Gemessen an den Menschenmassen, die sich – in normalen Zeiten – vor und in den Clubs, Bars und Restaurants vergnügen, ist die Kriminalitätsrate gering. So zumindest hieß es bisher bei der Polizei.

„Stadtgestalter“ erinnern an Messer-Attacke im Juni 2021

Die „Stadtgestalter“ gehen dennoch in die Offensive. „Muss man auf Partymeilen wie dem Bermudadreieck unbedingt Waffen griffbereit mitführen dürfen? Unserer Ansicht nach nicht“, sagt Dr. Carsten Bachert von der sozialliberalen Wählergruppe.

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Zwar verweisen die „Stadtgestalter“ auf die aktuelle Polizeistatistik. Danach sei Bochum „so sicher wie wohl noch nie“. Dennoch ereigne sich trotz Corona beinahe täglich eine Körperverletzung auf Straßen, Wegen und Plätzen. „Die Verbindung von Waffen und Rauschmitteln wie Alkohol kann auch kleinere Streitigkeiten schnell gefährlich eskalieren lassen“, warnen die „Stadtgestalter“ und erinnern an den Juni 2021, als es am Bermudadreieck (am Lidl-Parkplatz an der Viktoriastraße) zu einer Auseinandersetzung mit Messer-Attacke und einem zunächst lebensgefährlich Verletzten gekommen war.

Bermuda-Wirte: Großteil der Besucher ist friedlich

Zum Jahresbeginn bringen die Kommunalpolitiker für das Dreieck ein Waffenverbot in den Abend- und Nachtstunden ins Gespräch. Vorbilder seien die Ausgehviertel in Düsseldorf und Köln. Erlaubt wären nur noch Messer mit maximal vier Zentimeter Klingenlänge. Aktuell sind es zwölf Zentimeter. Strafen bis zu 10.000 Euro würden drohen.

Jährlich vier Millionen Menschen vergnügten sich vor Corona im Bochumer Bermudadreieck (hier ein Archivbild). Aktuell ist es auf der Partymeile deutlich ruhiger.
Jährlich vier Millionen Menschen vergnügten sich vor Corona im Bochumer Bermudadreieck (hier ein Archivbild). Aktuell ist es auf der Partymeile deutlich ruhiger. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Anordnen könnte ein Waffenverbot nicht die Stadt, sondern das Land – so wie zuletzt für den Bochumer Hauptbahnhof. Die Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Bermudadreieck erkennt keinen Handlungsbedarf. „Es stimmt: In der Gesellschaft hat sich etwas verändert. Eine Verrohung ist da, immer mehr Messer werden mitgeführt“, konstatiert ISG-Vorstand Christian Bickelbacher. An Brennpunkten wie Bahnhöfen sei ein Verbot daher angebracht. Im Bermudadreieck indes passiere „sehr, sehr wenig. Der Großteil unserer Besucher ist friedlich. Das sagen die Zahlen der Polizei ja ganz klar aus“.

Polizei verzeichnete 2020 insgesamt 663 Straftaten

Das sieht die Polizei Bochum offenbar ähnlich. „Derzeit gibt es seitens der Polizei keine Bestrebungen hinsichtlich der Einführung einer Waffenverbotszone für das Bermudadreieck“, sagt Sprecher Marco Bischoff auf WAZ-Anfrage.

Neuer Film wirbt für das Dreieck

Während in der Politik eine Waffenverbotszone gefordert wird, forciert die ISG Bermudadreieck die Werbung für das Ausgehviertel.

Ein aufwendig produzierter 1:38-Minuten-Film hebt unter dem Titel „Eins für alle“ die Vielfalt des Quartiers hervor. Einkaufen, Gastronomie, Entertainment und Kultur bildeten „tief im Westen“ ein Dreieck, „in dem man allzu gern verloren geht“.

Das Video kann auf www.bermuda3eck.de abgerufen werden.

Allerdings sagt er auch, dass das Bermudadreieck in der Behörde als „Kriminalitätsbrennpunkt“ ausgewiesen sei – und nennt Zahlen. „Im Jahr 2020 gab es in den definierten Bereichen – Konrad-Adenauer-Platz, Kerkwege, Brüderstraße, Kortumstraße 1-41, Viktoriastraße 30-75 – 663 Straftaten.“ Vor allem gehe es um Diebstähle (176), aber auch Körperverletzungen, Beleidigungen, Sachbeschädigung, Nötigung oder vereinzelt Raub. Im Jahr 2021 sei ein leichter Anstieg von knapp sieben Prozent zu verzeichnen.

Waffen werden nur selten gezückt

Mit Waffen wurden im Jahr 2020 nur zwei Vorgänge bekannt. „Im Jahr 2021 ist auch hier ein leichter Anstieg zu verzeichnen“, so Bischoff.

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Das Mitführen von Messern ist in der Regel eine Ordnungswidrigkeit. Davon gab es im Jahr 2020 drei Vorgänge. Die Anzahl im Jahr 2021 lag ebenfalls höher. Bischoff: „Die Anstiege lassen sich mit Sicherheit dadurch erklären, dass wir in 2021 keinen harten Lockdown mehr hatten und entsprechend mehr kontrolliert wurde. Dennoch sind die Zahlen nicht auffällig.“